Das Lied der Cheyenne
Häuptling ritt mit den Büffeln über die weite Prärie und beobachtete eine junge Frau, die wie ein Mann bewaffnet war und den Kriegsruf der Halsabschneider ausstieß. Sie erlegte einen weißen Büffel und ritt in den wolkenlosen Himmel, wo sie mit den Sternen schlief und das Fell dem Morgenstern zu Füßen legte. »Ich habe die auserwählte Frau gesehen«, sagte er am nächsten Morgen zum Priester. Er schilderte seinen seltsamen Traum. Als der xinesi bedeutungsvoll nickte, fügte er hinzu: »Ich werde mit zwei Kriegern nach Westen reiten und sie holen. Wie lange wird es dauern, mein Priester, bis ich sie gefunden habe?«
»Das wissen nur die Götter«, antwortete der Priester. »Wir warten geduldig und bereiten alles für die Hochzeit vor. Seid vorsichtig und tut nichts, was die Götter erzürnen könnte.«
»Ja, mein Priester.«
Am nächsten Morgen waren Singende Krähe und seine beiden Begleiter aufgebrochen. Das war im Mond des großen Rades, wie die tsis tsis tas den Februar nannten, und sie waren einen Mond lang über die kalte Prärie geritten und hatten erst die Sonne gespürt, als die auserwählte Frau bereits in ihrem Land gewesen war. Sie hatten sie auf einem Hügelkamm entdeckt und waren ihr drei Tage gefolgt, um ganz sicher zu sein. Aber es gab keinen Zweifel. Sie gehörte zu den Halsabschneidern und trug ihr Haare offen wie die Frau in dem geheimnisvollen Traum. Die letzten Zweifel beseitigten ihre tiefen und braunen Augen, die fast wie Kohle in ihrem ebenmäßigen Gesicht brannten.
Singende Krähe zügelte sein Pony vor der großen Erdhütte des Priesters und rief: »Ich bin zurück, mein Priester. Ich habe die auserwählte Frau gefunden.«
Es dauerte eine Weile, bis der Priester aus dem dunklen Eingang trat. Er war ein großer Mann mit einem ausgeprägten Gesicht, das von kalten Augen und einer knochigen Nase beherrscht wurde. Sein Schädel war kahl rasiert, und seine Stirn wurde nur von der hornartigen Skalplocke beschattet. An dem fettigen Haar waren zwei Federn und zahlreiche Amulette befestigt. Er trug bunte Ohrringe aus bemalten Muscheln und funkelnde Armreifen, die ein weißer Händler mitgebracht hatte, der seit einigen Monden ihr Dorf besuchte. Sein schwarzer Umhang mit dem roten Kreuz des Morgensterns und zahlreichen Symbolen reichte bis auf den Boden.
Büffelfrau hielt unwillkürlich den Atem an. Die Krieger ihres Volkes hatten die heiligen Männer der Shar-ha immer nur aus der Ferne gesehen, wie sie Pferde geraubt hatten, und niemand wusste, welche Bedeutung die geheimnisvollen Männer in den schwarzen Umhängen wirklich hatten. Es ging etwas Bedrohliches von dem Priester aus, der sich seiner Bedeutung bewusst war und wie ein Gott vor sein Volk trat. Er hielt einen mit bunten Federn verzierten Coupstab in der rechten Hand und deutete damit auf die eingeschüchterte Büffelfrau. Seine Augen brannten sich in ihre Seele und flößten ihr Furcht ein.
»Ich grüße dich, auserwählte Frau«, sagte er zu ihr. Auch er benutzte die Zeichen, die von allen Prärievölkern verstanden wurden. Sein Coupstab behinderte ihn dabei, aber erlegte ihn nicht aus der Hand. Er berührte sie damit und blickte ihr in die Augen. »Du bist die Frau, auf die unser Volk gewartet hat.«
Büffelfrau war viel zu eingeschüchtert, um etwas zu sagen, und nickte nur. Sie hatte keine Ahnung, was die Shar-ha von ihr wollten, und kam sich erbärmlich und klein vor. Es ging eine besondere Kraft von dem heiligen Mann der Shar-ha aus, vor allem von seinen stechenden Augen, und sie hatte Angst, dass es niemand gab, der ihm gewachsen war. Kein Schamane der tsis tsis tas, kein Geist, nicht einmal seine eigenen Leute.
»Bringt sie in die Hütte, die wir für sie vorbereitet haben«, befahl der Priester. »Singende Krähe, du bist ihr Wolfsmann und wirst sie nicht aus den Augen lassen, bis die Vereinigung stattgefunden hat. Bleibe bei ihr.« Er blickte sie an, gebrauchte aber kein Zeichen. »Ich werde vier Frauen schicken. Sie werden ihr erlesene Speisen und kostbare Geschenke bringen.«
»Ja, mein Priester.«
Singende Krähe führte die auserwählte Frau in eine Erdhütte und bedeutete ihr, sich auf das bereitgelegte Büffelfell zu setzen. Es war mit weichem Gras gefüttert und wesentlich bequemer als das Bett in ihrem Tipi oder ihr Sattel. Das Fell war von erlesener Qualität und fühlte sich flauschig und weich an. Büffelfrau blickte sich neugierig um. Vom Eingang bis zu dem bemalten Büffelschädel auf der anderen
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