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Das Liebesleben der Hyäne

Das Liebesleben der Hyäne

Titel: Das Liebesleben der Hyäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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wußte, wann er sich das Schreiben verkneifen mußte. Tippen konnte jeder. Nicht daß mir das Tippen besonders gut von der Hand ging. Und mit Rechtschreibung und Grammatik haperte es bei mir auch. Aber ich wußte, wann ich mit dem Schreiben aussetzen mußte. Es war wie mit dem Ficken. Man mußte dem göttlichen Bammelmann ab und zu eine Pause gönnen. Ich hatte einen alten Freund, Jimmy Shannon, von dem ich gelegentlich einen Brief bekam. Er schrieb jedes Jahr sechs Romane, und alle handelten von Blutschande. Kein Wunder, daß er am Verhungern war. Mein Problem war, daß ich meinem Schwanz nicht so leicht eine Pause gönnen konnte wie meiner Schreibmaschine. Es lag daran, daß Frauen immer nur in Schüben kamen, so daß man zugreifen mußte, ehe ein anderer mit seinem begnadeten Dicken ankam. Ich hatte schon einmal zehn Jahre mit dem Schreiben ausgesetzt, und ich hatte den Eindruck, daß es so ziemlich das Beste war, was mir überhaupt passieren konnte. (Manche Kritiker würden vermutlich sagen, daß es auch für die Leser das Beste war.) Zehn Jahre Ruhe für beide Seiten. Was würde wohl passieren, wenn ich für zehn Jahre das Trinken sein ließ?
    Es wurde Zeit, Iris Duarte wieder ins Flugzeug zu setzen. Sie bekam einen Flug am Vormittag, was für mich schwierig war, denn ich hatte mich daran gewöhnt, erst um die Mittagszeit aufzustehen. Lange schlafen war das beste Mittel, wenn man verkatert war. Außerdem würde es mein Leben um fünf Jahre verlängern.
    Ich war in recht guter Stimmung, als ich mit Iris zum L. A. International fuhr. Wir hatten Spaß miteinander gehabt, und auch im Bett war es sehr gut gewesen. Ich konnte mich kaum an eine Begegnung erinnern, die so gut verlaufen war. Keiner von uns stellte besondere Ansprüche an den anderen, man kam sich näher, und ein Gefühl von Wärme und Zuneigung ergab sich wie von selbst. Nicht dieses mechanische Kopulieren von totem Fleisch. Ich verabscheute diese Art von Sex, wie sie in Hollywood, Bel Air, Malibu und Laguna Beach grassierte. Swinging. Fremde, die es miteinander machten und sich als Fremde wieder trennten. Eine Turnhalle voll namenloser Leiber, die einander masturbierten. Die Leute hielten sich erst für richtig frei, wenn sie auch die letzten moralischen Hemmungen über Bord warfen. Doch meistens waren sie nur unfähig, für einen anderen etwas zu empfinden. Also wurden sie Swinger. Tote, die es mit Toten trieben. Es war kein Risiko und kein Humor mehr in ihrem Spiel. Es war nur noch ein Leichenfick.
    Es war schön gewesen mit Iris, und es fiel mir leicht, etwas für sie zu empfinden. Ich war nicht in sie verliebt, und sie nicht in mich, aber ich machte mir etwas aus ihr.
    Wir saßen jetzt auf dem oberen Parkplatz des Flughafens im Wagen. Es war noch Zeit bis zum Abflug. Ich hatte das Radio an. Brahms.
    »Werde ich dich wiedersehen?« fragte ich sie.
    »Nein, glaub ich kaum.«
    »Möchtest du noch in die Bar und einen trinken?«
    »Du hast eine Alkoholikerin aus mir gemacht, Hank. Ich bin so schlapp, daß ich kaum noch gehen kann.«
    »Nur von der Trinkerei?«
    »Nein.«
    »Dann laß uns einen zur Brust nehmen.«
    »Trinken, trinken, trinken! Ist das alles, was du im Kopf hast?«
    »Nein, aber es vertreibt die Zeit ganz gut. So wie jetzt.«
    »Kannst du nicht auch nüchtern mit etwas fertig werden?«
    »Schon, aber ich versuch’s lieber nicht.«
    »Du willst dich nur drücken.«
    »Das tut man mit allem. Golfspielen, Schlafen, Essen, Spazierengehen, Streiten, Joggen, Atmen, Ficken …«
    »Ficken?«
    »Komm, wir reden schon wie Oberschüler. Kümmern wir uns mal um dein Flugzeug.«
    Es lief nicht gut. Ich wollte ihr einen Kuß geben, doch ich spürte ihren Widerstand. Eine Mauer. Iris war in keiner guten Stimmung, wie es schien. Ich jetzt auch nicht mehr.
    »All right«, sagte sie, »gehn wir zum Check-in, und dann trinken wir noch was. Dann flieg ich ab, und Schluß damit. Einfach so. Glatt und schmerzlos.«
    »All right«, sagte ich.
    Und damit war auch das zu Ende.
    Dann wieder die Fahrt zurück – Century Boulevard nach Osten, runter zur Crenshaw, die 8th Avenue hinauf, dann über die Arlington Avenue zur Wilton. Ich beschloß, meine Wäsche abzuholen, bog nach rechts in den Beverly Boulevard ein und fuhr auf den Parkplatz hinter dem »Silverette Cleaners«. Als ich den Zündschlüssel abzog, kam auf dem Bürgersteig eine junge Schwarze in einem roten Kleid vorbei. Hüftschwenkend. Aber wie. Sie hatte einen hinreißenden Gang. Da stimmte wirklich

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