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Das Licht ferner Tage

Das Licht ferner Tage

Titel: Das Licht ferner Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Männer ihn streiften. Das Licht schien trüber zu werden, und er spürte die Kiesel nicht mehr unter den Füßen.
    Und dann waren sie an ihm vorbei und entfernten sich von ihm, ohne dass sie mit einem Wort auf diese geisterhafte Begegnung eingegangen wären. Die plastische ›Realität‹ der Landschaft wurde übergangslos wiederhergestellt, als ob er die Regler einer unsichtbaren SoftScreen betätigt hätte.
    Er ging weiter in Richtung Kapernaum.
     
Jesus besaß die Gabe, psychosomatische Krankheiten und Phantomschmerzen wie Rückenleiden, Stottern, Magengeschwüre, Stress, Heuschnupfen, hysterische Lähmung und Blindheit zu ›heilen‹; sogar Scheinschwangerschaften. Ein paar dieser ›Heilungen‹ waren spektakulär und hinterließen einen nachhaltigen Eindruck bei den Augenzeugen. Der Heilerfolg trat nur ein, wenn der Glaube der >eingebildeten Kranken< an Jesus stärker war als an ihre Gebrechen. Wie jeder andere ›Heiler‹ vor und nach ihm war Jesus aber nicht in der Lage, tiefergehende organische Erkrankungen zu heilen. (Es spricht für Ihn, dass er diese Fähigkeit nie für Sich reklamiert hat.)
    Seine Heilerfolge zogen natürlich eine große Schar von Anhängern an. Was Jesus von den anderen hasidim Seiner Zeit unterschied, war die Botschaft, die er zusammen mit Seinen Heilungen verkündete.
    Jesus glaubte daran, dass das von den Propheten verkündete Messianische Zeitalter kommen würde – nicht etwa in Gestalt militärischer Erfolge der Juden, sondern wenn sie die Reinheit des Herzens erlangt hatten. Diese innere Reinheit stellte sich in Seinen Augen nicht dadurch ein, dass man nach außen hin ein tugendhaftes Leben führte, sondern man musste auf die Gnade Gottes vertrauen. Er glaubte, dass diese Gnade sich auf ganz Israel erstrecken würde: Auf die Unberührbaren, die Unreinen, die Ausgestoßenen und die Sünder. Durch Seine Heilungen und Exorzismen bewies Er die Realität dieser Liebe.
    Jesus war die goldene Mitte zwischen dem Göttlichen und dem Menschlichen. Kein Wunder, dass er eine solche Faszination auf die Menschen ausübte. Er schien in der Lage zu sein, selbst den größten Sünder zu Gott zu bekehren.
    Nur wenige in diesem besetzten Land waren freilich imstande, Seine Botschaft richtig zu interpretieren. Immer öfter wurde Jesus zu Seinem Missfallen aufgefordert, sich als der Messias zu erkennen zu geben. Und für die lestai, die seinem Charisma erlegen waren, wurde Er zum Hoffnungsträger hinsichtlich einer Erhebung gegen die verhassten Römer.
    Das konnte auf Dauer nicht gut gehen.
     
    David streifte wie ein Geist durch die kleinen Räume und sah die Leute – Frauen, Diener und Kinder – kommen und gehen.
    Das Haus war eindrucksvoller, als er erwartet hatte. Es war im Stil einer römischen Villa erbaut. Wie bei einem Kloster führten die Zimmer auf einen Innenhof hinaus. Es herrschte ein mediterranes Ambiente mit all dem intensiven Licht und den vielen Zugangsmöglichkeiten.
    Schon in der Anfangszeit von Jesus’ Wirken waren feste Lager vor dem Haus aufgeschlagen worden, in denen Kranke, Lahme und Pilger hausten: Es war eine kleine Zeltstadt.
    Später sollte an dieser Stelle eine Kapelle errichtet werden und im fünften Jahrhundert eine byzantinische Kirche, die bis in Davids Zeit überdauerte – zusammen mit den Legenden der Menschen, die einst hier gelebt hatten.
    Plötzlich wurde es unruhig vor dem Haus. Er hörte Schritte und Rufe und ging nach draußen.
    Die meisten Bewohner der Zeltstadt – von denen manche plötzlich kerngesund wirkten – gingen zum glitzernden See hinunter, den David in Ausschnitten zwischen den Häusern sah. Er folgte der anschwellenden Menge, größer als die Menschen um ihn, und versuchte den Gestank zu ignorieren, der ihm entgegenschlug und von der Steuersoftware mit unwillkommener Authentizität generiert wurde. Der Geruchs-Sinn der WurmCam selbst war noch nicht ausgereift.
    Die Menge schwärmte aus, als sie den Hafen erreichte. David stürzte sich ins Getümmel und bahnte sich einen Weg zum Ufer, wobei er immer wieder von euphorischen Galiläern gestreift oder durchdrungen wurde.
    Ein einzelnes Boot näherte sich. Die primitive Holzkonstruktion war vielleicht sechs Meter lang. Vier Männer ruderten zum Ufer; neben dem stämmigen Steuermann lag ein zusammengelegtes Fischernetz.
    Ein anderer Mann stand im Bug und beobachtete die Leute am Ufer.
    David hörte erregtes Raunen. Er hatte vom Boot aus an anderen Orten entlang der Küste gepredigt. Er hatte

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