Das Liebesleben der Hyäne
machte, drehte ich ihn dann und wann zu mir herum und küßte den blutroten Mund. Es war, als würde ich auf einen Schlag sämtliche Girls und Frauen ficken, denen ich 1937 auf den Bürgersteigen von Los Angeles so sehnsüchtig nachgeschaut hatte, in jenem letzten wirklich schlimmen Jahr der Wirtschaftskrise, als eine Nummer zwei Dollar kostete und niemand einen Pfennig Geld und einen Funken Hoffnung hatte. Ich hatte lange darauf warten müssen, aber da hatte ich ihn nun, meinen heißen sinnlosen Fick. Ich wühlte und pumpte, drehte ihr noch einmal den Kopf herum, fand ein letztes Mal diesen Lippenstiftmund und spritzte es in sie hinein bzw. in ihr Pessar.
90
Der nächste Tag war ein Samstag. Debra machte das Frühstück.
»Gehst du heute mit zu den Antiquitäten?«
»All right.«
»Bist du verkatert?«
»Nicht besonders.«
Eine Weile saßen wir schweigend da und aßen. Dann sagte sie: »Ich fand, das war eine gute Lesung, die du da im ›Lancer‹ gegeben hast. Du warst betrunken, aber es kam rüber.«
»Manchmal bleibt es auch auf der Strecke.«
»Wann wirst du wieder lesen?«
»Jemand hat mich aus Kanada angerufen. Aber sie haben das Geld noch nicht ganz beisammen.«
»Kanada! Kann ich mit?«
»Mal sehn.«
»Bleibst du heute über Nacht?«
»Soll ich denn?«
»Ja.«
»Dann bleibe ich.«
»Prima.«
Wir beendeten unser Frühstück. Debra räumte den Tisch ab, und ich zog mich ins Klo zurück. Als ich wieder herauskam, war sie gerade mit dem Abwasch fertig und machte das Spülbecken sauber. Ich packte sie von hinten.
»Du kannst meine Zahnbürste benutzen, wenn du willst«, sagte sie.
»Riech ich denn so aus dem Mund?«
»Es geht.«
»Von wegen.«
»Du kannst auch duschen, wenn du willst.«
»Auch das noch?«
»Hör schon auf. Tessie kommt erst in einer Stunde. Bis dahin kannst du ein paar Spinnweben loswerden.«
Ich ging rein und ließ mir ein Bad einlaufen. Unter die Dusche ging ich nur in Motels. Im Badezimmer hing ein Foto von einem Mann an der Wand. Ihr Ehemaliger. Sie hatte erwähnt, daß der Psychiater war. Er hatte schwarzes Haar, ziemlich lang, ein Dutzendtyp mit einer gutaussehenden genormten Visage und einem leicht idiotischen Grinsen. Er bleckte mir seine weißen Zähne entgegen. Ich putzte mir, was von meinen braungelb verfärbten Zähnen noch übrig war.
Debra ging unter die Dusche, als ich das Badezimmer räumte. Ich goß mir ein kleines Glas Wein ein, setzte mich in einen Sessel und sah aus dem Fenster. Plötzlich fiel mir ein, daß ich vergessen hatte, meiner Ehemaligen die Alimente für das Kind zu schicken. Na ja, dann würde ich es eben am Montag tun.
Es war still und friedlich in Playa del Rey. Eine angenehme Abwechslung von dem Trubel und Dreck der Gegend, in der ich hauste. Die Sonne brannte dort Tag für Tag auf uns herunter, nirgends gab es Schatten, und auf die eine oder andere Art hatten wir alle einen Stich. Sogar die Hunde und Katzen hatten einen Stich, und die Vögel und die Zeitungsjungen und die Nutten auch. Bei uns in East Hollywood war ständig die Klosettspülung kaputt, und die Vermieter ließen nur die billigsten Klempner kommen, die den Schaden nie ganz behoben. Wir nahmen die Deckel der Spülkästen ab und betätigten das Pumpgestänge von Hand. Die Wasserhähne tropften, die Kakerlaken rannten durch die Gegend, die Hunde kackten überall hin, und die Fliegengitter hatten große Löcher und ließen Schmeißfliegen und sonstiges fliegendes Ungeziefer in Massen herein. Hier war das anders. Vor allem das Klo war ein Genuß. Die Spülung funktionierte prächtig, der Wasserkasten lief im Nu wieder voll, und ich hatte die Spülung gleich noch einmal gezogen, um auch dieses lang entbehrte Gefühl richtig auszukosten.
»Bing-bong«. Ich ging an die Tür und machte auf. Es war Tessie. Sie war Anfang Vierzig, rothaarig, ein Swinger. Das rote Haar war offensichtlich gefärbt.
»Du bist Henry, nicht?«
»Ja. Debra ist im Badezimmer. Komm doch rein. Setz dich.«
Sie trug einen ziemlich kurzen roten Rock. Ihre Schenkel sahen gut aus. Die Waden und die Knöchel waren auch nicht schlecht. Sie machte den Eindruck, daß sie von Ficken allerhand hielt.
Ich ging nach hinten und klopfte an die Tür des Badezimmers.
»Debra, Tessie ist da …«
Schließlich ging es los. Wir stiegen in meinen VW und fuhren zwei Blocks, und da war bereits der erste Antiquitätenladen. Ich ging mit den beiden herum und sah mir die Preisschilder an den alten Uhren, alten Stühlen und
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