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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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halfen den Kräutersammlerinnen, die Verwundeten in die städtischen Hospitäler zu bringen.
    »Müsste man nicht die Dämonen jagen, die uns entkommen sind?«, fragte Arlen, als sie Ragen auf die Ladefläche ihres Karrens hievten. Sein gebrochenes Bein war geschient, und die Kräutersammlerinnen hatten ihm einen schmerzlindernden Tee eingeflößt, der ihn schläfrig und benommen machte.
    »Wozu?«, entgegnete Cob. »Die Dämonenjäger würden es nicht überleben, und morgen früh erledigt sich das Problem ohnehin von selbst. Das Beste ist, man sucht jetzt ein geschütztes Haus auf. Die Sonne wird sich dann der Horclinge annehmen, die jetzt noch Miln unsicher machen.«
    »Bis zum Sonnenaufgang dauert es ein paar Stunden«, gab Arlen zu bedenken, als er auf den Karren kletterte.

    »Was schlägst du vor?«, wollte Cob wissen, der während der Fahrt die Augen überall hatte und argwöhnisch die Umgebung absuchte. »Heute Nacht hast du die Wachen des Herzogs in voller Aktion erlebt, mehrere Hundert Männer mit Speeren und Schilden. Dazu noch ausgebildete Bannzeichner. Hast du gesehen, wie ein einziger Horcling getötet wurde? Nein, natürlich nicht. Diese Ungeheuer sind unsterblich.«
    Arlen schüttelte den Kopf. »Sie bringen sich gegenseitig um. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen.«
    »Es handelt sich um magische Wesen, Arlen. Untereinander können sie sich zwar Schaden zufügen, aber gegen die Waffen der Menschen sind sie immun.«
    »Die Sonne merzt sie aus«, beharrte Arlen.
    »Die Sonne ist eine übernatürliche Kraft, Junge. Du wirst doch wohl nicht auf den Gedanken kommen, dich oder mich mit diesem Phänomen zu vergleichen. Wir zwei sind einfache Bannzeichner, wir sind nichts weiter als Menschen.«
    Sie bogen um eine Ecke und schnappten erschrocken nach Luft. Auf der Straße vor ihnen lag ein ausgeweideter Leichnam, und die Pflastersteine ringsum waren rot vor Blut. Teile der Leiche brannten noch, und der beißende Gestank von verschmortem Fleisch verpestete die Luft.
    »Ein Bettler«, meinte Arlen, der die zerlumpte Kleidung bemerkte. »Was hatte er nachts draußen zu suchen?«
    »Sogar zwei Bettler«, ergänzte Cob, hielt sich ein Tuch über Mund und Nase und deutete auf einen Niedergemetzelten, dessen grausige Überreste ein Stück weiter weg auf dem Straßenpflaster verstreut lagen. »Wahrscheinlich hat man ihnen kein Obdach gewährt.«
    »Ist das erlaubt?«, empörte sich Arlen. »Ich dachte, die öffentlichen Unterkünfte müssten jeden aufnehmen.«

    »Nur so lange, bis sie mit Obdachsuchenden gefüllt sind«, erklärte Cob. »Von diesen Zufluchtsorten gibt es ohnehin viel zu wenige. Nachdem die Wachen sie erst einmal drinnen eingesperrt haben, kämpfen die Männer um Essen und Kleidung, und was sie erst den Frauen antun, ist abscheulich. Viele Leute gehen dann doch lieber das Risiko ein, auf der Straße zu übernachten.«
    »Warum unternimmt niemand etwas dagegen?«, fragte Arlen.
    »Alle sind sich darin einig, dass es ein Missstand ist«, erwiderte Cob. »Aber die Bürger sagen, der Herzog muss sich darum kümmern, und der Herzog hat keine Lust, Leute zu schützen, die nicht zum Wohlergehen seiner Stadt beitragen.«
    »Dann schickt man die Wachen lieber für den Rest der Nacht nach Hause und überlässt es den Horclingen, das Problem zu lösen«, kommentierte Arlen erbittert. Cob hatte nichts dazu zu sagen, sondern schnalzte nur mit den Zügeln, bestrebt, die unsicheren Straßen zu verlassen.

    Zwei Tage später waren sämtliche Bürger der Stadt aufgefordert, sich auf dem großen Platz einzufinden. Man hatte ein Schafott aufgebaut, und vor dem Galgen stand der Bannzeichner Macks, der in der Nacht, als der Mauerdurchbruch passiert war, Dienst gehabt hatte.
    Herzog Euchor selbst war nicht anwesend, doch Jone verlas sein Urteil. »Im Namen des Herzogs Euchor, Licht der Berge und Gebieter über Miln, wirst du für schuldig befunden, deine Pflicht vernachlässigt zu haben, was zu einem Bruch der Stadtmauer führte. Acht Bannzeichner, zwei Kuriere, drei Kräutersammlerinnen,
siebenunddreißig Wachposten und achtzehn Bürger mussten den Preis für deine Unfähigkeit zahlen.«
    »Als ob es etwas nützen würde, auch noch den neunten Bannzeichner umzubringen«, murrte Cob. Buhrufe und Zischen ertönten aus der Menge, und Wurfgeschosse aus faulem Gemüse trafen den unglücklichen Bannzeichner, der mit gesenktem Kopf dastand.
    »Hiermit wirst du zum Tode verurteilt«, schloss Jone. Männer, deren Gesichter

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