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Das Lied der alten Steine

Das Lied der alten Steine

Titel: Das Lied der alten Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Schneide aus purem Gold war, hergebracht aus dem tiefsten Herzen Afrikas, um die Flamme des Sonnengottes zu spiegeln und in Feuer zu verwandeln.
    »Anna!«
    Eine Stimme aus tausend Jahren Entfernung hallte in der Stille. Der Fluss in seiner ganzen Schönheit netzte die Ufer der Wüste, schwoll zu einer Flut an und brachte grünen Überfluss, sank und schwoll wieder.
    »Anna! Um Gottes willen!«
    Um Gottes willen. Der eine Gott, alle Götter. Wie einfach es war. Ein paar Tropfen einer geweihten Flüssigkeit, in einem winzigen Glasbehältnis versiegelt, und mit dem Blut eines Freundes besudelt.
    »Anna! Um Himmels willen, kannst du mich hören? Anna!«
    Sie lächelte und schüttelte den Kopf. Jetzt konnte sie den Fluss sehen, unten zu ihren Füßen. Das Wasser ist frisch und Leben spendend: Es nährt den heiligen Lotus und benetzt den Sand, sodass die Löwin trinken kann…

    »Anna!« Plötzlich war es, als ob Annas Kopf auf ihre Schultern zurückschnellte. Ein Guss eiskalten Wassers traf sie ins Gesicht.
    Serena schüttelte sie heftig. Sie ließ sie los, um noch eine Hand voll Wasser zu schöpfen und ihr ins Gesicht zu schütten, dann packte und schüttelte sie sie erneut. »Du hast dich nicht geschützt, du Närrin! Du warst von ihm besessen. Hatsek war in dir! Ich konnte sein Gesicht in deinem erkennen. Ich konnte seine Gestalt erkennen. Ich konnte seinen Hass sehen. Du hättest mich getötet, Anna!« Serena stieß sie so hart von sich, dass Anna taumelte und stürzte. »Weißt du, wie gefährlich das war?«
    Sie stand über Anna am Uferrand, ihr Haar zerzaust. Der provisorische Altar hinter ihnen war zerstört, Kerze und Weihrauch umgestürzt, ebenso die Statuette.
    Anna fuhr sich über das Gesicht. Es war nass vom Nilwasser.
    Sie fröstelte. »Was habe ich getan?« Sie starrte verwirrt umher.
    Hinter ihnen fiel das Licht plötzlich auf den Trajanskiosk und beleuchtete die großen, reich verzierten Säulen. Serena schnappte Anna und zog sie in den Schatten hinunter. »Du warst Hatsek. Verstehst du nicht? Du warst von ihm besessen, Anna.
    Er hat dich genommen.«
    »Er hat meine Stimme benutzt? So wie Anhotep deine benutzt hat?«
    Der Sand. Der Wüstenwind. Die glühende Sonne. Sie füllten immer noch ihren Kopf, obwohl der Himmel über ihr jetzt schwarz war und bestickt mit einer Myriade Sternen. »Er hat meine Augen benutzt. Aber er hat das hier nicht gesehen.« Sie gestikulierte wild. »Ich sah den Tempel. Den Tempel, wo Anhotep ihn reingelegt hat. Er war irgendwo in der westlichen Wüste am Fuß der Berge hinter steilen Felsen verborgen.
    Anhotep wollte das geweihte Wasser des Lebens für den Pharao, um es als Medizin zu verwenden. Aber das war ein Sakrileg. Es hätte ihm ohnehin nicht helfen können. Es sollte nicht sein. Die Geschichte war schon geschrieben.« Sie bewegte den Kopf langsam hin und her. »Der Diener der Göttin war ein Diener des einen Gottes. Von Aton. Anhotep war der Verräter.« Verstört blickte sie zu Serena auf. Sie wusste nicht mehr, was die Worte, die aus ihrem eigenen Mund kamen, bedeuteten
    »Nein.« Serena schüttelte den Kopf. »Nein, Anna. Das ist nicht wahr. Sie haben sich gestritten. Es gab List und Betrug. Es gab einen Mord, der vertuscht werden musste.« Sie sah zu Boden, dann fiel sie mit einem Ausruf des Entsetzens auf die Knie. »Das Fläschchen! Wo ist es? Es ist weg!«
    Anna zuckte mit den Schultern. »Lass nur. Die Priester haben es genommen. Es macht nichts. Es ist besser so. Es sind so viele Menschen umgekommen…«
    Serena hörte auf, im Sand zu suchen, und sah sie an. »Was meinst du mit so vielen Menschen? Wie viele Menschen?«
    »Viele. Es war nicht nur Hassan. Es gab Generationen von Menschen in Tausenden von Jahren. Was immer in dem Fläschchen war, ob sie Priester von Isis und Sekhmet oder von Amun oder von Aton waren, die Flüssigkeit gehörte nicht in unsere Hände. Gib sie den Göttern zurück.«
    Sie drehte sich um und sah zum Tempel hinüber. Der Ton der Show war verstummt. Die Flutlichter waren wieder angegangen.
    Applaus wogte durch die Nachtluft. »Es ist vorbei. Wir müssen gehen. Lass es liegen. Lass alles hier auf der Insel der Göttin zurück.« Sie bückte sich und hob das Tuch auf. »Die Statuette, das Henkelkreuz, das Fläschchen. Lass sie im Sand versinken und verschwinden.« Sie wandte sich den Palmen zu, als jemand aus der Dunkelheit vortrat. Es war Toby.
    »Wie ist es gelaufen? Hat es funktioniert?« Er sah von einer zur anderen und hob eine

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