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Das Licht ferner Tage

Das Licht ferner Tage

Titel: Das Licht ferner Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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lichten Zukunft sein, sagte Bobby sich. In der Praxis lief es darauf hinaus, dass hier ein achtzehnjähriges Mädchen, seine Schwester, mit einem Wurmloch im Kopf da saß.
    Du hast Schiss, signalisierte Mary. Horrorgeschichten. Gruppenbewusstsein. Verlust der Seele. Blabla.
    Teufel, ja.
    Kenne keine Angst. Vielleicht…
    Unvermittelt zog Mary sich von ihm zurück und sprang auf. Bobby griff blindlings nach ihr und bekam noch ihren Kopf zu fassen, doch sie riss sich los, und weg war sie.
    Alle Anwesenden hatten sich synchron bewegt. Es war, als ob ein Vogelschwarm von einem Baum aufstiege.
    Er sah einen Lichtkeil, als die Tür geöffnet wurde.
    Komm, signalisierte Bobby. Er fasste Kate an der Hand, und zusammen mit den anderen eilten sie zur Tür.
    Angst, signalisierte Kate, während sie zum Ausgang hasteten. Du hast Angst. Kalte Hand. Puls rast.
    Er hatte tatsächlich Angst. Nicht etwa, weil sie aufgeflogen waren; solche Situationen hatte er früher schon erlebt, zumal eine Gruppe in einem sicheren Haus wie diesem über ein zuverlässiges WurmCam- Frühwarnsystem verfügte. Nein, vor Entdeckung hatte er keine Angst, nicht einmal davor, in Gefangenschaft zu geraten.
    Es war die simultane Reaktion von Mary und den anderen. Wie ein einziger Organismus. Verbunden.
    Hastig schlüpfte er in seine SmartShroud.

 
4

DIE GROSSMUTTER
     
     
    Im Wurmwerk saß David vor einer großen Wand- SoftScreen.
    Hirams Gesicht schaute ihn an: Ein jüngerer Hiram mit weicheren Gesichtszügen, aber unzweifelhaft Hiram. Im Hintergrund sah man eine düstere städtische Kulisse mit verfallenen Häuserblocks und breiten Straßen. Der Ort wirkte geradezu lebensfeindlich. Das waren die Randbezirke von Birmingham, einer großen Stadt im Herzen Englands, gegen Ende des 20. Jahrhunderts – ein paar Jahre, bevor Hiram diesem im Niedergang befindlichen Land den Rücken gekehrt und nach Amerika ausgewandert war, um dort sein Glück zu suchen.
    David war es gelungen, Michael Mavens’ DNA-Spürgerät mit einem WurmCam- Führungssystem zu koppeln; dieses Kombi-Gerät hatte er fortentwickelt, bis es einen Suchbereich von mehreren Generationen umfasste. Wie es ihm gelungen war, Bobbys Lebenslinie zurückzuverfolgen, hatte er auch Bobbys Vater nachgespürt, dem Urheber von Bobbys DNA.
    Und nun wollte er, von Neugier getrieben, seine eigenen Wurzeln finden – das war die Geschichte, die wirklich zählte.
    In der Dunkelheit des weitläufigen Labors wanderte ein Schatten über die Wand, ohne dass er dessen Quelle erkannt hätte. Er nahm ihn aus dem Augenwinkel wahr und ignorierte ihn.
    Obwohl er wusste, dass es sein Bruder Bobby war. David hatte keine Ahnung, was Bobby hier wollte. Nun, er würde sich bestimmt zu David gesellen, wenn er fertig war.
    David krümmte die Finger um einen Joystick und schob ihn nach vorn.
     
    Hirams Gesicht wurde zusehends jünger und glatter. Der Hintergrund verschwamm zu einem diffusen Wabern, einer stroboskopartigen Abfolge von Tag und Nacht, die mit schemenhaften Gebäuden durchsetzt war. Plötzlich wich dieses Bild einer grau-grünen Ebene: Das Country Fen, wo Hiram aufgewachsen war. Bald bekam Hirams Gesicht einen kindlich unschuldigen Ausdruck und schrumpfte zum Gesicht eines Kleinkinds.
    Auf einmal verschwand das Babygesicht, und das Konterfei einer Frau erschien.
    Die Frau lächelte David an – beziehungsweise jemanden hinter dem unsichtbaren Wurmloch-Blickpunkt, der vor ihren Augen schwebte. Er hatte beschlossen, der Linie der mitochondrischen DNA zu folgen, die unverändert von der Mutter an die Tochter vererbt wurde. Dann musste das seine Großmutter sein. Sie war jung, Mitte Zwanzig – natürlich war sie jung, denn das DNA-Spürgerät hatte in dem Moment, wo sie Hiram empfangen hatte, von ihm zu ihr gewechselt. Gnädigerweise blieb ihm der Anblick erspart, wie seine Großmütter alterten. Sie war eine schöne Frau mit einem Erscheinungsbild, das er für klassisch englisch hielt: Hohe Wangenknochen, blaue Augen und strohblondes Haar, das zu einem straffen Knoten gebunden war.
    Hirams asiatische Ursprünge lagen in der väterlichen Linie. David fragte sich, welche Schwierigkeiten die Liebesaffäre dieser schönen jungen Frau in einer solchen Zeit und an einem solchen Ort wohl aufgeworfen hatten.
    Gleichzeitig spürte er diesen Schatten im Wurmwerk näher kommen.
    Er schob den Joystick nach vorn, und Tag und Nacht wurden wieder in rascher Folge abgespult. Das Gesicht wurde mädchenhaft, und die wechselnden

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