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Das Liebesleben der Hyäne

Das Liebesleben der Hyäne

Titel: Das Liebesleben der Hyäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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einen langen Galopp mit vielen unvermuteten Tücken und Schlenkern, ehe ich es in einem heißen Schwall kommen ließ.
    Debra bat mich am nächsten Morgen, zu bleiben und auf sie zu warten, bis sie wieder von der Arbeit kam. Sie versprach, mir ein leckeres Abendessen zu kochen. »All right«, sagte ich.
    Als sie fort war, wollte ich noch ein bißchen schlafen, aber es ging nicht. Ich fragte mich, wie ich ihr beibringen sollte, daß ich zum Erntedankfest nicht kommen konnte. Es machte mich unruhig. Ich stand auf und ging durch die Wohnung. Ich nahm ein Bad. Nichts half. Vielleicht überlegte es sich Iris doch noch anders. Oder vielleicht stürzte ihr Flugzeug ab. Hm. Dann würde ich Debra am Morgen des Erntedankfestes wieder anrufen müssen, um ihr zu sagen, daß ich nun doch kommen konnte …
    Ich lief in der Wohnung herum und fühlte mich immer schlimmer. Vielleicht hätte ich lieber nach Hause fahren sollen, statt hierzubleiben und die qualvolle Entscheidung vor mir herzuschieben. Was für ein beschissener Hundsfott ich doch war, mit meinen widerwärtigen irrealen Spielchen. Was trieb mich eigentlich dazu? Bildete ich mir ein, ich müsse mich für irgendetwas rächen? Wir lange konnte ich mir noch vormachen, es gehe mir nur um Recherchen, um das Studium des weiblichen Geschlechts? Ich nahm es doch einfach, wie es kam, ohne mir etwas dabei zu denken. Ich hatte nichts als mein billiges egoistisches Vergnügen im Sinn. Ich war wie ein verwöhnter Oberschüler. Ich war schlimmer als jede Nutte. Eine Nutte nahm einem das Geld ab, aber sonst nichts. Ich dagegen pfuschte mit dem Leben und den Gefühlen von anderen herum, als sei es mein Spielzeug. Mit welchem Recht nannte ich mich einen Mann? Wie kam ich dazu, Gedichte zu schreiben? Was hatte ich denn schon in mir? Ich war ein drittklassiger de Sade, aber ohne dessen Intellekt. Jeder Killer war offener und ehrlicher als ich. Jeder Triebtäter. Ich wollte nur, daß man mit meinen Gefühlen nicht Schindluder trieb, sich darüber lustig machte oder darauf pißte. Das war aber auch alles, was ich wußte. Ich taugte wahrhaftig nichts. Ich spürte es, während ich auf dem Wohnzimmerteppich hin und her ging: Du taugst nichts. Das Schlimmste daran war, daß ich mich genau für das Gegenteil ausgab – für einen anständigen Kerl. Ich konnte mich in das Leben von anderen einmischen, weil sie mir vertrauten. Ich machte mir mein dreckiges Geschäft leicht und konnte als Ergebnis einen Wälzer mit dem Titel ›Das Liebesleben der Hyäne‹ schreiben …
    Überrascht von diesen Gedanken blieb ich mitten auf dem Teppich stehen. Dann, ehe ich mich’s versah, hockte ich im Schlafzimmer auf der Bettkante, und die Tränen liefen mir herunter. Ich konnte sie spüren, als ich mir mit den Fingern übers Gesicht strich. Alles drehte sich in meinem Kopf. Doch gleichzeitig kam ich mir ganz bei Verstand vor. Ich wußte nicht mehr, wie mir geschah.
    Ich nahm den Telefonhörer ab und rief Sara in ihrem vegetarischen Restaurant an.
    »Hast du viel Betrieb?« fragte ich.
    »Nein, ich hab grade eben aufgemacht. Was ist mit dir? Du klingst so merkwürdig …«
    »Ich bin restlos runter.«
    »Warum?«
    »Naja, ich hab Debra versprochen, daß ich am Erntedankfest mir ihr zusammen bin. Sie verläßt sich darauf. Aber jetzt ist was dazwischengekommen.«
    »Was denn?«
    »Naja, ich hab dir noch nichts davon erzählt. Wir beide hatten bis jetzt keinen Sex miteinander, verstehst du, und mit Sex sieht alles anders aus.«
    »Sag schon, was passiert ist.«
    »Ich hab in Kanada eine Bauchtänzerin kennengelernt.«
    »Ach ja? Und du hast dich in sie verliebt?«
    »Nein, ich hab mich nicht verliebt …«
    »Augenblick. Ich kriege Kundschaft. Kannst du einen Moment dranbleiben?«
    »All right …«
    Ich saß da und hielt mir den Telefonhörer ans Ohr. Ich hatte mich noch nicht angezogen. Ich sah auf meinen Penis herunter. Du mieser Knochen! dachte ich. Ist dir klar, wieviel Kummer du mir machst mit deinem blöden Hunger?
    Fünf Minuten saß ich da, den Hörer am Ohr. Immerhin, es war ein toll call – der Anruf ging auf den Zähler von Saras Lokal.
    »Hier bin ich wieder«, sagte Sara. »Jetzt erzähl weiter.«
    »Naja, in Vancouver hab ich der Bauchtänzerin gesagt, sie soll mich mal in L. A. besuchen kommen.«
    »Und?«
    »Tja, wie gesagt, ich hab das Erntedankfest schon Debra versprochen …«
    »Mir hast du es auch versprochen«, sagte Sara.
    »Was??«
    »Ja. Naja, da warst du betrunken. Du hast gesagt, wie

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