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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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gesehen, die ihre Speere mit Zeichen bemalten und dennoch ein bitteres Ende fanden.«
    »Ich habe diesen Speer nicht angefertigt«, berichtigte Arlen. »Ich fand ihn in den Ruinen von Anochs Sonne.«
    »Dem Geburtsort des Erlösers?« Jardir lachte schallend. »Der Speer von Kaji ist ein Mythos, Par’chin , und die verlorene Stadt ist im Sand versunken.«
    Arlen schüttelte den Kopf. »Ich war da«, behauptete er. »Und ich kann dich dorthin führen.«
    »Ich bin der Sharum Ka des Wüstenspeers, Par’chin «, gab Jardir zu bedenken. »Ich kann nicht mal eben ein Kamel beladen und in die Wüste reiten, um dort nach einer Stadt zu suchen, die nur in alten Schriften existiert.«
    »Ich denke, ich werde dich überzeugen, sobald es Nacht wird«, versicherte Arlen.
    Jardir lächelte nachsichtig. »Versprich mir, dass du keine Dummheiten machst. Egal, ob der Speer mit Zeichen bedeckt
ist oder nicht, du bist nicht der Erlöser. Es wäre schade, wenn wir dich begraben müssten.«
    »Du hast mein Wort«, entgegnete Arlen.
    »Gut!« Jardir schlug ihm auf die Schulter. »Komm, mein Freund, es wird langsam spät. Heute Nacht wirst du in meinem Palast speisen, ehe wir im Sharik Hora antreten!«

    Sie aßen gewürztes Fleisch, pürierte Erbsen und das papierdünne Brot, das die Krasianischen Frauen buken, indem sie feuchtes Mehl auf heiße, polierte Steine strichen. Arlen saß auf dem Ehrenplatz direkt neben Jardir, war umgeben von kai’Sharum und wurde von Jardirs Gemahlinnen bedient. Arlen verstand nicht, warum Jardir ihm so viel Ehre zuteil werden ließ, doch nach der abweisenden Behandlung vor dem Palast des Andrah waren ihm diese Aufmerksamkeiten hoch willkommen.
    Die Männer baten ihn, Geschichten zu erzählen. Er sollte ihnen schildern, wie er Einarm verstümmelt hatte, obwohl sie diese Episode schon viele Male gehört hatten. Sie konnten gar nicht genug kriegen von Einarm, oder Alagai Ka , wie sie ihn nannten. Felsendämonen kamen in Krasia nur sehr selten vor, und als Arlen mit seiner Erzählung begann, lauschten seine Zuhörer wie gebannt.
    »Nach deinem letzten Besuch haben wir einen neuen Skorpion gebaut, Par’chin «, verriet ihm einer der kai’Sharum , als sie nach der Mahlzeit an ihren Getränken nippten. »Er kann einen Speer durch eine Sandsteinwand schleudern. Wir finden noch eine Methode, um Alagai Kas Panzer zu durchdringen.«
    Arlen gluckste in sich hinein und schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, Einarm wirst du heute Nacht nirgends entdecken - du
wirst ihn überhaupt nicht mehr zu Gesicht bekommen. Er hat die Sonne gesehen.«
    Den kai’Sharum traten vor Staunen die Augen aus dem Kopf. » Alagai Ka ist tot?«, fragte jemand. »Wie hast du das geschafft?«
    Arlen schmunzelte. »Das erzähle ich euch, nachdem wir heute Nacht gesiegt haben«, versprach er. Dabei streichelte er versonnen seinen neuen Speer, der neben ihm lag. Dem Ersten Krieger entging diese Geste nicht.

20
    Alagai’sharak
    328 NR
     
     
     
    Großer Kaji, Speer des Everam, mache heute Nacht die Arme unserer Krieger stark und pflanze Mut in ihre Herzen, wenn sie ausziehen, um dein heiliges Werk zu vollbringen.«
    Arlen trat nervös von einem Fuß auf den anderen, während der Damaji den Segen Kajis, des Ersten Erlösers, über die versammelten dal’Sharum sprach. Wenn man im Norden äußerte, der Erlöser sei auch nichts weiter als ein ganz normaler Sterblicher gewesen, konnte es passieren, dass man Prügel bezog, aber es war kein Verbrechen. In Krasia wurde solche Ketzerei mit dem Tod bestraft. Kaji war Everams Bote, der gekommen war, um die gesamte Menschheit gegen die alagai zu vereinen. Man nannte ihn Shar’Dama Ka , den Ersten Krieger-Priester, und glaubte, er würde eines Tages zurückkehren, um die Menschen wieder zu einen, wenn sie sich als würdig genug erwiesen, im Sharak Ka zu kämpfen, dem Ersten Krieg. Jeder, der etwas anderes behauptete, fand ein schnelles und brutales Ende.
    Arlen war nicht so töricht, seine eigenen Zweifel an Kajis Göttlichkeit kundzutun, trotzdem waren ihm die Heiligen Männer nicht geheuer. Ständig schienen sie nach Vorwänden zu suchen,
um ihm, dem Außenseiter, einen Verstoß gegen irgendwelche Bräuche und Gesetze nachzuweisen; und wer in Krasia Gesetze übertrat, büßte für dieses Vergehen meistens mit seinem Leben.
    Doch auch wenn er sich in Gegenwart der Damaji unsicher fühlte, war er jedes Mal aufs Neue beeindruckt von Sharik Hora , dem gewaltigen Tempel mit Kuppeldach zu Ehren des Everam.

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