Das Licht Von Atlantis
zu benutzen.« Er sprach mit einer kalten Ironie, die ganz neu an ihm war.
An Domaris war sie verschwendet. Sie fuhr sich mit den Händen an die Kehle. »Dann - ist ihr Kind - nicht - nicht das Monstrum, das sie fürchtet?« flüsterte sie schwach.
»Nein.« Rajastas Gesicht wurde weicher. »Hätte Riveda es nur gewusst!« wiederholte er. »Er starb in dem Glauben, er habe das Kind bei seiner schändlichen Zauberei gezeugt -«
»Das war ja auch seine Absicht.« Domaris' Augen waren kalt und erbarmungslos. »Die Menschen leiden für ihre Absichten, nicht für ihre Taten.«
»Und für seine Absichten wird er bezahlen«, gab Rajasta zurück. »Deine Flüche können seiner Bürde nichts hinzufügen.«
»Ebenso wenig kann meine Verzeihung sie ihm erleichtern«, erklärte Domaris unbeugsam - aber die Tränen rannen ihr langsam über die Wangen. »Trotzdem - wenn dies Wissen ihm den Tod erleichtert hätte -«
Freundlich drückte Rajasta ihr die Schriftrolle in die Hand. »Deoris lebt«, erinnert er sie. »Wo Riveda jetzt auch sein mag, Domaris, für ihn, der die Kräfte des Lebens mit allem, was gut an ihm war, so anbetete, dass er sich einmal in Ehrfurcht vor dir verneigte, muss es die grausamste aller Höllen sein, dass Deoris sein Kind hasst. Sie, die Priesterin Caratras gewesen ist, quält sich, indem sie ihren Körper bandagiert, bis zu fürchten ist, dass ihr Kind als Krüppel oder Schlimmeres geboren werden wird!«
Domaris konnte ihn nur sprachlos anstarren. Woher wusste Rajasta das nur?
»Hast du geglaubt, ich wisse das nicht?« fragte Rajasta gütig. »Geh nun und nimm ihr diese Rolle mit, Domaris - jetzt hat sie keinen Grund mehr, ihr Kind zu hassen.«
Mit rauschender weißer Robe näherte sich Rajasta dem harten Strohsack, auf dem in einem kleinen, kalten Raum, so kahl wie eine Zelle, ein Mann lag. »Friede, jüngerer Bruder«, sagte er - und wehrte schnell ab: »Nein, versuche nicht, dich aufzurichten!«
»Er ist heute schon kräftiger«, bemerkte Cadamiri von seinem Platz an dem schmalen Fenster. »Und er will dir, wie es scheint, unbedingt etwas sagen.«
Rajasta nickte, und Cadamiri zog sich aus der Zelle zurück. Der Priester des Lichts ließ sich auf dem freigewordenen Sitz nieder und betrachtete den Mann, der einmal Rivedas Chela gewesen war. Die lange Krankheit hatte den Atlanter furchtbar abmagern lassen - aber Cadamiris Versicherung, dass Reio-ta von Ahtarrath geistig ebenso gesund war wie der Wächter selbst, bestätigte sich Rajasta sofort.
Jetzt, wo Wahnsinn und Leere aus seinem Gesicht verschwunden waren, sah er ernst und entschlossen aus, und an seinen bernsteinfarbenen Augen konnte man erkennen, dass er durchaus intelligent war. Das Haar war ihm während seiner Krankheit abrasiert worden und als weicher, dunkler Flaum nachgewachsen. Mann hatte ihn die Kleidung eines Priesters zweiten Grades angelegt. Rajasta wusste, dass Reio-ta vierundzwanzig war, doch er wirkte viele Jahre jünger.
Der Priester des Lichts brachte es nicht fertig, anders als gütig mit ihm zu sprechen. »Mein jüngerer Bruder, niemand darf zur Rechenschaft gezogen werden für etwas, das er getan hat, während er seiner Seele beraubt war.«
»Du bist sehr freundlich«, antwortete Reio-ta zögernd. Seine Stimme hatte dadurch, dass er jahrelang kaum gesprochen hatte, ihren Klang verloren, und er sollte ein leichtes Stottern nie mehr ganz verlieren. »Aber ich habe - schon vorher - Unrecht getan.« Noch zitteriger setzte er hinzu: »Ich hatte - meine Seele - verloren, als ob sie - ein Spielzeug wäre -«
Rajasta bemerkte das Flackern in seinen Augen und fiel mit milder Strenge ein: »Still, mein Sohn, du willst doch nicht wieder krank werden. Cadamiri berichtete mir, dass du mir unbedingt etwas sagen willst. Du musst mir aber versprechen, dass du dich dabei nicht zu sehr aufregst -«
Gehorsam ließ sich Reio-ta auf den Strohsack zurücksinken. »Cadamiri hat mich über vieles informiert - tadle ihn nicht dafür, Wächter. Ich hätte den Verstand von neuem verloren, wäre mir vorenthalten worden, was sich ereignet hat! Ich weiß, dass Ri-Riveda tot ist und dass Nadastor und andere ergriffen und erschlagen wurden, aber - aber du kennst noch nicht alle Schwarzmäntel, Herr. Ri-Ri-Riveda hat niemals zu ihnen gehört, zu den Schwarzmänteln. Er suchte ihre Hilfe nur, um das Leben des Mädchens zu retten - er gehörte nicht zu ihnen - , obwohl er kühner war als sie! Er war zu stolz, er arbeitete bis zum Schluss allein!
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