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Das Licht ferner Tage

Das Licht ferner Tage

Titel: Das Licht ferner Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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schließlich nicht ewig auf das nächste Service-Release warten.«
    »Dann setzt ihr also Spione ein, die die Vergangenheitsbetrachter überwachen?«
    »Wir haben eine Metasoftware, die die Arbeit der Benutzer registriert und sie auf ihre Funktionalität und Qualität überprüft. Wenn uns eine Idee gefällt, greifen wir sie auf und entwickeln sie weiter. Ideal wäre natürlich eine gute Idee, die schon zur Anwendungsreife gelangt ist.«
    »Wie meine?« fragte sie mit einem Anflug von Interesse, sogar Stolz.
    »Sie hat auf jeden Fall ein großes Potential. Mary, du bist ein kluges Mädchen und hast eine große Zukunft vor dir. Aber um es mit deinen Worten auszudrücken, du hast eigentlich null Ahnung von der Entwicklung von Qualitäts-Software.«
    »Es klappt doch, oder?«
    »Meistens. Ich bezweifle aber, dass irgendjemand außer dir in der Lage wäre, eine Verbesserung vorzunehmen, ohne das Gerät von Grund auf neu zu konfigurieren.« Er seufzte. »Wir leben nicht mehr in den Neunzigern, Mary. Software-Entwicklung ist heute ein Handwerk.«
    »Ich weiß, ich weiß. Das lernen wir schon in der Schule… Du glaubst trotzdem, meine Idee funktioniert?«
    »Wieso zeigst du sie mir nicht einfach?«
    Sie streckte die Hand nach der SoftScreen aus, und er sah, dass sie die Einstellungen löschen und eine neue WurmCam- Sequenz starten wollte.
    Sachte legte er die Hand auf ihre. »Nein. Zeig mir, was du dir angeschaut hast, als ich gekommen bin.«
    Sie schaute ihn böse an. »So ist das also. Meine Mutter hat dich geschickt, stimmt’s? Du interessierst dich gar nicht für meine Verfolgungs-Software.«
    »Ich glaube an die Wahrheit, Mary.«
    »Dann sag sie mir.«
    Er zählte die Punkte an den Fingern ab. »Deine Mutter macht sich Sorgen um dich. Es war meine Idee, herzukommen, nicht ihre. Ich glaube, du solltest mir zeigen, was du dir gerade angesehen hast. Ja, ich brauchte einen Vorwand, um mit dir zu reden, aber ich interessiere mich auch für die innovative Software an sich. Noch Fragen?«
    »Wenn ich das nicht mitmache, wirfst du mich dann aus dem Wurmwerk raus?«
    »Das würde ich nie tun.«
    »Verglichen mit der Ausrüstung hier ist der Kram, den man sich aus dem Internet runterladen kann…«
    »Ich sagte dir schon, dass du davor keine Angst zu haben brauchst.«
    Sie saßen für eine Weile schweigend da.
    Fast unmerklich sank sie auf dem Stuhl zusammen, und er wusste, dass er die Runde gewonnen hatte.
    Ein paar Tasten drückend rief sie das Bild wieder auf.
    Es war ein kleiner Garten oder vielmehr ein Hof, auf dem verdorrte Rasenstreifen mit Kiesbetten sich abwechselten. Dann gab es noch einige vernachlässigte Blumenbeete. Es war ein brillantes Bild mit einem blauen Himmel und langen Schatten. Überall lagen Spielzeugautos herum, von denen ein paar selbsttätig herumfuhren.
    Zwei Kinder kamen ins Bild: Ein Junge und ein Mädchen, vielleicht sechs beziehungsweise acht Jahre alt. Lachend kickten sie einen Ball vor sich her, und ein ebenfalls lachender Mann versuchte sie zu fangen. Er schnappte sich das Mädchen und wirbelte es durch die Luft, sodass sie durch ein Kaleidoskop aus Schatten und Licht fiel.
    Mary schaltete auf Standbild.
    »Ein Klischee«, sagte sie. »Kindheitserinnerungen an einen herrlichen Sommernachmittag.«
    »Das sind dein Vater und dein Bruder – und du.«
    Ein freudloses Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Die Szene ist gerade einmal acht Jahre alt, aber zwei von den Darstellern sind schon tot. Was sagst du nun?«
    »Mary…«
    »Du wolltest meine Software sehen.«
    Er nickte. »Zeig sie mir.«
    Sie tippte auf den Bildschirm, worauf sich der Blickpunkt von einer Seite zur andern verschob und ein paar Sekunden in der Zeit vor und zurück wanderte. Das Mädchen wurde mit wehendem Haar hochgehoben und heruntergelassen und wieder hochgehoben, als ob ein Film vor und zurück gespult wurde.
    »Im Moment arbeite ich mit dem Standard-Interface. Der Blickpunkt gleicht einer schwebenden Kamera. Ich vermag die Position im Raum zu verändern und sie durch die Zeit zu bewegen, indem ich die Wurmlochmündung nachführe. Das genügt für die meisten Anwendungen. Für die Beobachtung größerer Perioden ist das Verfahren zu langsam – aber das weißt du selbst.«
    Sie ließ die Szene weiterlaufen. Der Vater setzte Klein Mary ab. Mary fokussierte den Blickpunkt aufs Gesicht ihres Vaters und führte ihn durch Antippen der SoftScreen ruckartig nach. »Ich kann das Subjekt verfolgen«, sagte sie sachlich, »aber es

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