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Das Licht ferner Tage

Das Licht ferner Tage

Titel: Das Licht ferner Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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nicht.
    Sie kamen an einem eindrucksvollen Haus vorbei, bei dem es sich vermutlich um ein umgebautes Geschäft handelte. Die Wände waren durch Glasscheiben ersetzt worden. Beim Blick in die hell erleuchteten Räume sah Bobby, dass auch Böden und Decken transparent waren. Das gleiche galt für die Inneneinrichtung, sogar fürs Badezimmer. Die Bewohner bewegten sich nackt durchs Haus, ohne auf die neugierigen Blicke der Passanten zu achten. Dieses minimalistische Haus war ebenfalls eine Reaktion auf die WurmCam. Zum einen gaben die Bewohner ihren Mitmenschen zu verstehen, dass es ihnen egal war, wer sie anstarrte; zum andern führten sie sich durch diesen Exhibitionismus selbst vor Augen, dass die Privatsphäre nun für immer der Vergangenheit angehörte.
    An der Kreuzung zur Tottenham Court Road lag die Center Point-Ruine: Ein Hochhaus, das schon seit der Einweihung teilweise leergestanden hatte und bei einem Terroranschlag schottischer Separatisten zerstört worden war.
    Hier sollten Bobby und Kate die Kontaktperson treffen.
    Ein flimmernder Schemen stellte sich Bobby in den Weg. Streiflichtartig sah er eine Wärmemaske unter einer zurückgeschlagenen SmartShroud- Kapuzeund eine Hand, die sich ihm entgegenstreckte. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er sich auf die schnelle Morsetechnik des anderen eingestellt hatte.
    … 25. 4712425. Ich bin 4712425. Ich bin…
    Bobby drehte die Hand und erwiderte: Verstanden, 4712425. Ich bin 5650982, der andere 8736540.
    Wenigstens gute Sicht, kam die Antwort. Kommt mit.
    Der Fremde verließ die Hauptstraße und führte sie in ein Gewirr aus Seitenstraßen. Bobby und Kate, die noch immer Hand in Hand gingen, hielten sich am Straßenrand und nach Möglichkeit im Schatten. Sie machten einen Bogen um die Hauseingänge, in denen vor mehrfach verriegelten Türen Bettler hockten.
    Kommst mir bekannt vor, tippte Bobby dem Fremden in die Hand.
    Soviel zu SmartShrouds und den verdammten nutzlosen Nummern, signalisierte die fremde Hand ironisch. Sie meinte damit die anonymen Identifikations-Nummern, die jedes Mitglied des weltweiten informellen Netzwerks von Flüchtlings- Gruppen jeden Tag ändern sollte. Die Nummern wurden auf Anfrage von einer per WurmCam zugänglichen Zentrale vergeben. Gerüchten zufolge handelte es sich um einen quantenmechanischen Zufallsgenerator in einer aufgelassenen Mine in Montana, dessen Kombinationen nicht zu knacken waren.
    Sind sie nicht, signalisierte er.
    Doch. ’nen Arsch wie ein Brauereigaul kann man nicht mal mit ’ner SmartShroud tarnen.
    Bobby unterdrückte ein Lachen. Nun wusste er, dass »4712425« das war, wofür er den Schatten gehalten hatte: Eine Frau in den Sechzigern, mit Rubensfigur und Frohnatur.
    Bist am Stil zu erkennen. Handzeichen-Stil.
    Ja, ja, bestätigte sie. Weiß ich. Muss das ändern.
    Man kann nicht alles ändern.
    Nein. Kann’s aber versuchen.
    Das Handzeichen-Alphabet, bei dem die Fingerspitzen über Handteller und Finger der Empfängerhand strichen, war für Taubstumme entwickelt worden. Die WurmCam- Flüchtlinge hatten diese Art der Verständigung aufgegriffen und ihren speziellen Bedürfnissen angepasst. Zeichensprache mit der hohlen Hand war für einen außenstehenden Beobachter fast nicht zu entziffern.
    Eben nur fast. Keine Technik bot hundertprozentige Sicherheit. Zumal Bobby wusste, dass WurmCam- Beobachter die Möglichkeit hatten, in der Vergangenheit zurückzugehen und ein Objekt beliebig oft, aus jedem Blickwinkel und in jeder Skalierung anzusehen.
    Deshalb mussten die Flüchtlinge es den Schnüfflern aber nicht leichter machen als nötig.
    Bobby hatte aus verschiedenen Kanälen erfahren, dass es sich bei »4712425« um eine Großmutter handelte. Sie war vor ein paar Jahren in Pension gegangen, hatte keine Vorstrafen, war kein Opfer einer Observierung und hatte auch sonst kein Motiv, in den Untergrund zu gehen – was übrigens für die meisten Flüchtlinge galt. Sie wollte nur nicht, dass die Leute sie beobachteten.
    Schließlich brachte »4712425« sie an eine Tür. Mit einer Geste bedeutete sie Bobby und Kate, stehen zu bleiben und die SmartShrouds und Wärmemasken zu richten, damit sie nichts von sich preisgaben.
    Die Tür öffnete sich. Dahinter war nur Dunkelheit.
    Und dann, als letztes Ablenkungsmanöver, berührte »4712425« sie leicht und führte sie weiter die Straße hinunter. Als Bobby sich umdrehte, sah er, wie die Tür sich schloss.
    Nach hundert Metern kamen sie an eine zweite Tür, die sich wie die

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