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Das Lied der alten Steine

Das Lied der alten Steine

Titel: Das Lied der alten Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Eingeweihte in einer Art modernem Isiskult. Sie rief die Priester herbei, um sie zu vertreiben. Eine Art Geisterdesinfektion. Aber ich ließ einen der beiden in meinen Kopf herein. Ich wurde eine Zeit lang leicht verrückt, nachdem Andy gestorben war. Wenn Toby sich nicht um mich gekümmert hätte, weiß ich nicht, was passiert wäre.«
    »Anhotep und Hatsek.« Phyllis murmelte leise die beiden Namen.
    Einen Augenblick wusste Anna nicht, ob sie richtig gehört hatte. Ihre Augen weiteten sich. »Dann hast du also doch das Tagebuch gelesen?«, sagte sie anklagend.
    »Nein.« Phyllis schüttelte langsam den Kopf. »Es gibt ein Bild von ihnen, hier, in diesem Haus. Die Namen stehen auf der Rückseite.«
    Anna starrte sie an. Ihr wurde durch und durch kalt.
    »Wo ist es?«
    »Ich habe das Bild nie gemocht, aber ich wusste, dass es wertvoll sein musste. Bei den heutigen Preisen ist es wahrscheinlich ein Vermögen wert, deshalb habe ich es behalten.
    Aber ich habe es in die hintere Vorratskammer gesteckt.« Sie wandte sich um, als Toby mit einer alten Kiste für Schulsachen unter dem Arm erschien. »Stellen Sie sie dahin. Vielen Dank, mein Lieber.« Sie runzelte die Stirn, als Anna zur Tür ging.
    »Warte, Schatz. Sei vorsichtig! Toby, gehen Sie mit ihr.«
    »Wohin? Wohin gehen wir?« Toby lief ihr den langen Flur nach, während Phyllis am Feuer zurückblieb, das Gesicht ins Katzenfell gekuschelt.
    »Sie hat ein Bild von ihnen! In der Speisekammer. Ich kann es nicht glauben! Sie hat ein Bild von den Priestern!« Anna stieß die Tür zur Küche auf und ging voraus. Es war eine große Küche, durch einen alten elfenbeinfarbenen Ofen warm gehalten. Der Eichentisch war mit Büchern und Papieren bedeckt, in der Anrichte hingen zu gleichen Teilen farbenfrohe Becher und alte Teetassen mit Sprüngen. Einen Augenblick stand sie still und starrte auf die Tür zwischen Anrichte und Spüle. »Da drin ist es.« Sie schluckte. Sie legte die Hand auf das Amulett am Hals. »Toby, es ist da drin!«
    »Du musst es dir nicht ansehen.«
    »Doch. Ich muss. Verstehst du denn nicht? Ich muss wissen, ob sie Louisa in der gleichen Gestalt erschienen sind!« Sie schaute mit großen Augen umher und konzentrierte sich auf eine Vase mit Winterjasmin auf der Anrichte. Unwillkürlich griff sie nach Tobys Hand, während sie den Pulsschlag in ihren Ohren zu beruhigen versuchte.
    »Du bist in Sicherheit, Anna. Die Flasche liegt auf dem Grund des Nils.« Toby legte ihr den Arm um die Schultern. »Es ist nur ein Bild. Wir können es ignorieren. Ans Feuer zurückgehen und uns den Briefen widmen. Den Wasserkessel aufsetzen und Tee aufgießen. Nach Hause gehen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich muss es sehen.« Sie holte tief Luft und ging zur Tür. Beim Öffnen griff sie nach dem Lichtschalter.
    Der Raum war klein, auf drei Seiten umrahmt von Regalen voll Dosen, Gläsern und Schachteln und auf der vierten fast ganz von einer großen Gefriertruhe ausgefüllt. Darüber waren Haken, an denen Netze hingen, dazu Knoblauch, alte Pfannen und Körbe.
    Sie sah sich um und im ersten Augenblick bemerkte sie das Bild gar nicht. Dann erspähte sie es, halb verdeckt von einem Netz voller Kartoffeln. Der Rahmen maß etwa sechzig Zentimeter in der Höhe und gut vierzig in der Breite. Es zeigte zwei dunkelhäutige Männer, die in der Wüste vor einer Akazie standen, über ihnen ein saphirblauer Himmel. Einer war in weiße Leinengewänder gehüllt, der andere hatte ein Tierfell um Schulter und Taille geschlungen. Beide trugen eine seltsame Haartracht, hielten lange Stäbe und starrten den Betrachter durchdringend an.
    Toby ließ seinen Blick von dem Bild zu Anna wandern. Sie war so weiß wie ein Leintuch geworden.
    »Das sind sie«, flüsterte sie. »Genau wie ich sie gesehen habe.«
    »Genug. Das reicht jetzt.« Toby zog sie fort. »Komm. Zurück zum Feuer.« Er machte das Licht aus und schloss die Tür hinter ihnen.
    »Warum habe ich es vorher nie gesehen?« Sie schüttelte den Kopf. »Ich war hundertmal in diesem Raum. Habe die Gefriertruhe aufgemacht, Sachen vom Regal geholt. Seit meiner Kindheit!«
    »Vielleicht war es gar nicht da. Oder vielleicht hast du es nicht bemerkt, weil es halb verdeckt war. Schließlich hat es damals keine Bedeutung für dich gehabt.« Er folgte ihr durch den Flur zurück zum Wohnzimmer.
    Phyllis saß auf einem Kissen auf dem Teppich vor dem Feuer, neben sich die offene Kiste. Derweil hatte die Katze den Sessel ganz übernommen. Phyllis sah auf,

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