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Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)

Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Das Lied der Banshee: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janika Nowak
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unbeschwert dreinzuschauen. Aber war das ein Wunder?
    »Du hattest schon bessere«, gab ich mit einem schiefen Grinsen zurück. »Na ja, die Straße ist noch lang, vielleicht sticht mir ja doch noch was ins Auge.«
    Das bezweifelte ich zwar, doch ich wollte Thomas nicht noch mehr runterziehen. Er machte sich sichtlich immer noch Sorgen um mich.
    Plötzlich hatte ich das Gefühl, etwas würde sich in meiner Brust ausdehnen. Wie ein Tintenfisch, der seine Tentakel reckte und sich einen Weg durch mein Gewebe bahnte. Ich konnte nichts anderes tun, als still stehen bleiben, denn ich hatte den Eindruck, dass meine Organe beiseitegeschoben wurden. Schließlich legte sich einer der vermeintlichen Tentakel um mein Herz.
    Ich schnappte erschrocken nach Luft und krümmte mich ein wenig zusammen, da begann es in meinen Ohren zu rauschen, und das Rauschen verdichtete sich zu einer hellen Stimme, die wie ein diffuses Echo klang.
    Waren das die Nachwirkungen der Schläge? Hatten die Mistkerle mir eine Gehirnerschütterung verpasst?
    Kalter Schweiß benetzte meine Hände, während mein Herz wild pochte. Angst schnürte meine Kehle zu.
    »Aileen«, echote es durch meinen Kopf, allerdings so grausam verzerrt, dass es mir in den Ohren weh tat.
    Ich wollte ängstlich nach Thomas rufen, doch ich brachte kein Wort heraus. Das Echo lähmte mich, als sei ich eingefroren. Das Einzige, das sich an mir bewegte, war mein Herz, und das raste für drei.
    Was, wenn es aussetzte? Ich war in diesem Augenblick ebenso sicher zu sterben wie in der vergangenen Nacht.
    Eigentlich hätte man in so einer Situation zusammenbrechen sollen, aber mein Körper fühlte sich an wie steif gefroren.
    »Aileen? Alles in Ordnung mit dir?«
    Thomas’ Stimme und seine Hände, die meine warm umschlossen, holten mich mit einem Ruck in die Wirklichkeit zurück. Ich taumelte ihm entgegen, und er fing mich geistesgegenwärtig auf. Die Krake zog ihre Tentakel wieder ein, das Echo verschwand, und allmählich kehrte jetzt auch die Wärme in meine Glieder zurück. Während sich mein Herz langsam beruhigte, atmete ich tief durch.
    »Ja, es geht wieder«, keuchte ich und leckte mir über die Lippen, die mit einem Mal trocken und rissig geworden waren.
    »Sieht nicht so aus«, widersprach Thomas und zog mich zu einer kleinen Bank in der Fußgängerzone.
    Erst jetzt merkte ich, dass ich am ganzen Körper zitterte. Es war, als hätte ich mich zuvor mit aller Kraft gegen etwas gestemmt, und jetzt war meine Energie komplett verbraucht.
    »Vielleicht solltest du zum Arzt gehen«, redete Thomas fürsorglich auf mich ein, während er mir über die Arme rieb.
    Normalerweise hätte ich mir so eine Berührung verbeten, aber ich war nicht in der Lage zu reagieren. Ich starrte auf meine Schuhspitzen und fragte mich, was das eben gewesen war. Ein Schwindelanfall? Ein Herzinfarkt? Dazu war ich doch wohl noch zu jung, oder?
    »Nein, kein Arzt«, entgegnete ich. »Mir war nur ein wenig schwindelig. Ist manchmal so, wenn ich … na ja, du weißt schon, die Tage.«
    Mit nichts konnte man einen Jungen besser abschrecken, als zu erwähnen, dass man seine Tage hatte. Zum Arzt wollte ich auf keinen Fall. Entweder steckte er mich ins Krankenhaus oder erklärte mich für verrückt. Letzteres war wahrscheinlicher, wenn ich ihm von meinen seltsamen Empfindungen erzählte. Die würde er glattweg als Halluzinationen abtun!
    »Ich bringe dich jetzt besser wieder nach Hause.«
    Dass er mir sanft übers Haar streichelte, hätte ich zu einem anderen Zeitpunkt nicht zugelassen, aber jetzt genoss ich seine Fürsorge.
    Damit sie nicht ausuferte und mich vielleicht noch dazu brachte, zu vergessen, dass wir bloß Freunde und Kollegen waren, nickte ich nur und mühte mich wieder von der Bank hoch.

    Während der Fahrt zum Wohnheim ließ Thomas mich keinen Moment aus den Augen. Befürchtete er, dass ich ganz zusammenklappte?
    So seltsam wie ich mich fühlte, konnte ich das mittlerweile nicht mal mehr ausschließen. Was war das nur für ein Anfall gewesen? Und warum hatte ich das blöde Gefühl, dass es sich jederzeit wiederholen könnte? Irgendwas war noch immer in meiner Brust. Etwas, das dort schlummerte und nur darauf wartete, erneut auszubrechen. Vielleicht war es ja doch ein Herzinfarkt?
    Doch so sehr mir die Angst noch in den Gliedern steckte, weitere Attacken blieben fürs Erste aus.
    »Tut mir leid, dass ich dir den Tag verdorben habe«, sagte ich kleinlaut, als Thomas mich vor meiner Tür ablieferte.
    »Das

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