Das Liebesleben der Hyäne
vorstellen, wie gut ich seither schlafe«, sagte Larry. »Und ich kann auch viel besser auf meine Umgebung eingehen.«
»Meinst du, jeder sollte es damit versuchen?« fragte Debra.
»Na ja, das ist schwer zu sagen. Aber für mich wirkt es jedenfalls Wunder.«
»Ich gebe eine Halloween-Party, Henry. Es werden alle möglichen Leute kommen. Wie wär’s, wenn du auch kommst? Was meinst du, als was er kommen sollte, Larry?«
Beide musterten mich jetzt von Kopf bis Fuß.
»Tja, ich weiß nicht«, sagte Larry. »Wirklich, mir fällt nichts ein. Vielleicht als …? Ach nein … ich glaube nicht …«
Die Türglocke machte »bing-bong«, und Debra ging hin und öffnete. Noch ein Homo, diesmal mit Hemd. Vor dem Gesicht hatte er eine Wolfsmaske, aus deren Maul eine lange Gummizunge heraushing. Er wirkte gereizt und deprimiert.
»Vincent, das ist Henry. Henry … Vincent.«
Vincent ignorierte mich. Er stand einfach da, mit seiner raushängenden Gummizunge. »Ich hatte einen schauderhaften Tag. Ich halte diesen Job nicht mehr aus. Ich glaube, ich werde kündigen.«
»Aber Vincent, was willst du denn dann machen?« fragte ihn Debra.
»Ich weiß nicht. Aber ich könnte alles mögliche machen. Ich brauche denen ihre Scheiße nicht zu schlucken!«
»Du kommst doch zu meiner Party, nicht?«
»Natürlich. Ich bereite mich schon seit Tagen darauf vor.«
»Hast du auch deinen Text für unser Stück auswendig gelernt?«
»Ja, aber ich finde, diesmal sollten wir erst das Stück aufführen und dann unsere Spiele machen. Letztes Jahr waren wir alle schon so geschafft, daß wir dem Stück nicht mehr gerecht wurden.«
»Also gut, Vincent, dann machen wir es so.«
Vincent drehte sich um und ging mit seiner Gummizunge aus der Tür.
Larry stand auf. »Tja, ich muß jetzt auch wieder los. War nett, Sie kennenzulernen«, sagte er zu mir.
»All right, Larry.«
Wir schüttelten uns die Hand, und Larry ging durch die Küche nach hinten zu seinem Haus.
»Larry hat mir schon sehr viel geholfen. Er ist ein guter Nachbar. Ich bin froh, daß du so nett zu ihm gewesen bist.«
»Er war ganz in Ordnung. Außerdem war er schon vor mir da.«
»Wir haben nichts miteinander.«
»Wir beide auch nicht.«
»Du weißt schon, was ich meine.«
»Ich geh mal los und hol uns noch was zu trinken.«
»Henry, ich hab genug da. Ich wußte doch, daß du kommst.«
Debra goß unsere Gläser wieder voll. Ich sah sie mir an. Sie war jung, aber sie sah aus wie eine aus den dreißiger Jahren. Sie trug einen schwarzen Rock, der bis zu den Waden reichte, schwarze Stöckelschuhe, eine hochgeschlossene weiße Bluse, eine Halskette, Ohrringe, Armreifen, und sie benutzte eine Menge Lippenstift, Rouge und Parfüm. Sie war gut gebaut, Busen und Hintern konnten sich sehen lassen, und sie brachte beides vorteilhaft zur Geltung, wenn sie sich bewegte. Sie zündete sich eine Zigarette nach der anderen an. Überall lagen lippenstiftverschmierte Kippen. Ich fühlte mich in meine Jugendzeit zurückversetzt. Sie trug sogar einen Strumpfhalter. Dann und wann zupfte sie sich ihre Nylons zurecht und ließ gerade genug Bein und Knie sehen. Sie war die Sorte Girl, für die die Generation meines Vaters geschwärmt hatte.
Sie erzählte mir von ihrer Arbeit. Es hatte etwas zu tun mit Gerichtsprotokollen und Anwälten. Es machte sie wahnsinnig, aber man konnte anständig davon leben.
»Manchmal werde ich sehr grob zu meinen Mitarbeitern«, sagte sie, »aber das legt sich dann wieder, und sie haben Verständnis dafür. Du machst dir keine Vorstellung, wie unmöglich diese Rechtsanwälte sind. Alles soll ruckzuck gehen, und sie denken nie daran, daß man dafür Zeit braucht.«
»Anwälte und Ärzte«, sagte ich. »Es gibt keine zwei Berufsstände, die von unserer Gesellschaft so verhätschelt und mit Geld verwöhnt werden. Dicht gefolgt von Automechanikern. Und dann kommen die Zahnärzte.«
Debra schlug ihre Beine übereinander, und ihr Rock rutschte hoch.
»Du hast ein Paar hübsche Beine, Debra. Und du verstehst dich anzuziehen. Du erinnerst mich an die Girls aus der Zeit, als meine Mutter noch jung war. Damals sahen die Frauen noch wie Frauen aus.«
»Du verstehst dich auf Komplimente, Henry.«
»Du weißt schon, was ich meine. In L. A. fällt einem das besonders auf. Vor kurzem war ich mal einige Zeit weg, und als ich wieder in die Stadt kam – weißt du, an was ich gemerkt habe, daß ich wieder in L. A. war?«
»Nein, an was denn?«
»An der ersten Frau, die mir
Weitere Kostenlose Bücher