Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
Vom Netzwerk:
durch Kapuzen verhüllt waren, packten Macks bei den Armen, bugsierten ihn unter den Strick und legten ihm die Schlinge um den Hals.
    Ein groß gewachsener, breitschultriger Fürsorger mit einem buschigen schwarzen Bart und wallenden Gewändern ging zu ihm und zeichnete ein Siegel auf seine Stirn. »Möge der Schöpfer dir deine Sünde vergeben«, singsangte der Heilige Mann, »und uns allen zu reinen Herzen und lauterem Handeln verhelfen, damit Sein Fluch von uns genommen werde und wir erlöst sind.«
    Er trat zurück, und die Falltür klappte herunter. Die Menge jubelte, als sich der Strick straffte.
    »Narren!«, fauchte Cob. »Ein Bannzeichner weniger, wenn es zum nächsten Mauerdurchbruch kommt und jede helfende Hand gebraucht wird!«
    »Was hat er gemeint, als er vom Fluch und von der Erlösung sprach?«, fragte Arlen.
    »Ach, das ist nur so ein blödes Geschwafel, um die Menschen in Schach zu halten«, winkte Cob ab. »Du bist gut beraten, wenn du dich gar nicht erst damit befasst!«

12
    Die Bibliothek
    321 NR
     
     
     
    Aufgeregt marschierte Arlen hinter Cob her, als sie sich dem großen Gebäude aus Stein näherten. Heute war der Siebenttag, und normalerweise hätte er sich geärgert, weil er mit seinem Training im Reiten und Speerwerfen aussetzen musste, aber dieses spezielle Ereignis hätte er nicht verpassen wollen - seinen ersten Besuch der Bibliothek des Herzogs.
    Seit er und Cob begonnen hatten, mit Schutzzeichen zu handeln, machte sein Meister ausgezeichnete Geschäfte, denn sie hatten in Miln eine Marktlücke entdeckt und es verstanden, sie auszufüllen. Ihre Grimoire-Anthologie entwickelte sich sehr schnell zur umfangreichsten Sammlung dieser Art, die Miln aufzuweisen hatte; vielleicht war sie sogar die größte der Welt. Außerdem sprach es sich herum, welche Rolle Arlen und sein Meister beim Schließen des Mauerdurchbruchs gespielt hatten, und die herzogliche Familie, der keine neue gesellschaftliche Entwicklung entging, war auf sie aufmerksam geworden.
    Allerdings entpuppte es sich nicht als ungetrübte Freude, mit der Sippschaft des Herzogs zu arbeiten; die Blaublütigen stellten ständig lächerliche Forderungen und verlangten Siegel an Stellen, an die gar keine hingehörten. Cob verdoppelte und
verdreifachte schließlich seine Preise, aber es nützte nichts. Den Bannzeichner Cob zu engagieren, um sein Anwesen zu sichern, war zu einem Statussymbol geworden.
    Nun jedoch, da man sie beauftragt hatte, das wichtigste Gebäude in der Stadt mit Siegeln zu versehen, wusste Arlen, dass sich all die Mühe gelohnt hatte. Nur wenigen Bürgern war es jemals vergönnt, einen Blick ins Innere der Bibliothek zu werfen. Euchor hütete seine Büchersammlung eifersüchtig und gewährte nur hochrangigen Antragstellern und ihren Gehilfen Zutritt.
    Ursprünglich war die Bibliothek von Fürsorgern errichtet worden und ging erst später in den Besitz des Throns über. Geleitet wurde sie stets von einem Fürsorger ohne eigene Gemeinde, der sich außer um den kostbaren Bücherschatz um nichts anderes zu kümmern brauchte. Wer diesen Posten bekleidete, war mit mehr Prestige und Einfluss ausgestattet als jeder Vorsteher eines Heiligen Hauses; die einzigen Ausnahmen bildeten das Oberhaupt des Großen Heiligen Hauses und der Aufseher über den persönlichen Altar des Herzogs.
    Ein Gehilfe nahm sie in Empfang und geleitete sie in das Büro des Obersten Bibliothekars, Fürsorger Ronnell. Unterwegs huschten Arlens Blicke überallhin; begierig sog er alles in sich auf, angefangen von den modrigen Regalen bis hin zu den schweigenden Gelehrten, die durch die Gänge streiften. Ohne die Grimoires besaß Cob mehr als dreißig Bücher, und Arlen hatte geglaubt, dies sei eine beachtliche Sammlung. Die Bibliothek des Herzogs enthielt Tausende von Werken, mehr, als er in seinem ganzen Leben je lesen konnte. Er fand es nicht richtig, dass der Herzog die Allgemeinheit von diesem Wissensschatz ausschloss.
    Fürsorger Ronnell war für den begehrten Posten des Obersten Bibliothekars noch ziemlich jung; sein braunes Haar wies
erst wenige graue Strähnen auf. Er begrüßte sie herzlich und bat sie Platz zu nehmen, dann schickte er einen Diener los, um Erfrischungen zu holen.
    »Dein Ruf eilt dir voraus, Meister Cob«, begann Ronnell, nahm seine in Draht gefassten Augengläser ab und wischte sie an seiner braunen Robe sauber. »Ich hoffe, du nimmst diesen Auftrag an.«
    »Sämtliche Siegel, die ich bis jetzt gesehen habe, sind noch völlig

Weitere Kostenlose Bücher