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Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)

Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition)

Titel: Das Licht zwischen den Meeren: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. L. Stedman
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als er erfuhr, dass auch noch Alfie gefallen war, hat er fast den Verstand verloren. Lange Zeit wollte er es nicht glauben und sagte, so etwas könne einfach nicht geschehen. Monatelang hat er hierhin und dorthin geschrieben, fest entschlossen, eine Verwechslung nachzuweisen. In gewisser Weise war ich froh darüber und stolz auf ihn, dass er die Nachricht nicht ohne Weiteres hinnehmen wollte. Allerdings gab es hier viele Leute, die mehr als einen Sohn verloren haben. Ich wusste, dass es stimmte. Und irgendwann waren seine Kraft und sein Lebensmut zu Ende.« Sie holte Luft. »Aber inzwischen …«, sie blickte mit einem seligen Lächeln auf, »ist er wieder wie früher, und das haben wir nur Lucy zu verdanken. Ich wette, deine kleine Tochter bedeutet Bill genauso viel wie dir. Sie hat ihm die Welt zurückgegeben.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste Tom auf die Wange. »Danke.«
    Während die Frauen nach dem Mittagessen das Geschirr spülten, saß Tom mit Lucy draußen im Schatten auf dem Rasen. Sie lief hin und her und kehrte immer wieder zurück, um ihn abzuküssen. »Herrje, danke, Kleines!«, rief er aus und lachte. »Friss mich nicht auf.« Sie blickte ihn aus Augen an, die stets die seinen suchten wie einen Spiegel, bis er sie an sich zog und sie kitzelte.
    »Ach, der Bilderbuchvater!«, ertönte eine Stimme hinter ihm. Tom drehte sich um und stellte fest, dass sein Schwiegervater auf ihn zukam.
    »Ich wollte mal schauen, wie du klarkommst. Viv fand immer, dass ich ein Händchen für unsere drei hatte.« Bei den letzten Worten huschte ein Schatten über sein Gesicht. Im nächsten Moment hatte er sich wieder gefasst und streckte die Arme aus. »Komm zu Opa. Komm und zieh ihn am Bart. Ach, meine kleine Prinzessin!«
    Lucy tapste auf ihn zu und hielt ihm die Hände hin. »Also rauf mit dir«, sagte er und hob sie hoch. Sofort griff sie nach seiner Uhrkette und holte die Uhr aus der Westentasche.
    »Willst du wissen, wie spät es ist? Schon wieder?«, fragte Bill, lachte, klappte feierlich das goldene Gehäuse auf und zeigte ihr das Zifferblatt. Sofort schloss sie es und forderte, dass er es wieder öffnete. »Für Violet ist es schwierig«, meinte er zu Tom.
    Tom stand auf und klopfte sich das Gras von der Hose. »Was gibt es, Bill?«
    »Dass Isabel so weit weg ist, und jetzt auch noch die Kleine …« Er hielt inne. »Es muss doch möglich sein, eine Stelle in Partageuse zu finden. Schließlich hast du studiert, Herrgott …«
    Tom trat beklommen von einem Fuß auf den anderen.
    »Oh, ich kenne den Spruch – einmal Leuchtturmwärter, immer Leuchtturmwärter.«
    »So heißt es wenigstens«, erwiderte Tom.
    »Und stimmt es?«
    »Mehr oder weniger.«
    »Aber du könntest kündigen, wenn du wirklich wolltest?«
    Tom überlegte, bevor er antwortete. »Bill, ein Mann könnte seine Frau verlassen, wenn er wirklich wollte. Dadurch wird es nicht richtiger.«
    Bill sah ihn zweifelnd an.
    »Es wäre nicht fair, sich ausbilden zu lassen, Berufserfahrung zu sammeln und sich dann aus dem Staub zu machen. Außerdem gewöhnt man sich daran.« Nachdenklich schaute er zum Himmel. »Ich gehöre dorthin. Und Isabel ist glücklich.«
    Das Kind streckte die Arme nach Tom aus, der es sofort auf seine Hüfte setzte.
    »Aber pass gut auf meine Mädchen auf. Ich verlasse mich auf dich.«
    »Ich tue mein Bestes. Ehrenwort.«
    Am ersten Weihnachtsfeiertag war das Kirchenfest ein wichtiges Ereignis in Partageuse. Die Zusammenkunft von Einwohnern der Stadt und der näheren Umgebung hatte sich schon vor langer Zeit eingebürgert, angeregt von einem geschäftstüchtigen Menschen, der Vorteile darin gesehen hatte, eine Wohltätigkeitsveranstaltung an einem Tag abzuhalten, an dem sich niemand unter dem Vorwand, zur Arbeit zu müssen, drücken konnte – und an dem auch niemand eine Ausrede hatte, nicht großzügig zu sein.
    Neben dem Verkauf von Kuchen, Bonbons und Marmeladengläsern, die gelegentlich in der sengenden Sonne barsten, war die Veranstaltung für Wettkämpfe sportlicher und anderer Natur berühmt: Eierlauf, dreibeiniger Wettlauf, Sackhüpfen – all das war an diesem Tag im Angebot. Auch die Wurfbude erfreute sich großer Beliebtheit. Nur die Schießbude war nach dem Krieg abgeschafft worden, da sie wegen der neu erworbenen Treffsicherheit der einheimischen Männer zum Verlustgeschäft geworden war.
    Jeder konnte mitmachen, ja, es wurde sogar erwartet. Die Familien genossen den Tag, an dem Frikadellen und

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