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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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kahle Böden im Staub erstickten; an manchen Stellen krallten sich verdorrte Pflanzen in die aufgeplatzte Lehmkruste, eine kümmerliche Vegetation, die zu wenig Feuchtigkeit enthielt, um zu verfaulen.
    Außer im Schatten der großen Dünen gab es in diesem Meer aus Sand nirgendwo einen Schutz vor der sengenden Sonne; sie brannte so heiß vom Himmel, dass Arlen kaum glauben mochte, dass es dieselbe Sonne sein sollte, die Fort Miln mit einem kalten Licht überzog. Ständig wehte der Wind, und er musste sein Gesicht bedecken, um keinen Sand einzuatmen; seine Kehle fühlte sich wund und trocken an.

    Die Nächte waren noch unangenehmer; wenige Augenblicke nach Sonnenuntergang wich die Hitze aus dem Boden, und ein kalter, einsamer Ort hieß die Horclinge willkommen.
    Doch selbst unter diesen harten Bedingungen existierte Leben. Schlangen und Eidechsen jagten winzige Nagetiere. Aasvögel suchten nach den Kadavern von Kreaturen, die die Horclinge getötet hatten, oder den Leichen der Unglücklichen, die in die Wüste hinausgewandert waren und den Rückweg nicht finden konnten. Es gab mindestens zwei große Oasen, in denen genügend Wasser vorhanden war, sodass ringsum essbare Pflanzen in Hülle und Fülle aus dem Boden sprossen. In anderen Oasen wiederum tröpfelte lediglich ein dünnes Rinnsal aus einem Felsen, oder sie enthielten ein Wasserloch, das nicht breiter war als die Schrittlänge eines Mannes; hier fristeten kahle Sträucher und kleine Tiere ihr Dasein. Arlen hatte beobachtet, wie diese Wüstenbewohner sich über Nacht in den Sand eingruben, durch die darin gespeicherte Wärme der Kälte trotzten und sich gleichzeitig vor den Dämonen versteckten, die im Sand herumpirschten.
    In der Wüste gab es keine Felsendämonen, weil sie nicht genügend Beute fanden. Flammendämonen mieden sie, denn hier gab es nichts zu verbrennen. Baumdämonen brauchten Borke, mit der sie verschmolzen, und Äste zum Klettern. Wasserdämonen konnten im Sand nicht schwimmen, und Winddämonen fanden keine Rastplätze. Die Dünen und Ebenen der Wüste gehörten einzig und allein den Sanddämonen. Und selbst die traf man mitten in der Wüste nur selten an, denn meistens scharten sie sich um die Oasen; doch der Anblick eines Feuers zog sie noch aus einer Entfernung von etlichen Meilen an.
    Die Reise von Fort Rizon nach Krasia dauerte fünf Wochen, und mehr als die Hälfte der Zeit führte der Weg durch die Wüste; diese Strapazen muteten sich sogar viele der abgehärtetsten
Kuriere nicht zu. Obwohl Händler aus dem Norden gewaltige Summen für Krasianische Seidenstoffe und Gewürze boten, waren nur wenige Kuriere so verwegen - oder verrückt -, die Tortur auf sich zu nehmen.
    Arlen jedoch fand diese Route friedvoll. Während der heißesten Tageszeit schlief er in seinem Sattel, sorgfältig in locker sitzende weiße Tücher gehüllt. Er tränkte häufig sein Pferd, und nachts breitete er unter seinen Schutzkreisen Planen aus, damit die Siegel nicht im Sand versanken. Oft geriet er in Versuchung, die ihn umzingelnden Sanddämonen anzugreifen, aber seine Wunden schwächten ihn; und sollte ihm der Speer aus den Händen gerissen werden, würde der ewige Wind ihn rasch mit Sand bedecken, und dann wäre er schwerer wiederzufinden als nach Jahrhunderten in einer unterirdischen Grabkammer.
    Trotz der Schreie der Sanddämonen kamen Arlen die Nächte still vor, nachdem er so lange Einarms donnerndes Gebrüll ausgehalten hatte. So ruhig wie jetzt hatte er draußen noch nie geschlafen.
    Zum ersten Mal in seinem Leben sah Arlen für sich eine Möglichkeit, mehr zu sein als ein glorifizierter Botenjunge. Er hatte immer gewusst, dass er zu Höherem bestimmt war als Briefe und Pakete zu befördern; seine Bestimmung lag darin, andere Männer zum Kämpfen zu ermutigen.
    Er war davon überzeugt, dass er von seinem neuen Speer ein Duplikat anfertigen konnte, und er grübelte bereits darüber nach, wie sich dessen Schutzzeichen auf andere Waffen übertragen ließen; Pfeile, Fechtstöcke, Katapultsteine - die Möglichkeiten nahmen kein Ende.
    Auf seinen Reisen hatte er viele Orte kennengelernt, aber ausschließlich die Krasianer weigerten sich, in ständiger Furcht vor den Horclingen zu leben, und dafür bewunderte Arlen sie.
Keiner hatte das Geschenk, das er ihnen geben wollte, mehr verdient als sie. Er wollte ihnen den Speer zeigen, und sie würden ihn mit allem versorgen, was er brauchte, um Waffen herzustellen, mit denen sie die entscheidende Wende in dem

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