Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Licht ferner Tage

Das Licht ferner Tage

Titel: Das Licht ferner Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
legte ihren Kopf auf seinen Oberkörper; er lastete auf der Brust, wurde aber durch die weiche Wange gepolstert.
    »Ich kenne das eigentliche Problem«, sagte er nach einer Weile.
    Er spürte förmlich, wie sie die Stirn runzelte.
    »Ich bin das Problem. Nicht wahr? Du willst keinen Schalter im Kopf, weil ich einen hatte. Du hast Angst, so zu werden, wie ich mal war. Denn auf einer gewissen Ebene…« Es kostete ihn Überwindung, es auszusprechen. »Auf einer gewissen Ebene verachtest du mich.«
    Sie stieß sich von ihm ab. »Du denkst immer nur an dich. Aber ich bin diejenige, der sie mit einer Schöpfkelle das Hirn rausholen wollen.« Sie stand auf und ging aus dem Zimmer. Dann schloss sie ohne ein Wort die Tür und ließ ihn in der Dunkelheit zurück.
     
    Er schlief eine Zeit lang.
    Nachdem er aufgewacht war, begab er sich auf die Suche nach ihr. Das Wohnzimmer war noch dunkel, die Vorhänge zugezogen und das Licht aus. Aber er spürte, dass sie hier war.
    »Licht an.«
    Der Raum wurde in grelles Licht getaucht.
    Kate saß angezogen auf einem Sofa. Auf dem Couchtisch standen eine Flasche mit einer klaren Flüssigkeit und eine kleinere Flasche. Barbiturate und Alkohol. Beide Flaschen waren voll, die Verschlüsse unverletzt. Bei der Spirituose handelte es sich um einen edlen Absinth.
    »Ich hatte schon immer einen guten Geschmack«, sagte sie.
    »Kate…«
    Ihre Augen wirkten wässrig im Licht, und mit den großen Pupillen sah sie richtig kindlich aus. »Schon komisch, nicht wahr? Ich muss mindestens über ein Dutzend Selbstmorde und über noch mehr Selbstmordversuche berichtet haben. Natürlich weiß ich, dass es schnellere Wege gibt als diesen. Ich könnte mir die Pulsadern aufritzen oder die Kehle durchschneiden. Ich könnte mir auch das Gehirn rausblasen, bevor sie es verkorksen. Auf diese Art geht’s langsamer. Wahrscheinlich isses auch schmerzhafter. Aber es ist einfach. Siehst du? Man nippt und schluckt, nippt und schluckt.« Sie lachte freudlos. »Man kriegt sogar einen Schwips.«
    »Das ist nicht dein Ernst…«
    »Nein. Du hast Recht. Ich will es nicht tun. Deshalb brauche ich auch deine Hilfe.«
    Als Antwort nahm er die Flasche und schleuderte sie durchs Zimmer. Sie zerplatzte an der Wand und hinterließ einen effektvollen teuren Fleck.
    Kate seufzte. »Ich besorge mir eben eine neue Pulle. Ich werde es doch tun. Lieber sterbe ich, als dass ich sie an meinem Gehirn rummachen lasse.«
    »Es muss eine andere Möglichkeit geben. Ich werde zu Hiram gehen und ihm sagen…«
    »Ihm was sagen? Dass ich mich umbringen werde, wenn er mich nicht entlastet? Er wird dich auslachen, Bobby. Er will mich vernichten, egal wie.«
    Bobby tigerte im Raum umher. »Dann lass uns abhauen«, sagte er mit einem Anflug von Verzweiflung.
    Sie seufzte. »Sie würden sehen, wie wir den Raum verlassen, und uns verfolgen. Wir wären nicht einmal auf dem Mond frei…«
    Die Stimme schien aus dem Nichts zu ertönen: »Wenn du das glaubst, kannst du gleich Schluss machen.«
    Kate stockte der Atem, und Bobby fuhr herum wie von der Tarantel gestochen. Es war die Stimme einer Frau oder eines Mädchens – auf jeden Fall eine bekannte Stimme. Es schien aber niemand im Raum zu sein.
    »Mary?« fragte Bobby.
    Bobby sah zuerst das freischwebende Gesicht, als sie eine Kapuze zurückschlug. Dann bewegte sie sich vor dem Hintergrund des Raums, und die SmartShroud- Tarnung flog auf. Er erkannte ihre Konturen: Ein schemenhaftes Bein, einFlimmern, wo ihr Rumpf sein musste. Der Anblick hatte diesen vexierbildartigen Fischaugen-Effekt, der für die ersten WurmCam- Bilder charakteristisch war. Geistesabwesend stellte er fest, dass sie proper und gesund wirkte.
    »Wie bist du hier reingekommen?«
    Sie grinste. »Wenn du mitkommst, Kate, zeig ich’s dir.«
    »Mitkommen?« fragte Kate langsam. »Wohin denn?«
    »Und wieso?« erkundigte sich Bobby.
    »Blöde Frage, Bobby«, entgegnete Mary mit einem Anflug der früheren pubertären Rotzigkeit. »Wie Kate schon sagte: Wenn sie nicht die Flatter macht, wird der Typ ihr das Hirn umrühren.«
    »Sie ist nirgends sicher«, sagte Bobby.
    »Richtig«, pflichtete Mary ihm bei. »Wegen der WurmCam. Mich hast du aber auch nicht aufgespürt, seit ich mich vor einem Vierteljahr vom Acker gemacht habe. Du hast mich nicht einmal kommen sehen. Du hättest nie gemerkt, dass ich in der Wohnung bin, wenn ich mich nicht gezeigt hätte. Die WurmCam ist ein mächtiges Werkzeug. Aber sie ist kein Zauberstab. Die Leute sind so

Weitere Kostenlose Bücher