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Das Lied der alten Steine

Das Lied der alten Steine

Titel: Das Lied der alten Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Augen, sprachlos von dem Gefühl der Verzweiflung, das sie überkommen hatte.
    »Es tut mir Leid. Vielleicht hätte ich es Ihnen nicht erzählen sollen.« Frances sah sie betroffen an. »Aber ich musste es tun. Ich wollte nicht, dass es zwischen uns irgendwelche Geheimnisse gibt. Ich dachte – ich hoffte –, es würde Sie interessieren. Es gibt Ihrer Geschichte so eine eigenartige neue Wendung.«
    Anna stand auf. Sie ging hinüber zu dem kleinen Rattansofa unter dem Fenster und ließ sich darauf fallen. »Serena sagt, es gibt keine Zufälle.«
    Toby warf seiner Mutter einen Blick zu. »Wenn es so ist, dann ist dies vielleicht unsere Chance zur Sühne. Vielleicht ist es mein Karma, das Unglück wieder gutzumachen, das er Louisa brachte.«
    »Und die anderen schlimmen Dinge, die er beging?« Anna umschlang sich mit den Armen gegen die Kälte, die hier in der warmen Küche an ihr hochkroch. Sie zitterte.
    »Bei vielen Leuten haben die Vorfahren schlimme Dinge angestellt, meine Liebe«, warf Frances leise ein. »In der Geschichte muss auch Raum für Vergebung sein. Das lehrt uns Christus. Und mag auch Roger Carstairs ein böser Mensch gewesen sein, so war doch mein Großvater, der auch, vergessen Sie das nicht, Tobys Vorfahr war, Pfarrer in einem Dorf in den Midlands, ein viel geliebter und hoch angesehener Mann, der unendlich viel Gutes in der Welt getan hat. Es fiel ihm schwer, mit der Erinnerung an seinen Großvater leben zu müssen. Er betete täglich für seine Seele, so erzählte man uns jedenfalls. So ist ein Gleichgewicht hergestellt. Unser Blut ist nicht ganz und gar befleckt.« Sie stand auf und lächelte müde. »Wenn ihr mich jetzt entschuldigen wollt, es ist sehr spät. Ich gehe zu Bett. Gute Nacht, meine Lieben.«
    Toby und Anna sahen ihr schweigend nach. Toby war der Erste, der sprach, als die Tür hinter ihr zufiel. »Nun, das war ja ein ziemlicher Schlag ins Kontor. Unter all den Geschichten aus meiner Vergangenheit, von denen ich glaubte, ich müsste sie dir eines Tages erklären und mich herausreden, war die Abstammung von Roger Carstairs nicht dabei.« Er stand auf, ging zum Schrank unter der Arbeitsplatte und holte eine Flasche Whisky heraus. »Jetzt brauche ich etwas Stärkeres als heiße Schokolade. Magst du auch einen?« Er nahm zwei Gläser vom Regal über der Spüle. »Mutter hat natürlich Recht. Es spielt keine Rolle.« Er goss einen großen Schluck Whisky in jedes Glas und reichte ihr eines. »Nein, ich wollte nicht sagen, dass es keine Rolle spielt. Natürlich spielt es eine. Aber es hat nichts mit uns zu tun. Das ist doch so, oder?«
    Anna schüttelte langsam, den Kopf. »Natürlich nicht. Es ist nur so, dass im Augenblick der Gedanke an ihn sehr stark in meinem Kopf nachklingt. Es ist alles eng verknüpft mit der Furcht und dem Schmerz, den ich empfand. Es ist verknüpft mit dem Tod zweier Männer, die vor dreitausend Jahren gelebt haben. Es ist verknüpft mit Serena und Charley. Mit allem.« Sie stellte das Glas ab, ohne getrunken zu haben, und legte den Kopf in die Hände.
    »Es war also kein schöner Urlaub?« Toby sah sie fragend an.
    Sie musste lachen. »Nein, es war kein schöner Urlaub!
    Obwohl er unvergesslich war. Ich habe auch wunderbare Dinge gesehen und wunderbare Menschen getroffen.«
    »Ich wollte, ich gehörte zu ihnen.«
    Ein paar Sekunden musterte sie sein Gesicht. »Du gehörst dazu.«
    »Obwohl du mich im Augenblick in einem schwarzen Mantel siehst, mit spitzem Hut und Tod bringendem Zauberstab, mit einem Korb voller Hausschlangen, die auf meinen Befehl töten?«
    »Obwohl ich all dieses sehe!« Sie stand auf. »Ich gehe zu Bett, Toby. Ich nehme mein Glas mit. Es war ein anstrengender Tag, die Fahrt nach Suffolk und alles andere.«
    »In Ordnung. Vielleicht können wir uns morgen noch mehr Briefe anschauen?« Er wies mit dem Kopf auf die Kiste.
    »Vielleicht.« Sie ging zur Tür, dann wandte sie sich um.
    »Toby, ich möchte morgen nach Hause. Deine Mutter ist unglaublich lieb und gastfreundlich gewesen, aber es geht mir wieder gut. Ich möchte gern in meinen eigenen vier Wänden sein. Das verstehst du doch?«
    »Natürlich.« Er konnte die Enttäuschung auf seinem Gesicht nicht verbergen.
    »Es ist nicht wegen Carstairs. Ich muss die Fäden meines Lebens wieder aufnehmen.«
    Er nickte. »Werde ich Teil dieses Lebens sein?«
    Sie zögerte. »Ich glaube ja, ziemlich sicher, wenn du das willst. Aber ich brauche Zeit. Es ist einfach zu viel passiert.«
    »Natürlich. Du

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