Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Licht des Orakels

Titel: Das Licht des Orakels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
Vom Netzwerk:
lange Reise ohne Wiederkehr. Selid hörte die Worte des Orakels, aber irgendwie hatte sie keine Angst mehr.
    Ihr war klar, dass es gleichgültig war, wo sie sich befanden oder wohin sie reisten, Keldes würde sie finden. Aber auch Monzapel würde bei ihr sein. Bei ihr und bei Lance, für immer.
    Selid lächelte Lance an. »Heute möchte ich den ganzen Tag bei dir bleiben.«
     
    Als Kiran aufwachte, fühlte er sich erfrischt. Vorsichtig setzte er sich. Beim Atmen taten seine Rippen nur noch ein bisschen weh.
    Jack spürte die Veränderung, sprang begeistert auf und leckte ihm das Gesicht.
    Die Sonne stand bereits tief. Er musste den ganzen Tag geschlafen haben. Aus der Küche, wo er Lance und Selid rumoren hörte, zog ein köstlicher Duft zu ihm.
    Kiran stand auf und war glücklich, ohne Hilfe laufen zu können. Er ging ins Waschhaus und nahm voller Erleichterung ein Bad. Obwohl er unbedingt nach Obsidian sehen wollte, beschloss er, zuerst etwas zu essen, denn er war völlig ausgehungert.
    Selid stellte ihm Suppe und Brot hin, wünschte ihm einen guten Appetit und setzte sich ihm gegenüber. Sein Magen knurrte. »Bryn hat dich noch auf die Stirn geküsst, bevor sie aufgebrochen ist«, sagte Selid. Irgendwie sah sie anders aus. Als sie gestern so leidenschaftlich über das Weissagen gesprochen hatte, hatte sie wie eine Kerze gewirkt, die zu klein war für die große Flamme, die in ihr brannte. Doch nun glühte sie, als hätte die Mondgöttin ihre Hand auf ihr Haupt gelegt, ruhig und gelassen.
    Kiran ließ sich die Suppe schmecken. »Sind sie früh aufgebrochen?«, fragte er.
    »In der Morgendämmerung.«
    Lance legte seine Hand auf Selids Schulter. »Wir sind so weit«, sagte er. »Wir brechen auf, sobald du fertig gegessen hast.«
    Kiran nahm noch einen Löffel. »Das ist gut, bei Nacht sieht man uns nicht schon von weitem.« Er hörte ein Geräusch am Fenster, ein drängendes Pochen. Kiran schob den Stuhl zurück. Als er durch die Vorhänge in die untergehende Sonne spähte, sah er einen Vogel, der sich gegen die Fensterscheibe warf. »Der Kardinal!« Eine Vorahnung von Unheil überfiel ihn. Zu Lance und Selid gewandt, schrie er: »Ihr habt gewartet. Wegen mir!«
    Sie gaben keine Antwort. Kiran atmete schwer.
    Schockartig wurde ihm bewusst, wie viel Zeit er mit dem Baden vergeudet hatte. »Wir müssen los. Jetzt!« Er wandte sich zur Tür.
    Jack war noch vor ihm da und knurrte eine Warnung.
    Kiran machte die Tür auf und der Hund schoss nach draußen.
    Sie hörten Obsidian wütend wiehern.
    Der Hof, der schon im Schatten lag, war voller Männer in Rüstungen.
    Renn, Jack, lass dich nicht fangen!
    »Das Tier ist unwichtig, lasst es laufen«, sagte eine bekannte Stimme. Der Meisterpriester trat aus einer Gruppe von Tempelwachen hervor. Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne ließen sein Gesicht blutrot aufleuchten.
    Diesmal versuchte Kiran weder davonzulaufen noch zu kämpfen. Es waren zu viele, und vielleicht würden sie Selid in Ruhe lassen, wenn er keinen Widerstand leistete.
    »Ist schon gut«, sagte er. »Ich komme mit.«
    »Bestimmt!«, sagte Renchald, kam zur Tür und stieß ihn rückwärts ins Zimmer.
    Obsidian!, schrie Kiran lautlos. Renn, Obsidian, renn fort! Er hörte das zornige Schnauben des Hengstes.
    Renchald blickte ihn scharf an. »Ich warne dich, Kiran. Das Pferd ist gut angebunden. Wenn du es drängst davonzurennen, wird es sich verletzen. Wenn es sich verletzt oder dir zu nahe kommt, haben die Wachen den Befehl, es zu töten.«
    Kiran rief wieder: Lass dich von ihnen führen. Die Geräusche des aufgeregten Pferdes, das versuchte, freizukommen, verstummten. Renchald nickte Kiran grimmig zu und ging an ihm vorbei, Bolivar an seiner Seite, Soldaten der Tempelwache folgten ihnen.
    Selid und Lance standen am Kamin und blickten den Meisterpriester an. »So«, sagte Renchald. »Keldes hat schon lange Anspruch auf dich, Selid.«
    Lance legte schützend den Arm um sie. »Bitte! Wir tun doch keinem etwas!«
    »Oh«, antwortete Renchald. »Da irrst du dich.«
    Selids sanfte Augen blickten durch den Meisterpriester hindurch. »Ellerth wird Euch begraben, Renchald. Ich hab es gesehen!«
    Der Meisterpriester hob die Hand mit dem Ring.
    Selid sah ihn gelassen an. »Ich habe nichts zu bedauern. Mein Bedauern gehört nun nicht mehr in diese Welt.«
    Sie wandte sich Lance zu. »Lebe wohl, mein Geliebter. Möge dein Weg von Solz’ Licht erleuchtet werden.«
    Lance und Kiran wollten sich beide auf den

Weitere Kostenlose Bücher