Das Licht in Buddhas Spiegel - Neal Carey 2
zurück. Wu schwitzte.
»Fragen Sie ihn«, sagte Neal, »ob wir den Scheiß lassen und zum Punkt kommen können.«
Er sah Peng bei »Scheiß« zusammenzucken.
»Mr. Frazier schlägt vor, daß wir die höfliche Eingangskonversation abbrechen und uns substantielleren Themen zuwenden.«
»›Scheiß‹? Hat er ›Scheiß‹ gesagt?«
»Ja.«
Peng gab sich keine Mühe, seinen Ärger zu verbergen. Er paffte seine Zigarette und bellte eine Antwort.
»Mr. Peng glaubt, Ihre Müdigkeit und Ihr gesundheitlicher Zustand ermöglichen es Ihnen nicht, sich angemessen zu verhalten.«
»Er hat mich ein Arschloch genannt, richtig?«
»Nah dran.«
»Bitte sagen Sie ihm, daß ich mich freue, mir seinen weisen Rat anzuhören, und darauf brenne, von seinen Kommentaren zu lernen.«
Neal sah Peng an, während Wu übersetzte. Du weißt, wann du verarscht wirst, dachte Neal, und es ist dir egal.
Peng explodierte stückweise und er ließ Wu Zeit, zu übersetzen.
»Mr. Pengs Vorgesetzte sind sich darüber im klaren, daß Ihr Leben in Gefahr war, Gefahr – wie Sie wissen – aus der Sie die Volksrepublik gerettet hat. Sie wissen auch, daß diese Gefahr teilweise auf Ihr eigenes Verschulden zurückzuführen ist, da Sie sich leider mit Dingen beschäftigt haben, die Sie nichts angehen.«
Ganz im Gegenteil, Mr. Peng, sie gehen mich sehr wohl etwas an.
»Ihnen ist ebenfalls bewußt, daß Sie nicht für die Geheimdienste Ihres Landes arbeiten. Andernfalls wäre eine gänzlich andere Situation eingetreten.«
Jetzt kommt es. Jetzt fragt er nach Simms.
Peng nahm einen Schluck Tee, dann machte er weiter.
»Die Volksrepublik möchte Sie so bald wie möglich nach Hause reisen lassen.«
Wie möglich.
»Das bedingt jedoch einige Sicherheitsvorkehrungen.«
Mit denen ihr sehr gründlich seid, insbesondere, was eure ausländischen Gäste angeht.
»Wie die Reinigung Ihrer Identität.«
Die Reinigung meiner Identität? Was soll das denn heißen? Muß meine Identität sich dreimal bekreuzigen und 58 Ave-Marias beten?
»Warum?« fragte Neal.
»Mr. Peng würde es bevorzugen, nicht unterbrochen zu werden.«
»Warum?«
Peng seufzte und redete mit Wu, der seinerseits mit Neal redete. Wie »Stille Post« auf einer Party.
»Mr. Neal Carey hat für große Aufregung gesorgt«, erklärte Wu zögerlich, »und wir können nicht zulassen, daß dieser Aufruhr mit der Volksrepublik in Verbindung gebracht wird. Das wäre unangenehm für uns und gefährlich für Sie, denn einige Ihrer Feinde würden Sie nur zu gern aufspüren und töten. Mr. William Frazier hingegen hat niemals so einen Aufruhr verursacht.«
Netter Kerl, dieser Mr. Frazier.
»Okay… und?«
»Vielleicht ist es unter den gegebenen Umständen besser, die Leute glauben zu lassen, daß Mr. Carey in den Elendsvierteln des kapitalistischen Hongkong ums Leben gekommen ist. Deswegen werden Sie die Identität von Mr. Frazier annehmen. Mr. Frazier ist ein Kanadier, der für seine Firma das touristische Potential Szechuans überprüft.«
Alles klar.
»Und dann?«
»Wenn Sie damit fertig sind, fahren Sie nach Hause.«
»Wo ist ›zu Hause‹?«
»Wir haben Ihnen ein Ticket nach Vancouver gekauft. Danach ist es Ihre Entscheidung.«
Das ist die größte Hühnerkacke, die ich bei diesem Hühnerkacke-Job bisher gehört habe.
»Warum fliege ich nicht morgen? Warum muß ich mich erst umsehen?«
Peng war gut.
»Wir möchten eine starke Identität für Sie etablieren. Das ist sicherer.«
Jungs, Jungs, Jungs. Ich belüge mein halbes Leben lang Leute, also weiß ich wirklich, wenn mir so was passiert. Was wollt ihr von mir? Wer oder was ist in Szechuan, das ich sehen soll? Oder mich sehen soll?
»Wie lange werden meine Recherchen noch dauern?« fragte Neal.
»Vielleicht einen Monat.«
Einen Monat auf dem Präsentierteller, dachte Neal. Sie gehen fischen, und du bist der Köder. Tja, du schuldest ihnen was, und außerdem, was hast du schon für eine Alternative? Vielleicht ist es auch gar kein »was«, das er sehen sollte. Vielleicht ist es ein »wer«.
Vielleicht ist es Li Lan.
»Wann fange ich an?« fragte er.
Wu grinste erleichtert. Peng gab sich mit einem schmalen Lächeln und einem Zug an seiner Zigarette zufrieden. Dann sprach er mit Wu.
»Fühlen Sie sich gut genug, morgen anzufangen?«
»Fuck, ja.«
»Er sagt, gesundheitlich gehe es ihm schon wesentlich besser.«
Fuck, ja.
14
Chengdu ist das New Orleans Chinas.
In den Staaten geht man nach New York, wenn man
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