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Das Licht der Phantasie

Das Licht der Phantasie

Titel: Das Licht der Phantasie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Regen bot (aber nur dann, wenn es nicht zu stark regnete), Eulen, die Schrecken der Nacht. Ja, eine Idylle, wahrhaftig. Hosen aus Maulwurfspelz mochten so lange romantisch erscheinen, bis man den ursprünglichen Eigentümer in die Enge treiben und ihm im wahrsten Sinne des Wortes das Fell über die Ohren ziehen mußte. Und was rote Mützen anging: Alles, was sich im Wald bewegte und bunt genug war, um Aufmerksamkeit zu erregen, erreichte kein hohes Alter.
    Er wollte sagen: Hör mal, Zweiblum, Gnome und Kobolde führen ein kurzes, hartes und ziemlich gefährliches Leben. Und für jemanden, der nichts zu lachen hat, gibt es keinen Grund, fröhlich zu sein.
    Rincewind legte sich die entsprechenden Worte zurecht, hielt sie jedoch zurück. Denn Zweiblum interessierte sich für die ganze Vielfalt der Schöpfung, bewunderte sogar gewöhnliche Kieselsteine, wenn sich ihm eine Gelegenheit bot, begegnete allem Neuen mit Aufgeschlossenheit. Trotzdem sprang er nie über den eigenen Schatten. Im Grunde genommen beschränkte sich seine Welt auf die Maßstäbe, die er ihr anlegte. Wenn ihm jemand die Wahrheit sagte, mochte er wie ein kleines Kind reagieren, dem man erzählte, in Wirklichkeit sei der Weihnachtsmann längst in Pension gegangen und ließe sich von seinem jüngeren Bruder vertreten (der jedoch ein Faulpelz war und es vorzog, den Winter irgendwo in den Tropen zu verbringen – aus diesem Grund mußten dauernd die eigenen Väter einspringen).
    »Schie mie wiedelwie«, ertönte eine dünne Stimme dicht neben Rincewinds Fuß. Swires – so hieß der Gnom – sah auf. Der Zauberer hatte ein gutes Ohr für fremde Sprachen und verstand sofort, was ihm der Winzling anbot: »Ich habe noch ein wenig leckeres Molcheis von gestern.«
    »Klingt verlockend«, sagte Rincewind und verzog das Gesicht. Swires klopfte auf seinen Knöchel.
»Ist mit dem anderen Großen alles in Ordnung?« fragte er besorgt. »Er leidet nur an den Nachwirkungen eines Realitätsschocks«, erklärte Rincewind. »Du hast nicht zufällig eine rote Mütze?«
    »Was?«
    »Schon gut.«
    »Ich weiß, wo sich Nahrung für Große befindet«, meinte der Gnom.
    »Und auch Obdach. Es ist nicht weit.«
    Rincewind sah zum dunkler werdenden Himmel hoch. Das Tageslicht glitt über die Landschaft und verschwand in der Ferne, und die Wolken erweckten den Anschein, als habe ihnen gerade jemand etwas von Schnee zugeflüstert. Offenbar zogen sie den Vorschlag in Betracht. Nun, natürlich durfte man Leuten, die in Pilzen lebten, nicht sofort vertrauen, aber ein Köder in Form einer heißen Mahlzeit und eines weichen Betts war für den Zauberer viel zu verlockend.
    Sie machten sich auf den Weg. Nach einigen Sekunden stand der Koffer vorsichtig auf und folgte ihnen.
»Pscht!«
Er drehte sich langsam um, wobei sich die Beine in einem komplizierten Muster bewegten. Ein Teil der Truhe neigte sich nach oben. »Wie fühlte es sich an, von einem Tischler hergestellt worden zu sein?« fragte der Baum beunruhigt. »Tat es weh?«
Der Koffer schien darüber nachzudenken. Alle Messinggriffe und Wurmlöcher drückten extreme Konzentration aus.
Dann zuckte er mit den Schultern – mit der Klappe, um ganz genau zu sein – und trabte fort.
Der Baum seufzte und schüttelte einige welke Blätter von den Zweigen.
     
     
    D ie Hütte war klein, baufällig und ebenso reich verziert wie eine Spitzendecke. Rincewind kam zu dem Schluß, daß irgendein verrückter Schnitzer daran gearbeitet und Gelegenheit bekommen hatte, sich richtig auszutoben, ehe man ihn schließlich überwältigen konnte. An Türen und Fensterläden zeigten sich die hölzernen Nachbildungen von Weintrauben und dicken Reben, und an vielen Stellen sah der Zauberer halbmondförmige Ausschnitte. Hunderte von kiefernzapfenartigen Auswüchsen bedeckten die Wände. Rincewind rechnete jeden Augenblick damit, daß sich eine der oberen Luken öffnete und ein gewaltiger Kukkuck die Zeit verkündete.
    Darüber hinaus bemerkte er die irgendwie schmierig anmutende Luft. Grüne und purpurne Funken stoben von seinen Fingernägeln. »Ein starkes magisches Feld«, brummte er. »Mindestens hundert Millithaum.« 2
    »Hier gibt es überall Magie«, sagte Swires. »Einst lebte hier eine alte Hexe. Vor vielen Jahren ging sie fort, doch ihre Zauberei ist nach wie vor wirksam und erhält das Haus.«
    »He, mit dieser Tür stimmt irgend etwas nicht!« rief Zweiblum.
    »Warum braucht ein Haus Magie, um erhalten zu werden?« fragte Rincewind. Unterdessen

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