Das Liebesleben der Hyäne
und Vorurteilen. Ich wußte, eines Tages würde ich auch über Katherine schreiben, und es würde schwierig sein. Über Nutten ließ es sich leicht schreiben. Über eine Frau zu schreiben, die einem etwas bedeutete, war viel schwieriger.
Auch der zweite Kampf war gut. Die Leute schrien und johlten und gossen sich Bier rein. Sie waren für eine Weile den Fabriken entronnen, den Lagerhallen, den Schlachthöfen. Am nächsten Tag würden sie wieder Sklaven sein, doch jetzt waren sie frei, sie waren außer sich vor Freiheit. Sie dachten nicht mehr an die Sklaverei der Armut, der Fürsorge, der Gutscheine für kostenlose Lebensmittel, für die sie sich vor irgendeinem Bürokraten erniedrigen mußten. Die anderen konnten sich in Sicherheit wiegen, bis die Armen lernten, in ihren Kellern Atombomben zu bauen.
Die Kämpfe waren alle gut. Ich stand auf und ging zur Toilette. Als ich zurückkam, war Katherine sehr still geworden. So wie sie aussah, hätte man sie eher bei einem Ballettabend oder in einem Konzert vermutet. Sie wirkte so zart und dezent, und doch war sie so fabelhaft im Bett.
Ich trank ein Bier nach dem anderen, und sooft ein Kampf besonders brutal wurde, griff Katherine nach meiner Hand. Die Leute wollten K. O.-Siege sehen. Sie johlten, wenn ein Boxer angeschlagen war. Sie brachten diese Schläge an. Vielleicht besorgten sie es im Geiste ihren Bossen oder Ehefrauen. Wer weiß? Na, egal. Noch ein Bier.
Vor dem letzten Kampf sagte ich zu Katherine: »Wollen wir gehen?« Ich hatte genug.
»Mir recht«, sagte sie.
Wir stiegen den schmalen Gang hinauf. Die Luft war blau von Qualm. Keiner pfiff ihr nach, keiner machte zweideutige Gesten. Mein vernarbtes, mitgenommenes Gesicht erwies sich eben manchmal auch als Vorteil.
Wir gingen zurück zu dem kleinen Parkplatz unter dem Freeway. Mein blauer VW, Baujahr 67, war nicht mehr da. Das 67er Modell war der letzte gute Volkswagen. Die jungen Kerle wußten das.
»Hepburn«, sagte ich, »sie haben unser verdammtes Auto gestohlen.«
»Oh Hank! Bestimmt nicht!«
»Es ist weg. Da hat es gestanden.« Ich zeigte auf die Stelle. »Jetzt ist es weg.«
»Hank, was machen wir jetzt?«
»Wir nehmen ein Taxi. Ich fühl mich richtig elend.«
»Warum machen die so etwas?«
»Sie müssen. Sie kennen es nicht anders.«
Wir gingen in einen Coffee Shop, bestellten uns Kaffee und Doughnuts, und ich rief die Taxizentrale an. Während wir uns die Boxkämpfe angesehen hatten, war der alte Trick über die Bühne gegangen – Seitenfenster aufstemmen und Zündkabel kurzschließen. Ich hatte einen Spruch: »Spannt mir die Frau aus, aber laßt die Finger von meinem Auto.« Ich würde nie einen Mann umbringen, der mir die Frau ausspannte. Aber wenn mir einer das Auto klaute, konnte es passieren.
Das Taxi kam, und wir fuhren zu mir nach Hause. Dort gab es zum Glück noch Bier und etwas Wodka. Ich hatte alle Hoffnung aufgegeben, nüchtern genug zu bleiben für die Liebe. Katherine wußte es. Ich ging auf und ab und redete von meinem blauen 67er VW. Das letzte gute Modell. Ich konnte nicht einmal die Polizei verständigen – ich hatte schon zuviel intus. Ich würde bis zum nächsten Morgen warten müssen. Oder besser gesagt: bis zum Mittag …
»Hepburn«, sagte ich zu ihr, »es ist nicht deine Schuld. Du hast mein Auto nicht gestohlen.«
»Wenn es nur so wäre. Dann hättest du es jetzt wieder.«
Ich stellte mir vor, wie zwei oder drei junge Burschen in meinem blauen Baby die Küstenstraße entlangrasten, Joints rauchten, lachten, Vollgas gaben. Dann dachte ich an all die Schrottplätze an der Santa Fé Avenue. Berge von Stoßstangen, Windschutzscheiben, Türgriffen, Scheibenwischer-Elektromotoren, Motorteilen, Reifen, Felgen, Verdecken, Wagenhebern, Schalensitzen, Radlagern, Bremsbacken, Radios, Kolben, Ventilen, Vergasern, Nockenwellen, Getrieben, Achsen – mein Auto würde bald nur noch ein Haufen Ersatzteile sein.
In dieser Nacht schlief ich, wie immer eng an Katherines warmen Körper gedrückt, doch mit einem kalten, traurigen Gefühl in der Brust. Sogar mein Schwanz trauerte mit.
38
Zum Glück war das Auto gegen Diebstahl versichert, und sie bezahlten mir einen Leihwagen, in dem ich mit Katherine zur Pferderennbahn von Hollywood Park fuhr. Wir setzten uns eingangs der Zielgeraden in die Sonne. Katherine sagte, sie wolle nicht wetten, aber ich nahm sie trotzdem mit hinein und zeigte ihr die Anzeigetafel und die Wettschalter.
Ich setzte fünf Dollar auf ein Pferd, das mit 7:2
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