Das Liebesleben der Hyäne
Hause, parkte, ging den Weg hoch, die Stufen zur Veranda hinauf, steckte den Schlüssel in die Tür. Drinnen brannten sämtliche Lichter. Ich sah mir die Bescherung an. Schubladen waren herausgerissen und auf den Boden ausgekippt worden. Im Schlafzimmer lag das Bettzeug über den ganzen Boden verstreut. Aus dem Regal fehlten sämtliche Bücher, darunter auch zwanzig Stück oder so, die ich selbst geschrieben hatte. Und meine Schreibmaschine war weg, und mein Toaster war weg, und mein Radio war weg, und meine Bilder waren weg.
»Lydia«, dachte ich.
Das einzige, was sie mir gelassen hatte, war mein Fernseher. Weil sie wußte, daß ich ihn nie anstellte.
Ich ging nach draußen. Weiter hinten stand Lydias Wagen, aber sie saß nicht drin. »Lydia«, rief ich. »Hey, Baby!«
Ich ging ein Stück die Straße hinauf, dann drehte ich um und ging ein Stück in die andere Richtung. Vor einem Apartmenthaus stand ein verkümmerter Baum, und hinter dem Baumstamm lugten ihre Füße hervor. Ich ging zu dem Baum hin und sagte: »Sag mal, was ist denn in dich gefahren, verdammt nochmal?!«
Lydia stand da und sagte keinen Ton. Sie hatte die Mappe mit meinen Bildern unter dem Arm, und auf dem Rasen standen zwei Einkaufstüten mit meinen Büchern.
»Hör mal, die Bücher und diese Ölgemälde mußt du wieder rausrücken. Sie gehören mir.«
Jetzt kam sie hinter dem Baum hervor – schreiend. Sie zerrte die Bilder aus der Mappe und begann sie in Fetzen zu reißen. Sie warf die Fetzen in die Luft, und als sie auf dem Boden landeten, trampelte sie darauf herum. Sie hatte ihre Cowboystiefel an.
Dann nahm sie meine Bücher aus den Einkaufstüten und warf sie durch die Gegend – auf die Straße, auf den Rasen, in alle Richtungen.
»Da hast du deine Bilder! Da hast du deine Bücher! UND ERZÄHL MIR NICHTS MEHR VON DEINEN WEIBERN! ERZÄHL MIR BLOSS NICHTS MEHR VON DEINEN WEIBERN!«
Dann rannte sie nach hinten zu meinem Bungalow, mein letztes Werk in der Hand – einen gewichtigen Sammelband mit dem Titel ›The Selected Works of Henry Chinaski‹. »Du willst deine Bücher zurück?« schrie sie. »Du willst deine Bücher zurück? Hier hast du deine gottverdammten Bücher! UND ERZÄHL MIR BLOSS NICHTS VON DEINEN WEIBERN! ICH WILL NICHTS MEHR HÖREN VON DEINEN WEIBERN!«
Sie ging dazu über, mit den Ausgewählten Werken von Henry Chinaski die Scheiben meiner Haustür einzuschlagen.
Ich stand da, während sie herumschrie und Glas zerschlug. »Wo bleibt die Polizei?« dachte ich.
Lydia rannte auf dem Weg zwischen den Bungalows in Richtung Straße und bog an der Mülltonne links ab, in die Einfahrt des Apartmenthauses von nebenan. Hinter einer Hecke lagen meine Schreibmaschine, mein Radio und mein Toaster.
Sie hob die Schreibmaschine hoch und rannte damit auf die Straße. Es war eine wuchtige alte Standard-Maschine. Sie hob das Ding mit beiden Händen hoch über den Kopf und donnerte es auf die Straße. Der Deckel und verschiedene Einzelteile flogen weg. Sie hob die Maschine auf, wuchtete sie hoch, sah zu mir her und schrie: »ERZÄHL MIR BLOSS NICHTS MEHR VON DEINEN WEIBERN!« Und warf sie noch einmal auf die Straße. Dann sprang sie in ihr Auto und brauste davon.
Fünfzehn Sekunden später kam der Streifenwagen an.
»Es ist ein VW«, sagte ich. »Orange. Wir nennen ihn ›Das Ding‹. Er sieht aus wie ein Panzer. Die Nummer habe ich nicht ganz im Kopf, aber sie fängt an mit HZY. Haben Sie das?«
»Adresse?«
Ich gab ihnen die Adresse.
Wahrhaftig. Sie brachten sie zurück. Als der Streifenwagen wieder vor mir hielt, tobte sie auf dem Rücksitz, und man hörte ihr Zetern durch die geschlossenen Scheiben.
»Gehn Sie mal auf die Seite!« sagte der Cop auf dem Beifahrersitz und sprang heraus. Wir gingen nach hinten zu meinem Bungalow. Der Cop ging rein und trat auf einige Scherben. Aus irgendeinem Grund leuchtete er mit seiner Stablampe die Zimmerdecke ab.
»Wollen Sie eine Anzeige machen?« fragte er.
»Nein. Sie hat Kinder. Ich will nicht, daß man ihr die Kinder wegnimmt. Ihr geschiedener Mann wartet bloß auf die Gelegenheit. Aber sagen Sie ihr um Gottes willen, daß man sich solche Sachen nicht erlauben darf.«
»Okay«, sagte er, »dann brauche ich eine Unterschrift von Ihnen.«
Er schrieb etwas in ein kleines liniertes Notizbuch. Es besagte, daß ich, Henry Chinaski, darauf verzichtete, eine gewisse Lydia Vance anzuzeigen.
Ich unterschrieb das, und er ging.
Ich machte die Tür zu, oder was davon noch übrig war, ging
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