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Das Licht ferner Tage

Das Licht ferner Tage

Titel: Das Licht ferner Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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stabilisieren, die signifikante Intervalle in der Minkowski-Raumzeit überbrücken – und damit meine ich Dutzende von Lichtminuten.«
    Bobby nahm die Hände hoch. »Mal langsam. Eine Licht-Minute ist die Entfernung, die das Licht in einer Minute zurücklegt… richtig?«
    »Ja. Der Planet Saturn ist zum Beispiel ungefähr anderthalb Milliarden Kilometer entfernt. Und das sind etwa achtzig Lichtminuten.«
    »Und wir wollen Saturn sehen.«
    »Natürlich wollen wir das. Wäre es nicht wundervoll, mit einer WurmCam die Tiefen des Weltraums zu erforschen? Das Problem unzuverlässiger Sonden und jahrelanger Missionen hätte sich dann erledigt… Aber die Schwierigkeit besteht darin, dass Wurmlöcher, die so lange Intervalle überbrücken, in der Wahrscheinlichkeits-Brühe des Quantenschaums ausgesprochen selten vorkommen. Und ihre Stabilisierung stellt uns vor Herausforderungen, die viele Größenordnungen höher liegen als die bisherigen. Aber es ist nicht unmöglich.«
    »Wieso ›Intervalle‹ und keine Entfernungen?«
    »Physiker-Fachsprache. Verzeihung. Ein Intervall ist ebenfalls eine Entfernung, aber in der Raumzeit. Das ist Raum plus Zeit. Im Grunde handelt es sich um den Satz des Pythagoras.« Er bekritzelte einen Notizblock. »Angenommen, du gehst in die Stadt. Zuerst ein paar Blocks nach Osten, dann ein paar Blocks nach Norden. Die Entfernung, die du zurückgelegt hast, errechnet sich wie folgt.« Er hielt den Notizblock hoch:
    (Strecke) 2 = (Osten) 2 + (Norden) 2
    »Du bist zwei Seiten eines rechteckigen Dreiecks abgegangen. Das Quadrat der Hypotenuse entspricht der Summe der…«
    »Das ist mir bekannt.«
    »Wir Physiker betrachten Raum und Zeit als eine Einheit, wobei die Zeit eine vierte Koordinate neben den drei Koordinaten des Raums markiert.« Er schrieb wieder etwas auf den Notizblock:
    (Intervall) 2 = (Zeittrennung) 2 - (Raumtrennung) 2
    »Das wird als Maßstab einer Minkowski-Raumzeit bezeichnet. Und…«
    »Du sprichst im selben Atemzug von einer Trennung in der Zeit und einer Trennung im Raum? Die Zeit wird in Minuten gemessen, der Raum aber in Kilometern.«
    David nickte zustimmend. »Gute Frage. Man muss deshalb Einheiten verwenden, in denen Zeit und Raum gleichwertig sind.« Er musterte Bobby, wobei er offensichtlich nach Anzeichen von Verstehen suchte. »Drücken wir es so aus: wenn man die Zeit in Minuten misst und den Raum in Licht-Minuten, dann haut es hin.«
    »Aber ich hätte da noch eine Frage. Wieso steht hier ein Minus- und kein Pluszeichen?«
    David rieb sich die fleischige Nase. »Eine Karte der Raumzeit ist nicht mit einem Stadtplan von Seattle zu vergleichen. Der Maßstab ist so gewählt, dass der Pfad eines Photons – ein lichtschnelles Teilchen – ein Null-Intervall ist. Das Intervall ist deshalb Null, weil die Bedingungen von Raum und Zeit sich aufheben.«
    »Das ist die Relativität. Hat etwas mit Zeitdilatation und dem Zusammenschnurren von Linealen und so zu tun…«
    »Ja.« David klopfte Bobby auf die Schulter. »Ganz genau. Dieser Maßstab ist invariant unter der Lorentz-Transformation… Aber egal. Es geht darum, Bobby, dass ich diese Gleichung anwenden muss, wenn ich in einem relativistischen Universum arbeite – vor allem wenn ich ein Wurmloch bauen will, das bis zum Saturn reicht und darüber hinaus.«
    Bobby betrachtete die simple handschriftliche Gleichung. Während der emotionale Wirbelwind noch in ihm tobte, wurde er von einer kalten Logik durchflossen. Zahlen, Gleichungen und Abbildungen erschienen vor dem geistigen Auge, als ob er von einer Art intellektueller Synästhesie befallen worden wäre. »David«, sagte er langsam, »du willst mir damit sagen, dass Entfernungen im Raum und in der Zeit irgendwie äquivalent sind. Richtig? Deine Wurmlöcher überbrücken Intervalle aus Raumzeit anstatt einfacher Strecken. Und das heißt, wenn es dir gelingt, ein so großes Wurmloch zu stabilisieren, dass es über achtzig Licht-Minuten den Saturn erreicht…«
    »Ja?«
    »Dann würde es achtzig Minuten überbrücken. Ich meine, durch die Zeit.« Er starrte David an. »Oder rede ich nur Blödsinn?«
    David saß für eine Weile schweigend da.
    »Mein Gott«, sagte er dann, »auf diese Idee bin ich überhaupt nicht gekommen. Ich hatte das Wurmloch für die Überbrückung eines raumartigen Intervalls konfiguriert, ohne diese Möglichkeit zu bedenken.« Fieberhaft tippte er auf die SoftScreen. »Ich werde es gleich von hier aus rekonfigurieren. Wenn ich das raumartige

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