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Das Liebesleben der Hyäne

Das Liebesleben der Hyäne

Titel: Das Liebesleben der Hyäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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andere Sachen, wenn wir uns eine Weile kennen.«
    »Warum willst du so viele Frauen?«
    »Es hat was mit meiner Kindheit zu tun, weißt du. Keine Liebe, keine Nestwärme. Und als ich Zwanzig und Dreißig wurde, gab’s davon immer noch sehr wenig. Ich hab einen Nachholbedarf …«
    »Wirst du überhaupt wissen, wann du alles nachgeholt hast?«
    »Ich hab das Gefühl, dazu müßte ich mindestens nochmal ein ganzes Leben haben.«
    »Also aus dir kommt doch nichts als Scheiß raus.«
    Ich lachte. »Drum schreibe ich ja auch.«
    »Ich werd mich jetzt mal duschen und umziehen.«
    »Klar.«
    Ich ging in die Küche und betastete den Truthahn. Er saß da und zeigte mir seine Beine, sein Schamhaar, sein Spundloch, seine Schenkel. Ich war froh, daß er keine Augen mehr hatte. Na schön, wir würden mit dem Ding irgendwas anstellen. Das würde der nächste Schritt sein. Ich hörte die Toilettenspülung. Wenn Iris ihn nicht braten wollte, dann würde ich es eben selbst tun.
    Als junger Mensch war ich immer deprimiert gewesen. Doch Selbstmord schien mir inzwischen kein Ausweg mehr zu sein. Bei einem Menschen in meinem Alter war nur noch sehr wenig übrig, was man umbringen konnte. Es war gut, alt zu sein. Mochten die anderen ruhig das Gegenteil denken. Es war auch durchaus einzusehen, daß ein Mann erst einmal mindestens fünfzig Jahre alt werden mußte, ehe er einigermaßen klar schreiben konnte. Je mehr Flüsse man überwand, um so besser kannte man sich damit aus – d. h., falls man die Stromschnellen und die unsichtbaren Felsen überlebte. Es konnte manchmal schon ein hartes Brot sein.
    Iris kam aus dem Badezimmer. Sie trug jetzt ein dunkelblaues Kleid, das aus Seide zu sein schien und sich eng an ihren Körper schmiegte. Sie hatte nichts Billiges und Ordinäres an sich. Sie war kein amerikanisches Durchschnittsgirl. Sie war eine Frau, durch und durch, aber sie rieb es einem nicht unter die Nase. Amerikanerinnen feilschten mit ihrem Körper und ihrem Aussehen und waren im Nu davon gezeichnet. Außer in Texas und Louisiana fand man kaum noch welche, die sich natürlich gaben.
    Iris lächelte mich an. Sie hob beide Hände über den Kopf, schnalzte mit den Fingern und begann zu tanzen. Genauer gesagt, sie vibrierte, sie schlingerte, als sitze ihre Seele in ihrem Bauchnabel und schicke elektrische Ströme durch ihren Körper. Es war anmutig und natürlich, und es lag ein Hauch von Humor darin.
    Ich applaudierte, als sie fertig war. Dann schenkte ich ihr wieder einen Wein ein.
    »Es kommt so nicht richtig zur Geltung«, sagte sie, »ohne Musik und die richtigen Kleider.«
    »Mir hat es sehr gefallen.«
    »Ich hab ein Tonband mit der Musik drauf, aber ich hab es nicht mitgebracht, weil ich mir dachte, daß du wahrscheinlich kein Gerät hast.«
    »Stimmt. Es war trotzdem hervorragend.«
    Ich gab ihr einen zarten Kuß. »Warum ziehst du nicht nach Los Angeles?« fragte ich.
    »Ich stamme aus dem Nordwesten, und ich hab meine Eltern dort, meine Freunde und alles, verstehst du?«
    »Ja.«
    »Warum ziehst du nicht nach Vancouver? Du könntest auch in Vancouver schreiben.«
    »Vermutlich, ja. Ich könnte sogar auf einem Eisberg schreiben.«
    »Dann versuch’s doch mal damit.«
    »Mit was?«
    »Vancouver.«
    »Was würde dein Vater davon halten?«
    »Von was?«
    »Uns.«
    »Ich weiß nicht. Du bist älter als er.«
    »Er würde denken, ich bin nur hinter deinem Körper her.«
    »Das bist du ja auch, oder nicht?«
    »Ja.«
    »Ich würde ihm sagen, daß du ein halbwegs bekannter Schriftsteller bist.«
    »Davon wäre er sicher begeistert. Hat er von meinem Zeug schon was gelesen?«
    »Nein. Hoffentlich tut er’s auch nicht. Es wäre schlecht für seine Galle.«

95
    Am Erntedankfest machte Iris den Truthahn zurecht und steckte ihn in den Backofen. Bobby und Valerie kamen auf ein paar Drinks vorbei, aber sie blieben nicht. Das war angenehm. Iris hatte wieder ein anderes Kleid an, nicht weniger reizend als das vorherige.
    »Weißt du«, sagte sie, als unser Besuch weg war, »ich hab nicht genug Sachen dabei. Valerie nimmt mich morgen zum Einkaufen mit, zu Frederick’s. Ich kauf mir ein paar richtige Nuttenschuhe. Die werden dir gefallen.«
    »Ganz bestimmt, Iris.«
    Ich ging ins Badezimmer. Dort hing ein Arzneischränkchen an der Wand, in dem ich das Foto von Tanya versteckt hatte. Ich sah es mir an. Sie hatte das Kleid hoch. Und darunter keinen Slip an. Man sah ihre Möse. Sie war wirklich ein süßes Luder.
    Als ich herauskam, war Iris

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