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Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cyrus Darbandi
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Esstisch versteckt, lag Abrahams Visitenkarte, die sich Markowitz bei seinem Besuch gestern in die Tasche gesteckt hatte.
    »Sieht so aus, als hätte er dich anrufen wollen«, sagte Kleber.
    Wenn ja, aus welchem Grund? Um Hilfe zu holen? Oder um mir etwas mitzuteilen, das er mir auch gestern schon hätte sagen können. Oder war es ganz anders … hatte Markowitz etwas herausgefunden? Jemanden wiedergefunden?
    Wieder einmal stellte sich bei ihm das ohnmächtige Gefühl des »Zuspätkommens« ein.
    Einer der Spurensicherer hatte etwas im Papierkorb gefunden und rief Kleber zu sich. Kleber brachte Abraham die zusammengeknüllte Zeichnung eines Gesichtes.
    »Wer ist der Kerl?«
    »Markowitz ist es jedenfalls nicht.«
    Sie breiteten die Zeichnung auf dem Tisch aus und studierten sie aufmerksam.
    »Erinnert mich an eine Phantomzeichnung, nur besser. Detaillierter«, sagte Kleber.
    »Das hat Markowitz nicht gezeichnet.«
    »Die Frau?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Warum?«
    »Weil ihr Markowitz das Gesicht beschrieben hat. Und weil sie genug Talent besaß, es so zu zeichnen, dass wir es praktisch plakatieren können.«
    »Aber wer ist der Kerl?«
    »Schau ihn dir nur an. Ich glaube, das ist ihr Mörder.«
    »Du meinst, die beiden wurden getötet, weil sich Markowitz an ein Gesicht erinnert hat?«
    »Nein, weil er diesem Gesicht wiederbegegnet ist. Wahrscheinlich gestern, vielleicht auch heute.«
    Dem Mann an Eddas Seite.
    Dem Kerl mit der Basecap.
    Wir haben ein Gesicht, dachte Abraham, und in die Trauer um den Tod der beiden Menschen mischte sich auch so etwas wie Erleichterung; Erleichterung, weil Markowitz und Co Bao nicht umsonst gestorben waren, da sich der eine an ein Gesicht erinnert und die andere diese Erinnerung visualisiert hatte. Und Glück, weil der erste Entwurf der Zeichnung vom Mörder übersehen worden war.
    Du gehst davon aus, jetzt auf der sicheren Seite zu sein, dachte Abraham, nun, glaub das ruhig. Verkriech dich in deinem Loch, hör deinem schwarzen Herzen beim Schlagen zu. Denn jeder weitere Schlag kündigt mein Kommen an. Er betrachtete erneut das gezeichnete Gesicht, ein noch namenloses Gesicht. Dies war also sein Gegenspieler, der mutmaßliche Mörder von Edda Markowitz, vielleicht auch der von Margot Beenhakker und mit Sicherheit der von Henning und Co Bao Markowitz. Co Bao hatte wirklich großes Talent gehabt, ein verdecktes Talent, etwas, das nur ihr gehörte, wie eine im Verborgenen blühende Blume, der Killer hatte nicht nur ihren Körper zerstört, sondern auch dieses Einzigartige an ihr. Ebenso Markowitz. Abraham hatte sich erneut in dem Mann getäuscht, ihn als hoffnungslosen Fall, als Verlorenen abgestempelt, dabei hatte sich Markowitz noch einmal aufgerappelt, um eine Bringschuld zu erfüllen. Vielleicht war er auch dem Mörder begegnet, hatte nach ihm gesucht – real, auf den Straßen, nicht nur in seiner Erinnerung. Und das hatte ihn letztendlich getötet.
    Abraham stellte sich die Überraschung im Gesicht des Mörders vor – und dann dessen brutale, kranke Logik, sich des Mannes, der ihm gefährlich werden konnte, zu entledigen.
    Irgendwie musste er an Markowitz’ Adresse gekommen sein. Oder er hatte ihn verfolgt, mit jedem weiteren Schritt in seinem Rücken einem Mord entgegen. Aus dem dann ein Doppelmord wurde. Umso dringlicher musste er ihn zur Strecke bringen.
    Irgendwo da draußen und außer Kontrolle.
    Sie traten hinaus, als Abrahams Handy klingelte. Er schickte Kleber zum Wagen und nahm erst dann ab, denn wenn es Lydia war, wollte er nicht, dass Kleber mitbekam, dass er eine intime Beziehung zu der Schwester eines, nun, inzwischen nicht mehr mutmaßlichen Tatverdächtigen hatte.
    Siehst du, dachte er, du fängst schon an, Geheimnisse vor deinem Partner zu haben.
    »Abraham«, meldete er sich in gespannter Erwartung.
    »Wäre auch schwer enttäuscht gewesen, wenn jemand anderes als du dran gegangen wäre, Kleiner«, sagte Robert.
    Abraham blieb mitten in der Bewegung wie angewurzelt stehen.
    »Sag mir nicht, dass du vom Ende der Welt anrufst«, sagte er. Robert lachte.
    »An manchen Tagen kann sich Berlin tatsächlich wie am Ende der Welt anfühlen, aber nicht heute.«
    »Du bist hier?«
    »Wie heißt es so schön: Niemals geht man so ganz …«
    Instinktiv sah sich Abraham nach seinem Bruder um.
    »Außerdem hab ich noch einen Bruder in Berlin«, sagte dieser.
    »Wo zum Teufel bist du?«
    »Auf dem Weg zu dir.«

KAPITEL
FÜNFUNDDREISSIG
    Ja, tatsächlich, der Killer war in

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