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Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cyrus Darbandi
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nach Papieren fragte, noch sich für eine Meldebestätigung interessierte.
    Mevissen kannte Jeroen über drei Ecken, anscheinend aber kannte er ihn nur halb so gut, wie er glaubte. Zwar half ihm Jeroen dabei, die aus der Praxis seines Vaters gestohlenen Medikamente und Rezepte einzutauschen und an den Mann zu bringen, teilte den Gewinn allerdings mit zwei zu eins auf – das war seine Stadt und seine Regeln.
    Hier kämen sie auf keinen grünen Zweig, geschweige denn auf einen Ast, der stark genug war, sie zu halten.
    Außerdem hatte Jeroen ein Auge auf Polly geworfen. Als er Mevissen fragte, ob sie nicht Lust hätte, sich im Club einesFreundes etwas dazuzuverdienen, war ihm klar, dass sie wegmussten. Also rief er eine Nummer in Berlin an und hörte eine Stimme aus seiner Vergangenheit, die er am liebsten vergessen hätte. Aber wie das so ist mit begrabenen Leichen – manche haben die unangenehme Art an sich, irgendwann wieder aufzutauchen.
    »Wer ist der Typ?«
    Mevissen hatte ihr von Berlin erzählt, von einem alten Freund, der dort seine Zelte aufgeschlagen hatte und der ihnen dabei helfen konnte, Geld zu machen. Mevissen erzählte ihr von Beck, der ebenso ein Einzelgänger war wie er selbst.
    »Vielleicht noch mehr als ich. Eigentlich weiß ich nicht besonders viel über ihn.«
    »Ich dachte, ihr seid Freunde.«
    »Definiere mal Freundschaft. Beck war … ich glaube, er hatte Probleme in seinem privaten Umfeld. Er lungerte meistens auf der Straße rum. Er hat bestimmt eine Schule besucht, aber nicht besonders lange. Er war kein Typ für große soziale Kontakte.«
    »Warst du mal bei ihm zu Hause?«
    »Nie. Er hat mich nie eingeladen, und ich glaube, ich wäre auch nicht hingegangen. Und umgekehrt war es eigentlich genauso, obwohl der Stress mit meinem Vater erst nach dem Tod meiner Mutter begann. Danach war mir alles scheißegal, und ich wollte nur noch weg von allem.«
    »Was macht Beck denn so in Berlin?« Es war eine naive Frage – Mevissen kannte niemanden, der einem normalen bürgerlichen Beruf nachging.
    »Hat er mir nicht verraten, aber wir werden’s sehen. Jedenfalls kenne ich sonst niemanden, der uns dort weiterhelfen könnte. Beck hatte immer was am Laufen, ich glaube, er saß sogar im Knast … ja, schau mich nicht so an.«
    »Wegen was saß er?«
    »Wahrscheinlich hat er rumgedealt und ist erwischt worden. Oder er hat vielleicht den einen oder anderen Bruch gemacht.«
    »Er steigt in Häuser ein?«
    »Nicht nur. Eher in Geschäfte, kleinere Läden. Wahrscheinlich haben sie ihn einmal dabei geschnappt. Was soll’s.«
    »Das hört sich so an, wie du das erzählst …«, sagte sie.
    »Wie denn?«
    »Als hättest du so was auch mal gemacht.«
    Natürlich fiel ihr dabei die Szene in der Praxis seines Vaters wieder ein. Sicher, es war sein Vater, den er beklaut hatte – und trotzdem blieb es Diebstahl.
    »Habt ihr beiden damals Dinger gedreht?«
    Mevissen grinste. »Tja, wenn du mich so fragst.«
    Sie kicherte, weil er sich tatsächlich ein bisschen dafür zu schämen schien. Aber auch nicht zu sehr.
    »Und wie war das, in fremde Häuser einzusteigen?«
    »Nicht in Häuser«, sagte Mevissen. Dabei überhörte sie den seltsam bleiernen Unterton in seiner Stimme.
    »Seid ihr erwischt worden?«
    »Nein.«
    »Nie?«
    »Das ist lange her, Süße.«
    »Du hast ihn jahrelang nicht mehr gesehen. Was macht dich so sicher, dass er uns hilft? Menschen verändern sich.«
    Wer, dachte sie, wüsste das nicht besser als ich selbst?
    Mevissen lachte und drückte sie.
    »Na, auf meine Menschenkenntnis kann ich mich verlassen.«
    Wieso klang dieser Satz plötzlich aber so hohl und nichtssagend?, dachte Polly. Und wieso hatte Mevissen nach all den Jahren, in denen er angeblich keinen Kontakt mehr zu Beck gehabt hatte, seine Nummer parat?
    »Doc.«
    »Beck.«
    Sie standen am Alexanderplatz und froren und warteten bereits eine halbe Stunde, als Beck endlich auftauchte. Dass er sie bereits eine ganze Zeitlang beobachtet hatte, wussten sie nicht. Beck war vorsichtig, immer wachsam, immer auf dem Sprung. Und anderen zuzusehen, wie sie auf seine Ankunft warteten, war nicht nur lehrreich, sondern auch unterhaltsam. Denn er sah schon von weitem, dass sowohl Mevissen als auch das Fötzchen neben ihm am Ende waren. Am vorläufigen Ende ihrer Optionen. In der Sackgasse. Er hatte ein Auge dafür. Mit den Fingern zog er seine Mundwinkel zurück, so dass es aussah, als grinste er. Hätte sich jemand unmittelbar in seiner Nähe

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