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Das Lied der alten Steine

Das Lied der alten Steine

Titel: Das Lied der alten Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Frances kamen zur Mittagszeit zurück, mit Pastete, Käse, Brot und einer Flasche Merlot. Sie waren nicht überrascht, als sie Annas Koffer fertig gepackt in der Diele stehen sahen.
    »Ich fahre dich nach dem Essen heim.« Toby reichte ihr ein Glas Wein. »Wir werden dich vermissen.«
    Sie lächelte. »Ich gehe ja nicht weit weg. Und ich hoffe, ihr werdet mich beide oft besuchen.« Sie hatte sich nicht klar gemacht, wie förmlich das klang. Sie wollte es eigentlich nicht so endgültig erscheinen lassen. Doch dann sah sie, wie Frances ihren Sohn anschaute. Er sah niedergeschlagen aus.

    Er zwang sich zu einem Lächeln. »Du wirst es nicht schaffen, uns fernzuhalten«, sagte er. Das klang nicht sehr überzeugt.
    Keiner der drei aß viel und kaum eine Stunde später fuhr er sie quer durch London, den Koffer im Kofferraum, Tasche, Kamera und Reiseführer auf dem Rücksitz.
    Er fand einen Parkplatz gleich bei ihrer Haustür. »Jetzt über-nimmt das Schicksal seinen Part«, sagte er voller Ironie. »Es hat beschlossen, dich eiligst in dein eigenes Leben zu entlassen.«
    »Toby…«
    »Nein.« Er hob die Hand. »Ich glaube fest an das Schicksal.
    Was kommt, kommt, und so weiter. Also los.« Er stieß seine Tür auf und ging zum Kofferraum.
    Anna stieg aus, ging langsam auf ihre Haustür zu und ließ Toby mit dem Koffer nachkommen. Späte Schneeglöckchen und erste Krokusse wuchsen in dem kleinen Beet unter dem vorderen Fenster und Winterjasmin leuchtete gelb vor dem Londoner Ziegelstein. Im Blumenkasten steckten unordentliche Stiefmütterchen, ein untrügliches Zeichen dafür, dass ihre Besitzerin sich lange nicht um sie gekümmert hatte.
    Sie suchte nach den Schlüsseln. »Dies ist kein Lebewohl, Toby.« Sie wandte sich auf den Stufen um und sah ihm ins Gesicht. »Da ist so manches, das ich für mich selbst klären muss.«
    Sie nahm seine Hände. »Bitte, sei da, wenn ich dich brauche.«
    »Das bin ich, das weißt du.«
    Sie umarmte ihn und küsste ihn auf die Lippen. Dann drehte sie sich um, trug den Koffer selbst hinein und schloss die Tür hinter sich.
    Er starrte die Tür einige Augenblicke mit blinden Augen an, dann wandte er sich ab.
    Auf der anderen Seite der Tür stand auch Anna zunächst still.
    Sie ließ den Koffer und die Taschen fallen und holte tief Atem, während sie versuchte, die Tränen zurückzuhalten. Es war wieder da. Das Sonnenlicht hinter den Augen. In der engen Diele eines Reihenhauses in West London konnte sie die Hitze der Wüstensonne auf ihrem Gesicht spüren und den aromatisch wehenden Rauch des Kyphi riechen, des Weihrauchs der Götter.
    Sie biss sich auf die Lippe und warf einen Blick auf die Uhr.
    Bald würde Serena kommen. Vielleicht würden sie es zusammen schaffen, diesen Eindringling in ihrem Kopf für immer zu vertreiben.
    Sie bückte sich, um ein paar Briefe vom Boden aufzuheben. Es war ein kleines Päckchen dabei. Sie warf die Briefe auf den Beistelltisch und starrte das Päckchen an. Es hatte ägyptische Briefmarken. Sie drehte es in den Händen hin und her, nahm es dann mit ins Wohnzimmer und riss es auf. Es enthielt einen maschinengeschriebenen Brief und ein kleineres wattiertes Päckchen.
    Der Brief kam von der Polizeiwache in Luxor.
    Beiliegender Gegenstand wurde in der Hand des Verstorbenen, Mr. Andrew Watson, gefunden, als sein Leichnam aus dem Nil geborgen wurde. Später wurde festgestellt, dass genannter Gegenstand Ihnen gehört und dass er ohne Genehmigung importiert worden war.
    Inzwischen steht zweifelsfrei fest, dass Sie die Eigentümerin sind… Ich schicke ihn hiermit zurück… bitte bestätigen Sie den Empfang desselben…
    »Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Bitte nicht.«
    Sie legte das kleine Päckchen auf den Tisch und starrte es an.
    Dann wandte sie sich um und rannte zur Haustür.
    »Toby!«
    Verzweifelt rüttelte sie am Schloss und riss die Tür auf.
    »Toby, warte!«
    Sein Wagen fuhr gerade vom Bordstein weg.
    »Toby!«

    Sie rannte zum Tor, aber er war, nachdem er mit erhobener Hand dem Autofahrer gedankt hatte, der ihn in den Verkehrsstrom einscheren ließ, davongefahren. Zu ihr hatte er nicht mehr zurückgeschaut.
    »Toby!«
    Sie stand da, sah ihm nach und fühlte sich so verloren und verschreckt wie noch nie in ihrem Leben. »Toby, komm zurück.
    Bitte. Ich brauche dich!«
    Sie ließ die Hand sinken und ging dann langsam zum Haus zurück.
    Während sie die Stufen hinaufging, konnte sie bereits von fernher über den Sand das Singen hören, den Kyphi

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