Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der Cheyenne

Das Lied der Cheyenne

Titel: Das Lied der Cheyenne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Jeier
Vom Netzwerk:
nachlässig über die Knie gelegt hatte. Seine entschlossene Miene sagte ihr, dass er sofort schießen würde, wenn sie einen Fluchtversuch unternahm.
    Büffelfrau aß die Forelle und trank von dem kühlen Wasser. Sie hatte lange nicht mehr so gut gegessen. Danach legte sie sich hin und zog das Fell über ihren Kopf. Sie fühlte, dass der Adler immer noch in ihrer Nähe war, und betete zu ihm und allen Geistern, die sie hören konnten. »Helft mir«, sagte sie in Gedanken, »helft mir, dieses Schicksal zu ertragen! Ich habe mich nicht gegen die Shar-ha gewehrt, weil ich euch vertraue. Ich reite mit meinen Feinden. Ich tue es für die Zukunft meines Volkes und für die Rückkehr der heiligen Pfeile. Bleibt bei mir und zeigt mir den richtigen Weg in eine bessere Zukunft.«
    Sie schlief ein und hörte nicht mehr, wie Singende Krähe zu seinem Gott sprach. Er bat ihn, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken. »Noch sehe ich den Morgenstern nicht am Himmel«, sagte er, »noch bleibt Zeit. Ich sehe ein seltsames Licht in den Augen dieser Frau und spüre, dass sie eine Frau mit magischen Kräften ist. Sprich zu mir, Tirawa. Führe uns auf den richtigen Weg und sage uns, wie wir dem Morgenstern und den anderen Göttern am besten dienen können.« Er legte sich hin und kümmerte sich nicht um die neugierigen Blicke, die wie Feuer in seinem Nacken brannten. Seine Krieger waren ahnungslos und machte sich selten Gedanken. Sie vertrauten den Priestern und stellten kaum Fragen.
    Er war ein Häuptling und fühlte, dass es neue Antworten auf neue Fragen gab.

27
Gefangenschaft
    Das Dorf der Shar-ha lag in einer windgeschützten Senke und erstreckte sich bis zum Ufer des Zedernflusses, der weiter westlich in den Verrückten Fluss der tsis tsis tas mündete. Zwanzig Erdhütten erhoben sich aus dem lehmhaltigen Boden. Ihre Wände waren fest und mündeten in einen tunnelartigen Eingang, der nach Osten zeigte. Die Hütten waren wesentlich größer als die Tipis des Volkes und konnten nicht abgebaut und bewegt werden. Auf den festgetretenen Dächern saßen vor allem die Alten und wärmten sich in der hellen Frühlingssonne.
    Büffelfrau griff Sturmwind erschrocken in die Zügel, als sie die seltsamen Behausungen sah. Sie war noch nie in einem Dorf der Shar-ha gewesen und kannte das seltsame Volk nur aus den Erzählungen ihres Vaters und einiger anderer Krieger. Auch sie hatten von den Lehmhäusern gesprochen, aber sie hatte sich die Hütten nicht so groß und fest vorgestellt. Zwischen den Wänden wohnten bestimmt fünf bis sechs Familien. Sie sah zahlreiche Frauen vor den Hütten sitzen und in der Sonne kochen oder nähen, und vom Fluss kamen einige Kinder herauf, als sie Singende Krähe und seine Begleiter entdeckten.
    Der Ort für das Dorf war gut gewählt. Die Senke lag abseits der ausgetretenen Pfade, und der Fluss führte frisches klares Wasser. Im Osten lagen Felder mit Mais, Kürbissen und anderem Gemüse, und in dem Laubwald, der sich weit nach Norden erstreckte, gab es viel Wild. Die Shar-ha waren ein sesshaftes Volk und brachen nur im Frühling und im Herbst zur Büffeljagd auf. Sie verabscheuten das rastlose Nomadenleben der Halsabschneider und wohnten seit ungezählten Wintern am Zedernfluss. Es war ein guter Platz, der auch der Sonne, dem Mond und dem Morgenstern gefiel.
    Die Sonne stand hoch am Himmel, als Singende Krähe mit den Kriegern und seiner Gefangenen in das Dorf ritt. Von allen Seiten liefen Männer, Frauen und Kinder zusammen, um die auserwählte Frau zu sehen. Es war lange her, dass ihr Häuptling im Eis eingebrochen und ertrunken war und der Morgenstern nach einer jungen Frau gerufen hatte. Der Priester hatte ihn gehört und war in seinem schwarzen Umhang mit dem roten Kreuz des Morgensterns vor seine Krieger getreten.
    »Hört mich an«, hatte er gesagt, »wir haben die Halsabschneider besiegt und ihr heiliges Bündel gestohlen. Dann starb unser Häuptling, und viele Kinder erkrankten, und ich spürte, wie großes Unglück über unser Volk kam. Der Morgenstern wandte sich von uns ab, und seine untreue Frau, der Abendstern, verließ ihn und wandte sich anderen Göttern zu. Die Zeit ist gekommen, meine Brüder! Der Morgenstern sucht eine Frau, und wir sind aufgefordert, sie für ihn zu finden. Wer die Vision hat, wird auf einen langen Ritt gehen und die auserwählte Frau in unser Dorf bringen.«
    Es hatte einen Mond gedauert, bis Singende Krähe die Bilder in seinen Träumen gesehen hatte. Der neue

Weitere Kostenlose Bücher