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Das Liebesleben der Hyäne

Das Liebesleben der Hyäne

Titel: Das Liebesleben der Hyäne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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wohl Nietzsche in so einem Augenblick gedacht hätte.
    Wir stiegen wieder in den Mercedes, fuhren ein Stück und parkten vor einer der größeren Anlagen. Hier steckten sie alle in der Mauer, in mehreren Reihen übereinander. Bei manchen stand eine kleine Vase mit verwelkten Blumen vorne in der Nische. Doch die Mehrzahl bekam keine Blumen. Es gab auch Nischen für Ehepaare. Bei manchen war die eine Hälfte noch leer. Und da war es jedesmal der Ehemann, den es als ersten erwischt hatte.
    DeeDee nahm mich an der Hand und zog mich um die nächste Ecke. Da war er, in der untersten Reihe: Rudolph Valentino, gest. 1926. Der war nicht alt geworden. Ich nahm mir vor, achtzig zu werden. Stell dir vor, dachte ich, du fickst mit 80 noch eine 18jährige. Wenn man dem Tod noch schnell eins auswischen kann, dann so.
    DeeDee klemmte sich eine der Blumenvasen und verstaute sie in ihrer Handtasche. Wir gingen da weg, und DeeDee sagte: »Ich will mich noch bei Tyrone Power auf die Bank setzen. Er war mein Lieblingsschauspieler. Ich war in ihn verknallt.«
    Wir gingen also zu Tyrone und setzten uns neben seinem Grab auf die Bank. Dann mußten wir auch noch das Grabmal von Douglas Fairbanks Senior abklappern. Der hatte ein Prachtexemplar. Sogar einen eigenen Teich davor. Der Teich war voll von Wasserlilien und Kaulquappen. Wir stiegen einige Stufen hinauf, und hinten im Grabmal gab es eine Steinbank. Wir setzten uns darauf. Die eine Wand des Grabmals hatte unten einen Riß. Kleine rote Ameisen wuselten hinein und heraus. Ich sah mir eine Weile die Ameisen an, dann legte ich DeeDee meinen Arm um die Schulter und gab ihr einen langen Kuß. Wir beide würden gute Freunde werden.

19
    DeeDee mußte zum Flughafen und ihren Sohn abholen, der aus England herüberkam, um die Sommerferien bei ihr zu verbringen. Er sei 17, erzählte sie mir, und sein Vater sei Konzertpianist gewesen, habe sich aber mit Speed und Kokain ruiniert. Dann habe er sich bei einem Unfall auch noch die Finger verbrannt, so daß er nicht mehr Klavier spielen konnte. Sie waren schon längere Zeit geschieden.
    Der Sohn hieß Renny. DeeDee hatte einige Male mit ihm telefoniert und ihm von mir erzählt. Wir erreichten den Flughafen, als Renny gerade durch die Zollabfertigung kam. Mutter und Sohn umarmten sich. Er war groß, dürr und recht blaß. Eine Haarlocke hing ihm über das eine Auge. Wir gaben uns die Hand.
    Ich ging los, um das Gepäck zu holen, während DeeDee und Renny palaverten. Er redete sie mit »Mammi« an.
    Dann waren wir draußen am Wagen. Renny kletterte auf den Rücksitz und sagte: »Mammi, hast du an mein Rennrad gedacht?«
    »Ich hab es bestellt. Wir holen es morgen ab.«
    »Ist es auch ein gutes Rad, Mammi? Ich will eins mit Zehngangschaltung, und es muß eine Handbremse haben und Pedale, wo man die Füße anschnallen kann.«
    »Es ist ein gutes Rad, Renny.«
    »Bist du auch sicher, daß es schon da ist?«
    Wir fuhren zu DeeDee nach Hause. Ich blieb über Nacht. Renny hatte sein eigenes Schlafzimmer.
    Am Morgen saßen wir in der Frühstücksnische und warteten darauf, daß das Dienstmädchen erschien und Frühstück machte. Es kam nicht. Schließlich stand Dee-Dee auf, um sich selbst um das Frühstück zu kümmern.
    »Mammi«, sagte Renny, »wie schlägt man ein Ei auf?«
    DeeDee sah zu mir herüber. Sie wußte, was ich dachte. Ich hielt den Mund.
    »All right, Renny«, sagte sie. »Komm her, ich zeig’s dir.«
    Renny ging zu ihr an den Herd. DeeDee nahm ein Ei in die Hand. »Schau her, du schlägst die Schale am Rand der Pfanne auf … so … und dann läßt du das Ei aus der Schale und in die Pfanne fallen … so …«
    »Oh. Es ist ganz einfach.«
    »Und was machst du jetzt damit?«
    »Ich brate es. In Butter.«
    »Mammi, ich kann dieses Ei nicht essen.«
    »Warum?«
    »Der Dotter ist zerlaufen!«
    DeeDee drehte sich um und sah mich an. Ihr Blick sagte: »Hank, sag ja keinen Ton …!«
    Ein paar Tage später saßen wir wieder mal beim Frühstück. Das Dienstmädchen war in der Küche zugange.
    »Renny«, sagte DeeDee, »jetzt wo du dein Fahrrad hast, möchte ich, daß du mir heute irgendwann eine Sechserpackung Coke besorgst. Wenn ich abends nach Hause komme, will ich ein oder zwei Cokes trinken.«
    »Aber Mammi, diese Cokes sind schwer! Kannst du sie nicht holen?«
    »Renny, wenn ich den ganzen Tag gearbeitet habe, bin ich müde. Du holst die Cokes.«
    »Aber Mammi, die Straße geht so steil hoch. Ich muß den Berg raufradeln!«
    »Was für einen

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