Das Lied der Dunkelheit
nicht sicher, ob er schon bereit war, diese Prüfung zu bestehen, doch nachdem dieser Horcling ihn seit über zehn Jahren verfolgte, wäre ihm niemals eingefallen, den Kampf auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Selbst jetzt noch hätte er sich in den schützenden Kreis zurückziehen können, wo er vor den Angriffen des Dämons sicher war. Absichtlich entfernte er sich von dem Zirkel, damit er der Konfrontation nicht mehr ausweichen konnte. Er würde entweder in dieser Nacht sterben oder sich selbst beweisen, dass er ein Recht auf Freiheit hatte.
Einarm beobachtete, wie er die Nähe des schützenden Kreises verließ. Ein tiefes Grollen löste sich aus seiner Kehle. Der Schwanz peitschte hektischer, und Arlen wusste, dass der Angriff kurz bevorstand.
Brüllend stürmte der Dämon vor und fuhr mit seinen gespreizten Krallen durch die Luft. Arlen rannte der Bestie entgegen, wich dem Hieb aus und begab sich in Reichweite des Horclings. Ohne einen Moment zu zögern, huschte er zwischen den mächtigen Beinen hindurch, rammte den Speer in den nervös hin und her pendelnden Schwanz, warf sich zu Boden und rollte sich seitwärts ab. Der Speerstich löste einen magischen Blitz aus, und der Dämon heulte, als die Waffe den Panzer durchdrang und ins Fleisch schnitt.
Arlen hatte damit gerechnet, dass der Dornenschwanz zurückschnellen würde, doch der Schlag kam dann doch plötzlicher als erwartet. Er duckte sich, als er vorbeifegte, und die Dornen verfehlten nur um wenige Zoll seinen Kopf. Sofort war er wieder auf den Beinen, doch Einarm drehte sich bereits um, den Schwung des Schwanzes ausnutzend, um seine Bewegung zu beschleunigen. Trotz seiner Größe war dieser Horcling wendig und schnell.
Einarm schlug wieder zu, und dieses Mal fehlte Arlen die Zeit, um auszuweichen. Mit dem Speerschaft parierte er den
Hieb, aber er wusste, dass der Dämon viel zu stark war, um sich davon beeindrucken zu lassen. Jetzt bereute er, dass er den Kampf aufgenommen hatte, seine Gefühle hatten über seine Vernunft gesiegt. Er verwünschte sich für seine Torheit.
Doch als die Krallen des Horclings auf das Metall trafen, flammten die in den Schaft eingeätzten Zeichen auf. Arlen fühlte den Aufprall kaum, doch Einarm wurde zurückgeschleudert, als sei er gegen die Barriere eines Bannzirkels gerannt. Aber der Horcling war nicht verletzt worden und hatte sich im Nu wieder erholt.
Einen Augenblick lang war Arlen wie gelähmt vor Schreck. Er zwang sich dazu, die Starre abzuschütteln und sich in Bewegung zu setzen. Er hatte seinen Vorteil erkannt und war bereit, das Beste daraus zu machen. Wütend griff Einarm ihn an, entschlossen, dieses neue Hindernis zu überwinden.
Sofort hetzte Arlen los, sprang über die am Boden liegenden Überreste einer dicken Steinsäule, suchte dahinter Schutz und rüstete sich, nach rechts oder links auszuweichen, je nachdem, aus welcher Richtung sich der Horcling näherte.
Einarm hieb so heftig auf die fast vier Fuß dicke Säule ein, dass sie in zwei Teile zerbarst; eines davon schleuderte er mit einer mühelos wirkenden Geste seines muskulösen Arms beiseite. Die Zurschaustellung von so viel brutaler Kraft war erschreckend, und Arlen rannte zu seinem Zirkel, da er eine Weile brauchte, um sich zu erholen.
Doch der Dämon hatte seine Reaktion vorhergesehen und setzte zum Sprung an. Er landete zwischen Arlen und seiner Zufluchtsstätte.
Abrupt blieb Arlen stehen, und abermals brach Einarm in ein Triumphgeheul aus. Er hatte Arlen auf die Probe gestellt und gemerkt, dass der ihm nicht gewachsen war. Er hatte Respekt vor dem Speer, doch in den Augen des Horclings lag keine
Furcht, als er auf Arlen zustapfte. Langsam und vorsichtig wich Arlen zurück, denn er wollte die Kreatur nicht durch eine jähe Bewegung provozieren. Er näherte sich so weit wie möglich dem äußeren Kranz aus Siegelsteinen, ohne indes die Grenze zu überschreiten, denn dahinter hatten sich die Sanddämonen zusammengerottet, um den Kampf zu beobachten.
Einarm erkannte sein Dilemma und ließ ein mörderisches Gebrüll los, das Arlen einen kalten Schauer über den Rücken jagte. Doch er stellte sich breitbeinig, mit leicht eingeknickten Knien hin und verschaffte seinen Füßen im Sand einen sicheren Halt. Aber anstatt den Speer mit beiden Händen hochzurecken, um den erwarteten Schlag abzuwehren, bereitete er sich darauf vor, mit der Spitze zuzustechen.
Ein Hieb des Felsendämons hätte genügt, um einem Löwen den Schädel zu
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