Das Licht der Phantasie
nickte. »Ich meine, es ist der Anblick eines erschlagenen Feindes. Die Demütigung seines Stammes. Das Weinen seiner Frauen.«
Die anderen Krieger brummten anerkennend bei dieser greulichen Vorstellung.
Dann wandte sich der Anführer ehrfürchtig an seinen Gast, einen kleinen Mann, der seine Frostbeulen am Feuer wärmte. »Und so frage ich auch unseren Gast, dessen Name bereits zu einer Legende wurde: Was kann sich ein Mann vom Leben erhoffen?«
Der Gast unterbrach einen weiteren erfolglosen Versuch, die Zigarette – oder das, was er dafür hielt – anzuzünden.
»Wasch hascht du geschagt?« erwiderte er und grinste zahnlos. »Was kann sich ein Mann vom Leben erhoffen?« wiederholte der Stammeshäuptling.
Die Barbaren beugten sich näher, um die weise Antwort des Helden zu hören.
Der Gast dachte lange und angestrengt nach, erwiderte dann mit fester Stimme: »Heisches Wascher, gute Schahnärtschte und weichesch Toilettenpapier.«
S trahlendes oktarines Licht glänzte im Ofen. Galder Wetterwachs – bis zur Hüfte nackt, das Gesicht hinter einer Maske aus getöntem Glas verborgen – schielte in den hellen Glanz, hob den großen Schmiedehammer und schlug mit chirurgischer Präzision zu. Die Magie heulte, wand sich in der Zange hin und her, aber der Zauberer kannte keine Gnade und verwandelte es in einen stabartigen Gegenstand aus zuckendem Feuer.
Eine Bodendiele knarrte. Galder hatte viele Stunden damit verbracht, sie richtig zu stimmen, erachtete das als kluge Vorsichtsmaßnahme in bezug auf einen ehrgeizigen Novizen, der wie eine Katze schlich.
Des. Und des bedeutete, er befand sich dicht neben der Tür, auf der rechten Seite.
»Ah, Trymon«, sagte Galder, ohne aufzusehen. Der jüngere Magier schnappte überrascht nach Luft, und Wetterwachs lächelte zufrieden, als er das leise Zischen hörte. »Nett, daß du gekommen bist. Mach bitte die Tür zu.«
Mit ausdruckslosem Gesicht ließ Trymon die Pforte ins Schloß fallen. Auf dem hohen Regal über ihm standen mehrere Einmachgläser mit gefangenen Unmöglichkeiten, die ihn interessiert musterten.
Wie alle Werkstätten von Zauberern erweckte auch dieses Arbeitszimmer den Eindruck, als habe ein Tierausstopfer seine Waren in eine Gießerei geworfen, sich anschließend mit einem übergeschnappten Glasbläser geprügelt und dabei einem Krokodil den Schädel eingeschlagen (es hing an der Decke und roch stark nach Kampfer). Überall funkelten Lampen und Ringe, die Trymon zu gern gerieben hätte. Er bemerkte auch einige Spiegel, die auf ihn die gleiche Wirkung ausübten wie Käse auf eine hungrige Maus. Zwei Siebenmeilenstiefel stampften unruhig in einem nahen Käfig. Eine ganze Bibliothek magischer Bücher – natürlich nicht annähernd so mächtig wie das Oktav, aber trotzdem mit nervösen Zaubersprüchen gefüllt – zerrte an den Ketten, als sie den verstohlenen Blick des Magiers auf sich ruhen spürte. Die geballte Macht, die in diesem Raum fast körperlich fühlbar wurde, verstärkte Trymons Verlangen, und einmal mehr erhob er stumme Vorwürfe gegen Galder Wetterwachs, weil er so viele wertvolle Dinge verkommen ließ. Und sich stur weigerte, zu sterben und endlich einem Nachfolger Platz zu machen. Darüber hinaus hielt er nichts von seinem Hang zu theatralischer Angeberei.
Die grüne Flüssigkeit zum Beispiel, die auf einer nahen Werkbank in einem Irrgarten aus dünnen Glasröhren und Kolben auf viel zu geheimnisvolle Weise blubberte: Trymon hatte einen von Galders Assistenten bestochen, und daher wußte er, daß sie nichts weiter war als ganz gewöhnlicher, in Wasser und Seife aufgelöster Farbstoff.
Eines Tages, dachte er grimmig, wird das alles verschwinden. Angefangen mit dem blöden Alligator. Trymon ballte die Fäuste, so fest, daß die Knöchel weiß hervortraten…
»Nun«, sagte Galder fröhlich, hängte die Schürze auf und nahm in seinem Lieblingssessel Platz: Die Armlehnen endeten in Löwenpranken, die Beine in Entenfüßen. »Du hast mir so ein komisches Ding geschickt…«
Trymon zuckte mit den Schultern. »Eine Dringlichkeits-Nachricht, Herr. Darin wies ich nur darauf hin, daß alle anderen Orden magische Einsatzgruppen zum Skund-Wald geschickt haben, um den achten Zauberspruch einzufangen, während du die Hände in den Schoß legst«, sagte er. »Ich bin sicher, du hast einen guten Grund dafür und wirst ihn zu gegebener Zeit erklären.«
»Dein Vertrauen beschämt mich«, meinte Galder vergnügt.
»Der Zauberer, der die
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