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Das Licht des Orakels

Titel: Das Licht des Orakels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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hatte auf Prinzessin Zorienne gezeigt!
    Dawn trat einen Schritt vor. »Aber warum muss die Prophezeiung von dir kommen? Wenn die Prinzessin vergiftet wird, warum schickt der Meisterpriester dann keine Warnung?«
    Selid schwenkte die Rolle. »Das tut er doch.«
    Verwirrt warteten alle auf ihre Erklärung.
    »Ich weiß, wie Renchald eine Prophezeiung schreibt.
    Ich habe ihn oft genug dabei beobachtet.« Selid hob die Rolle. »Das hier ist so geschrieben und formuliert, als käme es von ihm.«
    Kiran richtete sich mühsam auf. »Nein!«, sagte er.
    »Wenn er jemals davon erfährt, wird er Keldes aus der Unterwelt holen, um dich zu finden und zu töten.«
    Selid schüttelte den Kopf. »Diese Prophezeiung ist wichtiger als meine Angst vor dem Meisterpriester. Ohne diese Prophezeiung wird Raynor Errington über Sorana herrschen.«
    Bryns Gedanken rasten. Sie dachte daran, wie Lord Errington während der Sonnwendfeier neben dem Meisterpriester gestanden hatte. Ihr Magen verkrampfte sich.
    »Lord Errington steckt hinter der Vergiftung, oder?« Hüte dich vor seinem schlafenden Tod. Selid nickte.
    »Und der Tempel hat keine Warnung geschickt?«,
    fragte Bryn.
    Wieder nickte Selid, diesmal mit mehr Nachdruck.
    Kiran erhob sich schwankend. »Warum soll man Renchald für den Verfasser einer solch lebenswichtigen Prophezeiung halten?«
    Selid wies auf die schlichte Einrichtung des Zimmers.
    »Wenn Königin Alessandra wusste, dass die Botschaft von einer einfachen Schreiberin kommt, würde sie sie niemals lesen. Es muss so aussehen, als käme die Prophezeiung direkt vom Orakel.«
    Nervös wedelte Dawn mit den Händen. »Aber ist das nicht ein Verbrechen, so zu tun, als käme sie vom Orakel, wenn sie tatsächlich von dir stammt?«
    Selids Lippen wurden schmaler. »Jahrhundertelang wurden die, die das Licht des Orakels empfingen, verehrt, ob sie nun zum Tempel gehörten oder nicht. Renchald hat sich selbst als Hüter des Worts des Orakels bezeichnet …« Ihre Stimme versagte kurz. »Aber das ist er nicht. Das Licht des Orakels ist mir gefolgt, auch nachdem mir der Meisterpriester meine Feder genommen und mich dem Herrn des Todes geweiht hat.« Sie hob das Kinn. »Als ich am Verdursten war, hat Bryn mir Wasser gegeben. Jetzt gebe ich Sorana meine Tinte.«
    Als sie Avrohom die Rolle hinstreckte, strich ein Windhauch darüber und Bryn hörte in Gedanken eine glockenhelle Stimme: Ich gebe Sorana mein Blut.
    Nein!, wollte Bryn sagen, doch ihre Lippen fühlten sich wie taub an und ihre Kehle blieb verschlossen. Kein Laut kam heraus.
    »Bitte, Herr Troubadour«, sagte Selid, »bringt das hier der Königin. Und wenn Ihr es getan habt, schreibt ein Lied darüber.«
    Avrohoms sonst so fröhliche Augen blickten sehr ernst, als er die Rolle entgegennahm. Er verbeugte sich.
    »Ihre Majestät wird deine Worte lesen«, sagte er.
    Voll Angst blickte Bryn zu Selid. Kiran hatte sie gewarnt, dass der Meisterpriester sie jagen würde. Sie hatte nur genickt und gesagt, das wusste sie. Aber was wäre, wenn Renchald sie fand? Blut, mein Blut ist hingegeben.
    »Da ist noch etwas«, sagte Selid. »Du musst dabei sein, wenn die Botschaft übergeben wird, Bryn. Du bist es, die den Wind der Veränderung nach Sorana bringen kann.« In die Stille sprach Dawn mit sehr ernster Miene:
    »Winjessen ist dabei, sich mit Ellerth und Monzapel zu verbünden. Und Vernelda wird Keldes gegenüberstehen.
    Bald werden folgenschwere Ereignisse eintreten.«
     
    Kiran ließ sich auf die Liege zurückfallen und betrachtete Selid und Bryn mit wachsendem Unbehagen. Sie wussten mehr, als sie sagten, da war er sicher.
    Sein Kopf fühlte sich krank und wie vernebelt an.
    Seitdem Renchald seine Barrieren gebrochen hatte, war das so. Er war schwächer als ein frisch geborenes Hengstfohlen, das von seiner Mutter verlassen worden war, wacklig auf den Beinen und auf der Suche nach etwas, das er nicht finden konnte. Es schien überhaupt nicht besser zu werden. Seine Rippen schmerzten noch ebenso sehr wie an dem Tag, als die Wachen ihn getreten hatten. Mehrfach schon hatte er seine innere Landschaft betreten, doch er stolperte dort nur im Nebel herum, unfähig das zu finden, was ihm seine Kraft nahm.
    Die Stimmen um ihn herum schienen aus großer Entfernung zu kommen, als würden Leute im Nebenzimmer reden. Mit großer Mühe konzentrierte er sich. »Wir brechen in aller Frühe auf. Du kannst bei Jeffrey mit aufsitzen, Bryn«, sagte Avrohom gerade.
    Kiran riss sich aus seinem

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