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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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hing, und zog den Stöpsel heraus. »Hilf ihr, sie ein bisschen aufzurichten«, bat Leesha, und Darsy hob Vika an, damit Leesha ihr den Heiltrunk einflößen konnte. Vika hustete und spuckte einen Teil der Flüssigkeit wieder aus, aber Darsy massierte ihren Hals, um ihr das Schlucken zu erleichtern, bis Leesha mit dem Ergebnis zufrieden war.
    Leesha stand wieder auf und ließ den Blick über die große Anzahl von Kranken wandern, die schlaff auf ihren Strohsäcken lagen. Ehe sie zu Brunas Hütte geeilt war, hatte sie die schlimmsten Verletzungen behandelt, aber es gab immer noch schrecklich viel zu tun. Gebrochene Knochen mussten gerichtet und Wunden genäht werden, ganz zu schweigen von den Versuchen, Dutzenden von bewusstlosen Menschen ihren Heiltrunk einzutrichtern.
    Sie war zuversichtlich, dass es ihr nach einer gewissen Zeit gelingen würde, den Schleimfluss zu besiegen. Einige der Erkrankten waren vielleicht so stark angegriffen, dass sie nie wieder vollständig gesunden oder gar sterben würden, doch für die meisten Kinder standen die Chancen auf eine Genesung gut.
    Wenn sie diese Nacht überlebten.
    Sie rief die freiwilligen Helfer zusammen und verteilte Heilmittel. Dann erklärte sie ihnen, was sie zu erwarten hätten und
was sie tun mussten, wenn die ersten Verwundeten von draußen eintrafen.

    Rojer sah zu, wie Leesha und die anderen arbeiteten, und während er seine Fiedel stimmte, kam er sich vor wie ein Feigling. Im Grunde seines Herzens wusste er, dass der Tätowierte Mann Recht hatte; er sollte sich auf seine Talente besinnen, wie Arrick immer gesagt hatte, und das tun, was er am besten konnte. Trotzdem fühlte er sich durch diese Einsicht nicht tapferer, wenn sie ihn dazu verdammte, sich hinter Steinmauern zu verschanzen, während andere draußen kämpften.
    Vor gar nicht langer Zeit hatte der bloße Gedanke, seine Fiedel gegen ein wie auch immer geartetes Werkzeug einzutauschen, ihm einen kalten Schauer über den Rücken gejagt; aber mittlerweile war er es leid, sich zu verstecken und zuzulassen, dass andere für ihn starben.
    Falls er überlebte, würde die Geschichte der Schlacht im Tal der Holzfäller zu einem Klassiker werden, den noch seine Kindeskinder erzählen würden. Aber welche Rolle würde er darin einnehmen? In einem Versteck zu sitzen und die Fiedel zu spielen, war eine Tat, die es nicht wert war, in einer einzigen Zeile erwähnt zu werden, geschweige denn in einem ganzen Vers.

31
    Die Schlacht im Tal der Holzfäller
    332 NR
     
     
     
    An vorderster Front auf dem Dorfplatz standen die Holzfäller. Durch das Abholzen von Bäumen und das Wuchten der schweren Stämme waren die meisten von ihnen breitschultrig und mit mächtigen Muskeln bepackt, doch einige, wie Yon Grey, waren längst über die Blüte ihrer Jahre hinaus, während andere, Rons Sohn Linder zum Beispiel, noch gar nicht ihre volle Kraft erreicht hatten. Dicht gedrängt standen sie in einem der Zirkel, in den Fäusten die regennassen Äxte, und warfen bange Blicke auf den sich verfinsternden Himmel.
    Hinter den Holzfällern hatte man mitten auf dem Platz die drei fettesten Kühe angepflockt, die im Dorf zu finden waren. Nachdem sie zusammen mit ihrem Futter Leeshas Betäubungsmittel gefressen hatten, schliefen sie im Stehen.
    Hinter den Kühen war der größte Zirkel ausgelegt. Die Menschen, die sich darin versammelt hatten, konnten es bezüglich roher Muskelkraft nicht mit den Holzfällern aufnehmen, doch sie befanden sich in der Mehrzahl. Fast die Hälfte waren Frauen, manche nicht älter als fünfzehn. In grimmiger Entschlossenheit standen sie neben ihren Ehemännern, Vätern,
Brüdern und Söhnen. Merrem, die stämmige Frau des Metzgers Dug, hielt einen Knochenspalter mit eingeritzten Siegeln in der Hand und sah aus, als wäre sie bereit, ihn auch zu benutzen.
    Hinter diesen Leuten lag die mit einer Plane zugedeckte Grube, und dahinter der dritte Zirkel, direkt vor dem großen Portal des Heiligen Hauses. Dort hielten Stefny und weitere Dörfler, die zu alt oder zu gebrechlich waren, um über den schlammigen Platz zu laufen, mit langen Speeren die Stellung.
    Jeder trug eine Waffe mit Siegeln. Wer eine Waffe mit kurzer Reichweite führte, war zusätzlich mit einem runden Schild ausgerüstet, der aus einem Fassdeckel mit aufgemalten Abwehrsymbolen bestand. Der Tätowierte Mann brauchte nur ein einziges Symbol zu zeichnen, das dann haargenau kopiert wurde.
    Gleich neben der Umzäunung des Tagespferchs, hinter

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