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Das Lied der alten Steine

Das Lied der alten Steine

Titel: Das Lied der alten Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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hatte und doch in seiner Kabine war? Sie machte die Augen zu und holte tief Atem, um ihre Nerven zu beruhigen. Dann steckte sie den Schlüssel behutsam ins Schloss, drehte ihn und schob die Tür auf.
    Diesmal war die Kabine aufgeräumter. Vermutlich hatten sowohl er als auch Ben festgestellt, dass es einfacher war, eine Übernachtungstasche zu packen, wenn in der Kabine eine gewisse Ordnung herrschte.
    Sie verriegelte die Tür hinter sich, um nicht wieder unterbrochen zu werden, und durchsuchte systematisch und ohne jede Rücksicht den ganzen Raum, jeden Quadratzentimeter zweimal, bis sie schließlich aufgeben musste.
    Sie stand still, sah sich um und hatte das Gefühl einer überwältigenden Niederlage. Nirgendwo gab es die geringste Spur vom Tagebuch oder vom Fläschchen, also blieb ihr keine andere Wahl, als unverrichteter Dinge die Kabine zu verlassen und den Schlüssel wieder an seinen Haken zu hängen. Zuvor versicherte sie sich aber, dass von ihrer intensiven Suche nichts zu sehen war. Dann ging sie tief in Gedanken die Treppe hoch.
    Auf die Idee, dass er das Tagebuch und das Parfümfläschchen mitgenommen haben könnte, war sie nicht gekommen. Sie konnte nur hoffen, dass er sich anderswo auf dem Schiff versteckt hatte.
    Sie stieß die Tür zur Lounge auf und trat ein. Ibrahim stand hinter der Bartheke und putzte Gläser. Er grüßte sie mit breitem Lächeln. » Misr il khir, Guten Morgen, Mademoiselle. «
    Sie merkte, dass er sie eingehend musterte, wohl weil er wissen wollte, ob sie das Amulett trug. Dann nickte er wie zu sich selbst offenbar zufrieden, dass er die Goldkette an ihrem Hals entdeckt hatte.
    »Guten Morgen, Ibrahim. Es sieht so aus, als ob ich für eine Weile ganz allein hier wäre.«
    Er schüttelte den Kopf. »Omar sagt, drei Leute für die Mahlzeiten, Mademoiselle. Ich koche ganz allein für Sie.«
    »Drei Leute?« Sie runzelte die Stirn. »Wissen Sie, wer die anderen beiden sind?«
    Er zuckte die Achseln. »Bisher ist noch keiner aufgewacht. Ich koche früh fürs Mittagessen und stelle es im Speisezimmer auf eine Warmhalteplatte. Suppe. Reis. Ich mache Grillhühnchen mit gerösteten Bananen. Mögen Sie das?«
    Sie lächelte. »Es klingt wunderbar. Ich wusste gar nicht, dass Sie ein Koch sind, Ibrahim.«
    »Der richtige Koch ist Nubier, er besucht jetzt seine Mutter in Sehel. Aber Ibrahim ist auch ein wundervoller Koch.
    Inschallah! « Er schüttelte sich vor Gelächter. »Möchten Sie jetzt einen Drink?«
    Sie bestellte ein Bier und ging hinaus aufs Deck. Es war schon heiß, die Luft flimmerte auf den geschrubbten Holzplanken. Ein weiteres riesiges Kreuzfahrtschiff, auf dessen oberem Deck neugierige Zuschauer in strahlend bunten Hemden und Shorts dicht gedrängt standen, manövrierte an den Kai. Der Hügel auf der anderen Seite des Flusses mit seiner runden fatimidischen Kapelle war fast im Hitzedunst verschwunden, und die wenigen Feluken, die auf der breiten Wasserfläche ihrem Gewerbe nachgingen, trieben mit schlappen Segeln, ohne den geringsten Windhauch. Die Topfpflanzen hinter ihr strahlten farbenfroh, das Deck um sie herum war seit dem morgendlichen Begießen schon lange wieder trocken.
    Es war zu heiß, um auf dem Oberdeck zu bleiben. Also kehrte Sie um und ging die Stufen wieder hinunter, um unter der Markise sitzen, das Glas vor sich auf dem Tisch. Während Ibrahim kochte, würde sie die Gelegenheit nutzen, um rasch die Lounge zu durchsuchen. Es war durchaus möglich, dachte sie, dass Andy das Tagebuch dort irgendwo versteckt hatte. Sie seufzte. Es war natürlich ebenso gut möglich, dass er überhaupt nichts damit zu tun hatte, dass es jemand anderes gestohlen hatte und sie es nie mehr Wiedersehen würde.
    »Anna!«
    Die leise Stimme hinter ihr traf sie völlig überraschend. Sie fuhr herum. Toby stand im Schatten, mit seinem Skizzenblock unter dem Arm.
    Sie starrten sich einen Moment lang unsicher an, dann sagte er:
    »Ich dachte, Sie wären mit Serena nach Abu Simbel gefahren.«
    »Ich konnte nicht, mit der Ungewissheit, was aus dem Tagebuch geworden ist.« Anna blinzelte zu ihm auf. »Geht es Ihnen gut? Nach dem Vorfall in Andys Kabine habe ich mir Sorgen gemacht.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich bin an Deck gegangen, um mich zu beruhigen. Sonst hätte ich das Schwein noch umgebracht.«
    »Sie haben sich für mich eingesetzt und ich habe mich immer noch nicht dafür bedankt.«
    Abwehrend hob er seine Hände und schüttelte den Kopf.
    »Keine Ursache.«
    Sie lächelte

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