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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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verstärkt. Ein paar Tiere umkreisten nervös die Männer, die dabei waren, inmitten
des Pferchs einen behelfsmäßigen Schutzraum zu errichten.
    An der gegenüberliegenden Seite hatte man hastig Gräben ausgehoben, die sich rasch mit schlammigem Regenwasser füllten; Sinn und Zweck dieser Maßnahme war, die Flammendämonen zu einem Umweg zu zwingen. Das Öl, das Leesha gestiftet hatte, bildete auf der Oberfläche des Wassers eine dicke, schleimige Schicht.
    Die Dörfler hatten sich angestrengt, um Kajis dritte Regel zu erfüllen, was hieß, sie hatten sich bestens vorbereitet. Der Dauerregen hatte den Dorfplatz glitschig gemacht, denn über dem harten Untergrund bildete sich ein Belag aus Matsch. Die Kurierzirkel des Tätowierten Mannes wurden nach seinen Instruktionen auf dem Schlachtfeld verteilt und dienten dazu, dass sich die Kämpfenden zurückziehen oder dort einen Hinterhalt anlegen konnten; außerdem hatte man eine tiefe Grube ausgehoben und mit einer schlammigen Plane bedeckt. Auf dem Kopfsteinpflaster vor dem Portal des Heiligen Hauses verteilte man mit Besen eine zähflüssige Schmiere.
    Das vierte Gesetz, das vorsah, in einer Weise anzugreifen, mit der der Feind nicht rechnete, war am einfachsten zu befolgen.
    Die Horclinge erwarteten nicht, überhaupt angegriffen zu werden.
    »Ich habe alles genauso gemacht, wie du es mir gesagt hast«, erklärte jemand und näherte sich dem Tätowierten Mann, der gerade das Terrain inspizierte.
    »Hä?«, fragte er.
    »Ich bin Benn, Mairys Ehemann«, erklärte der Dörfler. Der Tätowierte Mann verstand immer noch nicht. »Der Glasbläser«, ergänzte Benn, und endlich ging ihm ein Licht auf.
    »Lass mich mal sehen«, bat er.

    Benn zeigte ihm eine kleine Flasche. »Das Glas ist sehr dünn, wie du es verlangt hast. Es zerbricht leicht.«
    Der Tätowierte Mann nickte. »Wie viele davon kannst du mithilfe deiner Lehrlinge herstellen, bis es so weit ist?«
    »Drei Dutzend«, antwortete Benn. »Darf ich fragen, wozu du sie brauchst?«
    Der Tätowierte Mann schüttelte den Kopf. »Das wirst du noch früh genug sehen. Bring sie mir, und bring auch gleich ein paar Lappen mit.«
    Danach kam Rojer zu ihm. »Ich habe Leeshas Speer gesehen«, bemerkte er. »Jetzt will ich mir meinen abholen.«
    Der Tätowierte Mann runzelte die Stirn. »Du wirst nicht kämpfen«, beschied er dem Jongleur. »Du bleibst im Haus bei den Kranken.«
    Rojer starrte ihn an. »Aber du hast Leesha gesagt …«
    »Wenn ich dir einen Speer gäbe, wäre dein Talent vergeudet«, fiel der Mann ihm ins Wort. »Deine wahre Stärke ist die Musik. Draußen kannst du nicht spielen, die Töne würden im Lärm untergehen, aber drinnen wirst du mit deiner Fiedel mehr bezwecken als mit einem Dutzend Speeren. Sollten die Horclinge es schaffen, in das Haus einzudringen, verlasse ich mich darauf, dass du sie so lange in Schach hältst, bis ich da bin.«
    Rojer zog die Stirn kraus, aber er nickte und ging ins Heilige Haus zurück.
    Noch mehr Leute wandten sich an den Tätowierten Mann und forderten seine Aufmerksamkeit. Er hörte sich an, welche Fortschritte man erzielte, und verteilte neue Aufgaben, die prompt in Angriff genommen wurden. Die Dörfler handelten schnell, aber voller Anspannung, wie Hasen, die ständig zur Flucht bereit sind.
    Kaum hatte er die Leute weggeschickt, da stürmte Stefny auf ihn zu, eine Gruppe zorniger Frauen im Gefolge. »Was soll
das heißen, dass du uns zu Brunas Hütte schickst?«, herrschte Stefny ihn an.
    »Die Siegel dort sind intakt. Im Heiligen Haus oder bei Leeshas Eltern ist für euch kein Platz mehr.«
    »Wir wollen uns aber nicht verstecken«, entgegnete Stefny energisch. »Wir werden kämpfen!«
    Der Tätowierte Mann musterte sie prüfend. Stefny war zierlich, kaum fünf Fuß groß und dünn wie eine Weidengerte. Sie musste weit über fünfzig sein, und über ihren Wangen spannte sich die grobe Haut wie abgewetztes Leder. Selbst der kleinste Baumdämon würde sie überragen.
    Doch der Blick in ihren Augen verriet ihm, dass ihre winzige Statur und ihr Alter keine Rolle spielten. Sie würde kämpfen, ob es ihm nun passte oder nicht. Die Krasianer erlaubten ihren Frauen nicht, eine Waffe in die Hand zu nehmen, doch das hielt er für eine Torheit. Er dachte nicht daran, jemanden am Kampf zu hindern, der bereit war, in dieser Nacht den Dämonen die Stirn zu bieten. Von seinem Karren nahm er einen Speer und reichte ihn Stefny. »Wir finden einen Platz für dich«, versprach er.
    Stefny,

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