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Das Licht des Orakels

Titel: Das Licht des Orakels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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Dämmerzustand. Wie viel von dem Gespräch hatte er verpasst? »Obsidian kann Bryn und mich tragen«, warf er ein. »Selid und Lance müssen auch mitkommen. Der Meisterpriester ist auch für sie eine große Bedrohung.«
    Seine Worte brachten alle zum Schweigen. Zeb begann mit den Fingern auf den Kaminsims zu trommeln.
    Negasi und Jeffrey mieden seinen Blick. »Kiran«, sagte Avrohom dann, »ich bin kein Heiler, aber selbst ich kann sehen, dass du kaum in der Lage bist aufzustehen, geschweige denn zu reiten. Und wenn der Hengst wirklich all das einlöst, was man über ihn hört, dann werden die Tempelwachen ebenso intensiv nach ihm suchen wie nach euch.«
    Kiran blickte Bryn an. Die goldenen Punkte in ihren Augen waren wie Funken von Sonnenlicht. Es kam ihm so vor, als würden sie nun wieder heller scheinen, seit der Wind zu ihr zurückgekehrt war. Niemand, der sie ansah, konnte leugnen, dass sie die außergewöhnlichste Frau der Welt war.
    Er zwang sich aufzustehen. »Wir müssen einfach mit euch reiten.« Er schaffte drei Schritte, bevor er zusammenbrach.
     
    Wie versprochen, holte Bryn den Hengst noch einmal aus dem Stall, nachdem die anderen schlafen gegangen waren. Doch der Ritt auf Obsidian beruhigte sie nur wenig.
    Nachdem sie ihn in den Stall zurückgebracht und versorgt hatte, ging sie noch einmal leise zu Selids Kamin, neben dem Kiran schlief. Jack hatte sich vor der Liege zusammengerollt. Er öffnete ein Auge, schaute Bryn kurz
    an und sank wieder in Schlaf, als sie sich neben Kirans Kopf hinkniete.
    »Kiran«, flüsterte sie dem Schlafenden zu. »Kiran, ich muss dir danken!«
    Er regte sich. Im Mondlicht sahen die blauen Flecken unter seinen Sommersprossen noch entsetzlicher aus.
    »Durch dich«, sagte sie leise, »war es mir möglich, den Fluch aufzuheben. Ich habe gefunden, was nicht in meine Landschaft passte. Du hattest Recht damit, so wie du mit vielen anderen Dingen Recht hattest.« Sie verbarg ihr Gesicht in den Händen. »Es tut mir Leid, jemals an deiner Freundschaft gezweifelt zu haben.«
    Sie schrak zusammen, als ein rauer Finger über ihre Wange strich. Sie hob den Kopf und blickte in Kirans verschleierte Augen. »Ist schon gut«, flüsterte er heiser und stützte sich auf, zuckte aber vor Schmerz zusammen und ließ sich schnell wieder auf das Kissen sinken.
    »Was haben sie mit dir gemacht?«, fragte sie unglücklich, und Angst machte ihr das Herz eng. Er sah noch schlechter aus als tagsüber. Wie konnte sie ihn zurücklassen? Und wenn er stürbe, während sie fort war? »Hat Clea dich verflucht?«
    »Nein, der Meisterpriester hat meine Barrieren zerstört. Über meiner Landschaft liegt dichter Nebel. Wenn ich sie betrete, kann ich nichts erkennen. Ich kann auch nicht mehr klar denken. Mein Traumkörper wird immer schwächer.«
    Bryn nahm seine Hand. »Noch schwächer darfst du nicht werden.«
    »Ich habe alles getan, was ich konnte.«
    Sie beugte sich über ihn. »Vielleicht kann ich dir helfen. Wenn du mir vertraust.«
    Er zog sich nicht zurück, aber zwischen seinen Augenbrauen bildete sich eine Falte. »Dir vertrauen?«
    »Wir könnten paarweise arbeiten, um dich zu heilen.«
    »Nein, zu gefährlich für dich.«
    »Bitte, Kiran! Es würde mir alles bedeuten.«
    »Ich darf dich nicht in Gefahr bringen.«
    »Zusammen wären wir stärker, stimmt’s?« Sie zerquetschte fast seine Hand, damit er ihr zuhörte. »Bitte!«
    Fragend blickte er ihr in die Augen. »Aber du hast noch nie paarweise gearbeitet, oder?«
    »Nein, aber der Meisterpriester hat gesagt, ich wäre nun so weit.« Sie sprach entschieden, obwohl sie sich unsicher fühlte. »Bitte, Kiran. Was könnte mir schon passieren?«
    Er bewegte seine Hand so, dass sich ihre Finger verschränken konnten.
    »Einverstanden?«
    »Wenn du mir versprichst, dich sofort zurückzuziehen, wenn du anfängst, dich schwach zu fühlen.«
    »Natürlich«, log sie.
    Er gab seinen Widerstand auf und schloss die Augen.
    »Du willst es also machen?«
    »Wir können es versuchen«, murmelte er.
    »Jetzt«, drängte sie. »Morgen ist es zu spät.«
    Er nickte leicht. »Also dann.«
    Bryn machte sich bereit. Die Verbindung, die von Kiran ausging, war schwach, doch ausreichend, um bestehen zu bleiben, als sie Bryn erreichte. Seltsam beklommen klinkte Bryn sich ein.
    Ihre Traumkörper standen zusammen an einem zeitlosen, strahlend hellen Ort in der Abanya. Von hier aus konnten sie sich überall hin begeben, zu ihren eigenen Landschaften, in eine andere Zeit oder

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