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Das Licht Von Atlantis

Das Licht Von Atlantis

Titel: Das Licht Von Atlantis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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den Füßen und tanzten ziellos im Abendwind. Micon schritt langsam über den Steinweg. Nahe beim Springbrunnen blieb er stehen, da sprang plötzlich ein lauernder Schatten geräuschlos auf ihn zu.
    »Micon!« Es war ein herzzerreißendes Flüstern. Der Schatten stürzte vorwärts, und Micon hörte jemanden schwer atmen.
    »Reio-ta, bist du das?«
    Die Gestalt senkte den Kopf und sank demütig auf die Knie. »Micon... mein Fürst!«
    »Mein Bruder«, erwiderte Micon und wartete.
    Das glatte Gesicht des Chela wirkte im Mondlicht recht alt; niemand hätte geglaubt, dass er jünger war als Micon. Möglicherweise hätte Micon, wäre er nicht blind gewesen, Reio-ta gar nicht wiedererkannt.
    »Man hat mich betrogen!« stieß der Chela hervor. »Man hat mir geschworen, du würdest unverletzt freigelassen! Micon -« ihm brach die Stimme vor Qual. »Verdamme mich nicht! Ich habe mich ihnen nicht aus Feigheit unterworfen!«
    Micon sprach mit der Müdigkeit toter Zeitalter. »Es ist nicht an mir, dich zu verdammen. Andere werden es tun, und zwar gnadenlos.«
    »Ich - ich konnte nicht ertragen, dass - es war nicht für mich selbst! Ich wollte, dass sie aufhörten, dich zu foltern, ich wollte dich retten -«
    Zum erstenmal schwang in Micons beherrschter Stimme Zorn mit. »Habe ich um Leben aus deiner Hand gebeten? Hätte ich je meine Freiheit um einen solchen Preis erkauft? Damit einer, der weiß, was du weißt, sein Wissen zu spiritueller Hurerei verwenden kann? Und du wagst zu sagen, es sei um meinetwillen geschehen? « Seine Stimme bebte. »Vielleicht hätte ich es verziehen, wenn du unter der Folter zusammengebrochen wärst!«
    Der Chela wich zurück. »Mein Fürst, mein Bruder, verzeih mir!« flehte er.
    Micons Mund war in dem blassen Licht nur noch eine strenge Linie. »Meine Gnade kann dir das Schicksal, das auf dich wartet, nicht erleichtern. Ebenso wenig könnten meine Flüche es erschweren. Aber ich hege keinen Groll gegen dich, Reio-ta. Du hast Furchtbares auf dich herabbeschworen. Mögest du nicht mehr ernten, als du gesät hast...«
    »Ich« - Der Chela, der immer noch vor Micon am Boden lag, rückte ein Stückchen näher. »Ich könnte darum kämpfen, unsere Macht würdig zu bewahren...«
    Micon stand hoch aufgerichtet und unbeweglich da. »Diese Aufgabe wird nicht dir zufallen, jetzt nicht mehr.« Er hielt inne, und in der Stille plätscherte und sprudelte der Springbrunnen hinter ihnen. »Bruder, hab keine Angst: Du wirst unser Haus nicht zweimal verraten!«
    Die Gestalt zu Micons Füßen stöhnte, wandte das Gesicht ab und verbarg es in den Händen.
    Unerbittlich fuhr Micon fort: »Soviel kann ich verhindern! Nein - sag kein Wort mehr darüber! Du weißt, dass du unsere Kräfte nicht zu benutzen vermagst, solange ich lebe - und ich kämpfe gegen den Tod, bis ich sicher bin, dass du unser Geschlecht nicht mehr erniedrigen kannst! Wenn du mich nicht hier und jetzt tötest, wird mein Sohn die Macht erben, die ich in Händen halte!«
    Reio-ta duckte sich noch tiefer, bis sein faltiges Gesicht auf Micons Sandalen ruhte. »Mein Fürst - ich wusste es nicht -«
    Micon lächelte schwach. »Du wusstest es nicht?« wiederholte er. »Ich verzeihe es dir - auch, dass ich nicht mehr sehen kann. Aber deinen Abfall von den heiligen Vorschriften kann ich nicht entschuldigen, denn damit hast du eine Entwicklung in Gang gesetzt, deren Folgen du tragen musst; du wirst für immer unvollkommen bleiben. Ab jetzt wirst du dich nicht mehr weiterentwickeln. Mein Bruder«, seine Stimme wurde weicher. »Ich liebe dich immer noch, aber hier trennen sich unsere Wege. Nun geh - bevor du mir das bisschen Kraft raubst, das noch in mir ist. Geh oder beende auf der Stelle mein Leben, nimm dir die Macht und versuche, sie zu behalten. Doch dazu wirst du nicht imstande sein! Du bist nicht fähig, die Gewalt des Sturms, die tiefen Kräfte von Erde und Himmel zu meistern - und wirst es auch niemals vermögen! Geh!«
    Reio-ta stöhnte verzweifelt auf und umklammerte Micons Knie.
    »Ich kann es nicht ertragen, dass -«
    »Geh!« sagte Micon noch einmal, streng und fest. »Geh, solange ich dein Schicksal vielleicht aufhalten kann, wie ich mein eigenes aufhalte. Mach wieder gut, soviel du kannst.«
    »Ich kann die Schwere meiner Schuld nicht tragen...« Die Stimme des Chela klang gebrochen und wirkte trauriger, als wenn er geweint hätte. »Sag nur ein freundliches Wort zu mir - damit ich weiß, du erinnerst dich, dass wir einmal Brüder waren...«
    »Du

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