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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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zerquetschen, doch er kam gar nicht dazu, seine Kraft gegen Arlen einzusetzen. Der hatte den Horcling dazu verleitet, ihn in seinen Ersatzzirkel zu drängen, der unbemerkt im Sand lag. Die Zeichen flackerten auf und wendeten den Angriff des Dämons ab, während Arlen nur auf diesen Moment gewartet hatte. Er stürmte vor und stieß dem Horcling seinen neuen Speer in den Bauch.
    Einarms Schrei durchdrang die Nacht, ein schriller, grausiger Laut, doch in Arlens Ohren klang er wie Musik. Er wollte den Speer zurückziehen, doch der steckte in dem dicken schwarzen Körperpanzer fest. Noch einmal zerrte er daran, und dieses Mal hätte er fast mit seinem Leben dafür bezahlt, weil Einarm mit der Pranke nach ihm schlug und die Krallen sich tief in Arlens Brust und Schulter gruben.
    Arlen wurde zur Seite geschleudert, aber er schleppte sich zu seinem Ersatzzirkel und brach in dem schützenden Kreis zusammen. Während er seine Hände auf die Wunden presste, beobachtete er, wie der riesige Felsendämon ziellos umhertaumelte.
Immer wieder versuchte Einarm, den Speer zu packen und ihn aus der Wunde zu reißen, aber die Zeichen im Schaft hinderten ihn daran. Die ganze Zeit über wirkte die Magie; die Speerspitze in der Wunde sprühte Funken und jagte tödliche Wellen durch den Körper des Horclings.
    Arlen erlaubte sich ein mattes Lächeln, als Einarm zu Boden sackte und dort wild um sich schlug. Doch als er sah, wie die heftigen Bewegungen des Dämons allmählich in ein langsames Zucken übergingen, spürte er, wie sich in ihm ein Gefühl der Leere ausbreitete. Unzählige Male hatte er von diesem Augenblick geträumt, sich ausgemalt, was er dabei empfinden und was er sagen würde. Doch es kam alles ganz anders, als er es sich vorgestellt hatte. Anstatt sich euphorisch zu fühlen, war er niedergeschlagen wie nach einem Verlust.
    »Das habe ich für dich getan, Mam«, flüsterte er, als der gigantische Felsendämon aufhörte, sich zu bewegen. Er versuchte, in Gedanken das Bild seiner Mutter heraufzubeschwören, sehnte sich verzweifelt nach ihrem Lob, und er war bestürzt und beschämt, als er sich nicht an ihr Gesicht erinnern konnte. Er fing an zu schreien, und kam sich unter dem gestirnten Himmel unendlich klein und erbärmlich vor.
    Schließlich schleppte sich Arlen zu seinem Gepäck, um seine Wunden zu versorgen, wobei er einen großen Bogen um den Dämon machte. Die Stiche, mit denen er die Verletzungen vernähte, fielen krumm und schief aus, doch sie hielten die Wundränder zusammen; der Umschlag aus zerstoßenem Eberwurz brannte entsetzlich, ein Zeichen, wie sehr er dieses Heilmittel benötigte. Bereits jetzt war die Wunde schon stark entzündet.
    In dieser Nacht fand er keine Ruhe. Nicht nur dass seine schmerzenden Wunden und der Kummer in seinem Herzen ihn um den Schlaf brachten, er wusste auch, dass ein Kapitel in seinem
Leben kurz vor dem Abschluss stand, und er hatte sich vorgenommen, es um jeden Preis zu einem Ende zu bringen.
    Als die Sonne sich über die Dünenkämme erhob, überflutete ihr Licht Arlens Lager mit einer Schnelligkeit, die man nur in der Wüste findet. Die Sanddämonen waren längst verschwunden und hatten sich beim ersten Hauch der Morgendämmerung in den Horc geflüchtet. Arlen zuckte zusammen, als er sich mühsam von seinem Lager in die Höhe quälte. Er verließ den Kreis, ging zu Einarm hinüber und holte sich seinen Speer zurück.
    Jede Stelle des schwarzen Panzers, auf die das Sonnenlicht fiel, fing erst an zu qualmen, dann sprühten Funken und Flammen züngelten hoch. Nicht mehr lange, und der Körper des Felsendämons glich einem Scheiterhaufen. Arlen stand davor und beobachtete gebannt das makabre Schauspiel. Als der Horcling sich schließlich in ein Häufchen Asche verwandelte, die schon bald von einer frischen Brise davongeweht wurde, schien es ihm wie die Morgendämmerung einer neuen Hoffnung für die Menschen.

19
    Der Erste Krieger von Krasia
    328 NR
     
     
     
    Die Wüstenstraße war keine richtige Trasse, sondern lediglich eine Reihe uralter Markierungspfosten, manche von Krallen zerfetzt und zersplittert, andere halb vergraben im Sand, die dafür sorgen sollten, dass ein Reisender sich nicht verirrte. Wie Ragen einmal erzählt hatte, bestand die Wüste nicht nur aus Sand, obwohl man tagelang unterwegs sein konnte, ohne etwas anderes zu sehen als sich scheinbar endlos ausdehnende Dünenfelder. Am Rande der Wüste erstreckten sich jedoch Ebenen über Hunderte von Meilen, deren harte,

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