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Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cyrus Darbandi
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sage ich es Dir, und vielleicht wirst Du mich dafür verachten; denk darüber, wie Du willst.
    Deine Mutter wusste von den Morden. Dein Vater offenbarte sich ihr nach der ersten Tötung. Er erzählte ihr nicht alle grausigen Details, nur das Wesentliche. Das Wesentliche war ein Mord. Dein Vater hat mir das nie gegenüber bestätigt, Deine Mutter hingegen schon – spätestens als sie ihn auf mein Drängen hin in der Untersuchungshaft besuchte und Dein Vater noch einmal Einfluss auf sie auszuüben versuchte. Ihr Selbstmord hat wohl damit zu tun gehabt. Deine Mutter war eine Komplizin, weil sie ihn nicht anzeigte. Ich kann nur spekulieren, warum. War es Liebe, Abhängigkeit, eine innere Abgestumpftheit? Vergiss bitte nicht, wie unendlich gerissen und manipulativ Dein Vater sein konnte.
    Frank, ich war bereit, Deine Mutter ebenfalls vor den Richter zu bringen. Das ist unsere Aufgabe. Wir dürfen keine Ausnahmen zulassen, niemals. Aber sie entzog sich mir, indem sie ihre eigenen Konsequenzen zog. Ihr Tod hat mich erschüttert, aber gleichzeitig, so schrecklich er auch für Euch beide war, gab er Euch die Möglichkeit,sie als sein letztes Opfer zu betrachten. Schlimm, aber nicht so schlimm wie das andere.
    Du hast mit der einen, Deiner Wahrheit über sie gelebt, und jetzt bitte ich Dich, mit meiner zu leben.«
    Nicht einmal Robert wusste von diesem Brief, wie auch? Das war keine Sache, die man am Telefon beredete.
    Nur Lydia kannte jetzt Lohmanns Wahrheit.
    »Mein Gott«, sagte sie.
    »Sie war kein schlechter Mensch«, sagte Abraham. »Sie war nur nicht stark genug, ihn zur Strecke zu bringen, und deshalb mordete er weiter. Aber ich kann sie nicht dafür verachten. Sie war meine Mutter.« Er fühlte sich leer und klein und senkte seinen schweren müden Kopf, und er fiel in ihre Arme, die da waren und ihn auffingen, genauso wie ihre Worte, die in sein Ohr strömten. Alles andere ergab sich mehr oder weniger. Denn nackt waren sie ja beide ohnehin schon.
    »Lange her«, flüsterte sie, als sie ihn auszog und er sie.«Das verlernt man nicht«, sagte Abraham, »es dauert eben nur ein wenig länger, bis man’s wieder weiß.«
    »Dann hilf mir dabei.«
    Ja.
    Nach Erin hatte er mit keiner anderen Frau mehr geschlafen. Auch er musste sich erst wieder an die Landschaft eines anderen Körpers gewöhnen. Der hier war so völlig anders als Erins, karger, verbrauchter auch, von früherer Skrupellosigkeit gezeichnet, verschwendet, ein ge- und verlebter Körper, doch die Scheu, die sie zu Anfang noch hatte, ihn herzuzeigen, verlor sie, als er sich ihr gegenüber öffnete, auf eine Art und Weise, wie nur Verwundete und Verbündete es tun. Und Liebende.
    Aber vielleicht war dieses Wort einfach noch zu groß.
    Sie spreizte die Beine, nahm seine Hand und führte ihn, ließ ihn in sie eintreten.
    »So wie du bereits in mein Leben eingetreten bist.«
    Alle Türen offen, dachte er, wo sich sonst alle Türen hinter einem langsam und endgültig schließen.
    »Du bist keiner von den Versagern, die ich früher hatte«, sagte sie danach. »Ich habe mich zu oft unter Wert verkauft.« Als er gehen wollte, bat sie ihn zu bleiben.
    »Ich habe ziemlich lange meine Ruhe gehabt«, sagte sie, »mir fehlt der Hall einer anderen Stimme in diesen Räumen.«
    Sie erzählten einander aus ihren Leben; sie vermieden dabei die jeweils dunklen Unterströmungen des anderen, trugen Wichtiges und Banales zusammen, schnürten ihre Päckchen auf, liebten sich erneut und dann noch einmal, bis der Schlaf ihr Verlangen zudeckte.

KAPITEL
NEUNUNDZWANZIG
    Beck. Das Kind.
    Lebendig begraben an einem stockdunklen, stillen Ort. An dem ORT . Gefangen im eigenen Körper, und sein Kopf wirr von Träumen, Straßen gepflastert aus Blut und Scheiße, seine Träume waren Erinnerungen, terrorisierten ihn in mal aschfarbenen, dann wieder rostroten Bildern, Mahlströme aus Entsetzen und Angst. Wahnsinnige Welten, bevölkert von Wahnsinnigen mit erloschenen Augen, manchmal sogar ohne Augen, dafür mit schwarzen Löchern versehen, aus denen es blutete, sie redeten in einem unwirklichen Tempo und bewegten sich rückwärts, spiegel-, seitenverkehrt, dabei aber langsam mit weit ausholenden spinnenartigen Schritten, und sie machten ihm eine höllische Angst, er schiss sich regelrecht ein, und das war das Letzte, was er durfte, SICH EINZUKACKEN WIE EIN SCHMUTZIGER KLEINER LUMP, aber was konnte er tun. Sein Schließmuskel war beschädigt durch die ständigen Vergewaltigungen AN DIESEM

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