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Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Das Licht der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cyrus Darbandi
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falsch-freundlich-ausdruckslosen Gesicht, es war nur eine Nuance, die niemand anderem als ihr, die einem solchen Menschen wie ihm schon begegnet war, aufgefallen wäre. Aber sie sah dieses sekundenkurze Zucken seiner Mundwinkel wie den hinterhältigen Verrat seiner Gedanken über seine Mimik, die wie einstudiert wirkte.
    Wie eine Maske, was sie nur noch mehr beunruhigte.
    Vielleicht war er ja eine große Nummer darin, alles und jeden, Mevissen eingeschlossen, in seiner Umgebung zu täuschen, aber nicht Polly. Was sie noch registrierte, war, wie sich seine Nase kräuselte, als schnuppere er wie ein Hund, und ihr war klar, dass sie der Grund dieses merkwürdigen Verhaltenswar. Als wäre er erregt von der Furcht, die er an ihr schmeckte und roch.
    Es gefällt ihm, wenn Menschen sich vor ihm ängstigen, dachte sie. Weil es ihn anmacht.
    Wie Holger, den sadistischen Wolf. Wieso erkannte Mevissen das nicht? Oder wollte er es nicht erkennen? Mevissen, der Holger durchschaut hatte.
    (Aber er hat auch mit ihm Geschäfte gemacht, wisperte eine Stimme dunkel in ihr, und jetzt geschieht es wieder, und vielleicht weiß Mevissen tatsächlich mehr über Beck, als er ihr gegenüber erzählte.)
    Nein, Beck war nicht Jeroen. Er war auch nicht Holger. Er war viel mehr als diese beiden.
    Und sie waren jetzt in seiner Stadt.

KAPITEL
NEUNZEHN
    Manche Typen, dachte Beck, bestehen nur aus Löchern, durch die ein besonders trostloser Wind pfeift. Doc war einer von ihnen, ohne Zweifel, und eigentlich war er das immer schon gewesen. Mevissen aß ohne großen Appetit von seinem Döner, zermatschte dabei das schlappe, kaltgewordene Fleisch zwischen seinen Fingern. Beck hingegen verputzte schon seine dritte Portion. Er verbrannte viel – ja, tatsächlich schwammen Ameisen in seinem Blut und hielten ihn auf Trab, und manchmal verirrten sich ein paar von ihnen sogar in seinen Kopf, dieses Kellergewölbe mit seinen abgeschlossenen Parzellen. Zutritt verboten.
    Nicht, dass jemand diese Orte in ihm je freiwillig betreten würde.
    »Iss auf, Doc, sonst nimmt’s Mustafa hier persönlich. Du bistja ganz schön vom Fleisch gefallen«, sagte Beck und schob sich eine zusammengerollte Kugel aus Fleischfetzen, Salat und Brot in den Rachen. Mevissen zwang sich dazu, den Bissen, an dem er schon Minuten kaute, herunterzuschlucken.
    Schön brav, mein Hündchen. Ich gebe die Richtung vor – wie damals.
    »Seit wann bist du drauf, Doc?« Seit wann nimmst du deinen eigenen Mist?
    »Scheiße«, sagte Doc nur, ertappt, am Arsch, so richtig opfermäßig.
    »Hast ganz schön abgebaut, Alter, ich mache mir echt Sorgen.«
    »Ist nur eine Phase«, sagte Mevissen. Seine Pupillen zoomten ständig vor und zurück, als versuche er, in Dinge einzudringen, Gegenstände, Menschen. Nun, in Beck käme er nicht rein.
    Nur wenn ich’s will. Und das willst DU nicht.
    »Wenn man so richtig drauf ist, dann schmeckt man gar nichts, oder?«, fragte Beck.
    »Schmerzmittel unterdrücken das Hungergefühl«, sagte Doc.
    »Coole Methode, um abzunehmen. Deine kleine Freundin könnte auch einen Happen-Pappen vertragen, nicht?«
    Polly war in Becks Wohnung geblieben und schlief einen tiefen langen Schlaf. Mevissen hatte ihm von Polly erzählt, am Telefon gesagt, dass er jemand mitbrächte, eine Frau.
    »Hier laufen genug Frauen rum, Doc, lass deine Freundin doch zu Hause.«
    »Das kann ich nicht. Ich bin für sie verantwortlich. Sie hat eine Menge schlimmer Dinge erlebt.«
    Na, dann dürfte sie’s bei dir ja bestimmt besser haben, du Loser.
    »Ist sie dir so wichtig, Doc?« Er wartete mit angehaltenem Atem auf die Antwort.
    »Ja.«
    Ein Grinsen zog sich wie ein tiefer breiter Riss über sein Gesicht.
    »Dann musst du sie natürlich mitbringen.«
    Beck zog aus seiner Brieftasche ein pralles, fleckiges Bündel Geldscheine hervor. Mevissens Pupillen tanzten bei dem Anblick regelrecht.
    »Du hast ganz schön Geld gebunkert, Beck.«
    Beck lachte.
    »Wenn’s läuft, dann läuft’s. Und hier läuft immer was. Große Stadt, viele Arschlöcher. Hab mir den richtigen Ort ausgesucht, Doc.«
    »Und davor?«
    »Mal hier, mal dort.«
    »Immer noch die alte Tour?«
    Beck grinste erneut und hob wie zur Kapitulation beide Hände.
    Mevissen sprach von den Einbrüchen. Er sprach von damals. Damals ist lange her, dachte Beck. Hat sich seither eine Menge getan, Doc. Du würdest es nicht glauben. Oder doch? O ja, vielleicht doch. Aber könntest du es aushalten? Nein. Tust so, als wärst du anders als die

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