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Das Licht von Shambala

Das Licht von Shambala

Titel: Das Licht von Shambala Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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sicherte.
    Die rostigen Scharniere krächzten, als die Tür aufschwang. Der beißende Geruch verstärkte sich schlagartig, und der flackernde Schein der Fackeln fiel auf hölzerne Regale, die sich in schwarzer Dunkelheit verloren. Aus dieser Finsternis starrte den Besuchern etwas entgegen, das so grässlich war, dass es Sarah Kincaid einen gellenden Schrei entlockte.
    Ein bleicher Schädel, aus dessen hoher Stirn eine einzige leere Augenhöhle starrte ...
     
    »La! La! Tawaqqif ...! 22 «
    Mit einem Aufschrei fuhr Ammon el-Hakim aus dem nur Sekunden währenden Schlaf, in den er gefallen war, während er am Lagerfeuer gesessen und in die züngelnden Flammen gestarrt hatte. Ufuk, der unterwegs gewesen war, um Brennholz zu sammeln, war sofort bei ihm.
    »Meister! Was habt Ihr?«
    Der Widerschein der Flammen spiegelte sich in den blicklosen Augen des Alten und warf geisterhafte Schatten auf sein faltenzerfurchtes Gesicht. Und obwohl er blind war, hatte es den Anschein, als hätte er etwas gesehen, das ihn zu Tode erschreckt hatte ...
    »Etwas ist geschehen«, hauchte er flüsternd, während seine knochigen Hände nach denen des Jungen tasteten. Obwohl der Weise nahe am Feuer saß, waren sie kalt wie die eines Toten. »Etwas Schreckliches ...«
    »W-wovon sprecht Ihr, Meister?«, fragte Ufuk verwirrt.
    »Sie sind hier! Schon die ganze Zeit über ... habe es nicht bemerkt ...«
    »Meister!« Ufuk schüttelte verständnislos den Kopf. Den Weisen so zu sehen machte ihm Angst. Schon häufig hatte er um die Gesundheit des Alten gefürchtet, aber noch niemals so sehr wie in diesem Moment. Ammons leerer Blick war weiter auf die Flammen gerichtet, seine Gesichtszüge von Furcht verzerrt.
    »Sohn«, stöhnte er, »ich bin ein Narr gewesen. Hätte Sarah warnen müssen ... nun schwebt sie in großer Gefahr!«
    »Was kann ich tun? Meister, bitte sagt mir, wie ich helfen kann!«
    Der Alte wandte den Blick vom Feuer, und es hatte den Anschein, als hätten die lodernden Flammen seine Augen in glühende Kohlen verwandelt. »Du musst zu ihr, Junge«, ächzte er. »Du musst zu ihr gehen und sie warnen!«
    »Wovor?«
    »Vor den Schatten«, entgegnete Ammon mit einer Stimme, die einen Hauch von Wahnsinn erkennen ließ. »Sie sind bereits hier. Überall ...«
    Er drehte den Kopf, als wollte er in das umgebende Unterholz spähen, und hätte Ufuk es nicht besser gewusst, hätte er gesagt, dass sein Meister sie alle getäuscht hatte und er in Wahrheit noch immer sehen konnte. »Du musst gleich aufbrechen«, drängte er den Jungen, »sofort, hörst du?«
    »Aber ich muss doch bei Euch bleiben ...«
    »Kümmere dich nicht um mich!«, erwiderte der Alte barsch. »Lady Kincaid ist es, um die du dich sorgen musst. Die Aufgabe, die ihr das Schicksal zugedacht hat, ist größer als die meine. Also geh! Jetzt gleich!«
    »J-ja, Meister.«
    Nur widerwillig erklärte sich der Junge einverstanden. Nicht so sehr, weil es ihn graute, in das dunkle Loch zu steigen, in dem Sarah Kincaid und ihre beiden Begleiter vor mehr als vier Stunden verschwunden waren, sondern weil er den alten Ammon nicht allein lassen wollte. Die russischen Gräber, die sie in Inkerman angeheuert hatten, mochten fleißig und arbeitsam sein, aber durfte er seinen Meister ihrer Obhut überlassen? Einige von ihnen schliefen, die übrigen saßen am anderen Lagerfeuer und würfelten. Vielleicht war es besser, wenn er einen der Vormänner bat, ein Auge auf el-Hakim ...
    »Geh schon! Worauf wartest du?«, zischte der Alte mit einer Strenge, die Ufuk nicht von ihm gewohnt war. »Geh zu ihr und warne sie. Sage ihr, dass sie rasch zurückkehren soll. Unser Vorhaben ist nicht länger unentdeckt, der Feind ist ganz in der Nähe.«
    Wie von einer Giftschlange gebissen, schoss der Junge in die Höhe. So aufgebracht hatte er seinen Meister noch nie erlebt. »Naram, ya hadjdji«, stammelte er und fuhr herum, um zum Einstieg zu eilen - aber er kam nicht weit.
    Noch während er sich umwandte, sah er über sich etwas aufblitzen. Instinktiv riss er die Arme empor, um sich zu schützen, aber es war zu spät. Der Kolben des Repetiergewehrs traf ihn an der Schläfe.
    Ufuk fühlte sengenden Schmerz, der im Bruchteil eines Augenblicks von seinem Schädel in die Beine zuckte und ihn zu Boden schickte. Benommen landete er im Morast, während er hinter sich den alten Ammon rufen hörte.
    »Ufuk? Bist du das ...?«
    Er wollte antworten, aber er konnte nicht. Zu übermächtig war der Schmerz, zu groß die

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