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Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Titel: Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Plaschka
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hervorzubrechen.
    Und weil er nicht wusste, was dann geschehen würde, hob er die Arme und griff mit seinem Geist in die Wolken hinein; versuchte, sie daran zu hindern. Mit all seiner neuen Macht griff er zu – und einen Moment, in dem sie miteinander rangen, glaubte er tatsächlich, er könnte gewinnen.
    Die Wolken über der Ebene brodelten auf. Dann glommen sie mit der eisigen Helligkeit von Sonnenschein auf einem Gletscher, bis sie an ihrer eigenen Glut zu zerbersten drohten. Ein einzelner Lichtstrahl, zart wie Spinnenseide, fiel durch den Riss, dann warenes zwei, dann klafften die Wolken weit auf, und Bündel elfenbeinernen Lichts fuhren tausendfach herab und wanderten über die Welt, als wollten sie ihre Form mit den Fingern ertasten.
    Sarik taumelte zurück.
    ICH BIN DAS LICHT HINTER DEN WOLKEN, sagte die Stimme, DIE SONNE JENSEITS DER NACHT – ICH BIN DER anBEGINN DER NEUEN ZEIT
    Das Licht liebkoste die Ebene, und selbst die verwundeten und verzweifelten Krieger des Kaisers standen wie vom Schlag gerührt, um die Schönheit des Schauspiels in sich aufzunehmen.
    Aus den Augenwinkeln sah Sarik, dass auch April erwacht war. Er ging zu ihr und half ihr auf. Sie blickte mit großen Augen an sich herab und bewegte zaghaft ihre rechte Hand, als hätte sie sich verletzt. Dann schloss sie Sarik fest in die Arme. Blinzelnd, verängstigt ließ sie den Blick über die Ebene schweifen, während sie langsam zum Steinkreis zurückwichen.
    Das Licht füllte die Ebene nun aus wie ein kaltes Meer, und jeden Moment würde dieses Meer erstarren und sie für immer unter seinem Eisesglanz begraben.
    »Du musst ihm helfen«, sagte April.
    »Was?«, fragte Sarik. »Wem muss ich helfen?«
    »Schneeweiß«, sagte April. »Spürst du es nicht? Es hat große Angst.«

    Ich habe dich gefunden, dachte das Irrlicht. Es klammerte sich an die Figur des Zauberers in den Hallen des Schicksals wie ein Kind an sein Spielzeug, während draußen die Wesenheiten gegen die Tore brandeten. Eine Weile hatte es nach sich selbst gesucht, doch vergebens. Wir waren verloren, als wir uns das erste Mal trafen, du und ich. Erinnerst du dich jetzt wieder?
    Du kamst im Blauen Wald zu mir, antwortete Sarik, als das Wissen zu ihm zurückkehrte. Nachdem Korianthe den Bann auf mich legte. Ich dachte, dass du schon immer dort warst. Nein. Es war immer dein Wald. Ich war dir so dankbar, als du mich einließest.
    Das Irrlicht sandte Sarik eine schnelle Flut von Bildern: die Ausweglosigkeit eines tiefen Waldes, verstörende Eindrücke einer alten Einheit, die zersprang, die Erinnerung an eine übermächtige Gefahr – und an das Dunkel.
    Da waren zwei , dachte es. Zwei von uns: Dunkel und Licht.
    Zeig mir, was damals geschah, dachte Sarik und sank langsam zu Boden.
    Und während die Bilder auf ihn einprasselten wie Regen, begann er sie zusammenzusetzen, mit demselben Geschick, mit dem er die einzelnen Tropfen eines Sturms befehligte.

    Es sind zwei, die damals vor dem Hass der Mächtigen fliehen. Einst waren sie eins, doch der Eine wurde besiegt, und nun sind sie getrennt: Das Dunkel ist Wille und Ehrgeiz und Zorn; das Licht ist Liebe und Mitleid und Furcht. Die Verfolger lassen nicht von ihnen ab, es bleibt wenig Zeit, und sie müssen sich ein Versteck wählen.
    Das Dunkel beschließt, sich im Leben selbst zu verstecken. Es zerschlägt sich, ein ums andere Mal, und fährt in die Tiere des Waldes ein.
    Das Licht ist entsetzt. Es muss ebenfalls zerbrechen, doch auf keinen Fall will es denselben Weg wie das Dunkel beschreiten. So wird es selbst zu Leben, obgleich zu einer eigenartigen Form von Leben. Im Gegensatz zum Dunkel aber ist es sich in seiner einsamen Vielfalt nicht genug – es sehnt sich nach der Gesellschaft von einem, der einst sein Freund war.

    Ich verstehe, dachte Sarik. Du bist es – das letzte Stück, das noch fehlt.
    Du bist das Licht.
    Ich habe lange gesucht, dachte das Irrlicht. Und dich gefunden.
    Jahrhundertelang hatte es sich bei ihm versteckt; all die anderen Irrlichter im Blauen Wald waren nur Facetten, Spiegelbilder seiner selbst. Sarik dachte daran, wie es ihn erst von seiner Reise hatte abbringen wollen und ihm dann doch immer den Weg gewiesen hatte. Wie Zeona es harsch abwies, und es jede Begegnung mit Korianthe vermied; und wie es Ycille und ihn aus der Finsternis geführt hatte.
    Du warst immer ein guter Freund, dachte Sarik.
    Mein einziger , dachte das Irrlicht, und ich liebe dich.
    Ein Beben erschütterte die Tore, sodass die Figuren

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