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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Körperteil, drehte sich um und sah den brüllenden und um sich schlagenden Horcling; wie in einem Tobsuchtsanfall zerschmetterte er
jeden anderen Dämon, der so töricht war, in seine Reichweite zu gelangen; und er benutzte nur einen Arm.
    Er betrachtete den innerhalb des Bannkreises liegenden Arm, der sauber abgetrennt und an der Schnittstelle verschmort war; ein übel riechender Qualm ging von der Verbrennung aus. Sich tapferer gebärdend, als er in Wirklichkeit war, hob Arlen das mächtige Ding auf und wollte es aus dem Kreis werfen. Doch die Schutzzeichen bildeten auch von innen eine Barriere, und alles, was zu einem Horcling gehörte, prallte unweigerlich ab. Nichts Dämonisches gelangte hinein, aber man konnte auch nichts hinausbefördern. Erschrocken zuckte Arlen zurück, als der Arm wieder vor seinen Füßen landete.
    Dann setzten die Schmerzen ein. Vorsichtig betastete er die Verletzungen an seinem Rücken, und als er seine Hände zurückzog, waren sie voller Blut. Ihm wurde schlecht, und er spürte, wie ihn die Kräfte verließen. Seelisch und körperlich am Ende, fiel er auf die Knie und fing an zu weinen. Er weinte vor Schmerzen; er weinte, weil er sich nicht traute, sich vom Fleck zu rühren, aus Angst, er könnte abermals ein Amulett beschädigen; und in erster Linie weinte er um seine tote Mam. Jetzt konnte er nachempfinden, welche Qualen sie in jener Nacht durchlitten hatte.
    Den Rest der Nacht verbrachte Arlen zusammengekrümmt auf dem Boden und zitterte vor Angst. Er hörte, wie die Dämonen den Zirkel umkreisten und nur darauf lauerten, dass er irgendeinen Fehler beging, der ihnen einen Vorteil verschaffte. Selbst wenn es ihm möglich gewesen wäre, ein bisschen zu ruhen, hätte er es nicht gewagt einzuschlafen, weil er befürchten musste, er könnte durch eine unbewusste Bewegung ein Schutzzeichen ruinieren und den Horclingen ihren Wunsch erfüllen.
    Bis zur Morgendämmerung schien eine Ewigkeit zu vergehen. In jener Nacht spähte Arlen häufig zum Himmel hinauf,
doch jedes Mal sah er nur den riesenhaften, verkrüppelten Felsendämon, der mit einer Pranke seine verkrustete und eiternde Wunde bedeckte, während er um den Kreis herumpirschte und seinen Peiniger mit hasserfüllten Blicken betrachtete.
    Endlich überzog ein Hauch von Röte den Horizont, gefolgt von Orange, Gelb und dann einem herrlichen Weiß. Die anderen Dämonen zogen sich in den Horc zurück, ehe der Himmel sich gelb färbte, nur der Koloss harrte bis zum Schluss aus, böse zischend und seine dolchspitzen Zähne fletschend.
    Doch selbst der unbändige Hass des einarmigen Felsendämons wurde von seiner Angst vor der Sonne besiegt. Als sich die letzten Schatten verflüchtigten, versank sein wuchtiger Kopf mit den gefährlichen Hörnern im Erdboden. Arlen richtete sich auf und verließ den Kreis. Sein Rücken brannte, als würde ihm dort die Haut durch glühende Kohlen versengt. Im Laufe der Nacht hatten die Wunden aufgehört zu bluten, aber als er seine steifen Gliedmaßen streckte, rissen die Krusten wieder auf.
    Das veranlasste ihn, den abgetrennten Unterarm mit den scharfen Krallen, der ganz in seiner Nähe auf dem Boden lag, noch einmal in Augenschein zu nehmen. Die harten, kalten Platten, mit denen er dicht an dicht überzogen war, gaben ihm das Aussehen eines Baumstamms. Arlen hob den massigen Körperteil auf und hielt ihn in die Höhe.
    Endlich habe ich eine Trophäe, dachte er und bemühte sich, tapfer zu sein, obwohl ihm beim Anblick seines eigenen Blutes auf den schwarzen Krallen beinahe schlecht wurde.
    In diesem Moment fiel ein Lichtstrahl auf ihn, da die Sonne bereits halb über dem Horizont stand. Der Arm des Dämons begann zu zischen und zu qualmen, und die schuppige Haut platzte mit knallenden Geräuschen auf wie ein feuchtes Holzscheit, das man in ein Feuer wirft. Flammen schossen daraus
hervor, und entsetzt ließ Arlen den Arm fallen. Fasziniert beobachtete er, wie er lichterloh im Sonnenschein brannte, bis nur noch ein dünner, verkohlter Rest übrig blieb. Er trat näher, stieß vorsichtig mit dem Zeh daran und sah zu seiner Befriedigung, wie das schwarze Ding zu Staub zerfiel.

    Mit einem dicken Ast, der ihm als Wanderstock diente, setzte Arlen seinen Marsch fort. Er wusste, dass er großes Glück gehabt hatte. Aber er wusste auch, wie töricht er gewesen war. In den Erdboden geritzte Siegel waren nicht zuverlässig. Sogar Ragen teilte diese Meinung. Die Warnung seines Vaters fiel ihm ein. Was wäre aus ihm

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