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Das Lied der Dunkelheit

Das Lied der Dunkelheit

Titel: Das Lied der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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Trüppchen anschließen wollte. »Komm hierher!« Arlen riss sich vom Anblick des Jongleurs los und trabte zur Dorfsprecherin, vor der der Kurier gerade sein Pferd zügelte.

    »Bist du Selia die Unfruchtbare?«, fragte der Kurier.
    »Nenn mich einfach Selia. Das genügt«, erwiderte sie gereizt. Die Augen des Kuriers weiteten sich, und er wurde rot. Arlen konnte zusehen, wie ihm das Blut in die blassen Wangen schoss. Er schwang sich aus dem Sattel und verbeugte sich tief vor der Frau.
    »Ich bitte vielmals um Vergebung«, entschuldigte er sich. »Es war gedankenlos von mir. Aber Graig, der Kurier, der euch früher aufsuchte, sagte mir, so würdest du genannt.«
    »Es freut mich zu erfahren, wie Graig nach so vielen Jahren unserer Bekanntschaft über mich denkt«, entgegnete Selia, die alles andere als erfreut klang.
    »Gedacht hat «, berichtigte der Kurier. »Graig ist tot, werte Dame.«
    »Tot?«, wiederholte Selia und blickte betroffen drein. »Was ist …?«
    Der Kurier schüttelte den Kopf. »Eine Erkältung raffte ihn dahin, nicht die Horclinge. Ich bin Ragen, euer Kurier für dieses Jahr, aus Gefälligkeit seiner Witwe gegenüber. Die Gilde wird für euch einen neuen Kurier aussuchen, der dann im nächsten Herbst hier eintrifft.«
    »Was, wir sollen anderthalb Jahre warten, bis der nächste Kurier kommt?«, fragte Selia in einem Tonfall, als hielte sie dem Mann eine Strafpredigt. »Wir haben es ohne das Herbstsalz fast nicht über den vergangenen Winter geschafft«, legte sie nach. »Ich weiß, dass bei euch in Miln Salz eine Selbstverständlichkeit ist, aber die Hälfte unserer Fleisch- und Fischvorräte ist verdorben, weil wir sie nicht richtig pökeln konnten. Und was ist mit unseren Briefen?«
    »Es tut mir leid, Gnädigste«, erwiderte Ragen. »Aber eure Siedlungen liegen weitab der üblichen Straßen, und einen Kurier dafür zu bezahlen, dass er alljährlich einen Monat lang oder gar noch länger zu euch unterwegs ist, kommt teuer. Der
Gilde der Kuriere fehlt es ohnehin an Leuten, und jetzt hat Graig uns auch noch im Stich gelassen.« Er gluckste in sich hinein und schüttelte den Kopf, doch ihm entging nicht, dass Selias Miene sich verfinsterte.
    »Nichts für ungut, verehrte Frau«, wiegelte Ragen ab. »Graig war auch mein Freund. Es ist nur so … wie soll ich mich ausdrücken? Nun ja, nicht vielen von uns Kurieren ist es vergönnt, irgendwann einmal ein sicheres Dach über dem Kopf, ein weiches Bett unter dem Rücken und ein junges Weib an unserer Seite zu haben. Meistens holt uns die Nacht, ehe wir uns zur Ruhe setzen können, verstehst du?«
    »Ja, ich verstehe«, antwortete Selia. »Hast du daheim ein Weib, Ragen?«
    »Ay«, erklärte der Kurier, »doch sehr zu ihrem Vergnügen und meinem Verdruss sehe ich meine Stute öfter als meine Gemahlin.« Er lachte und stürzte Arlen dadurch in große Verwirrung; der Junge wusste nicht, was daran so komisch sein sollte, wenn die eigene Frau einen nicht vermisste.
    Selia ging nicht auf Ragens Bemerkung ein. »Stell dir vor, du könntest dein Weib überhaupt nicht sehen«, legte sie los. »Stell dir vor, die einzige Verbindung zu ihr wären Briefe, die einmal im Jahr eintrudeln? Wie würdest du es finden, wenn man dir sagte, diese Briefe kämen erst mit einem halben Jahr Verzögerung? In dieser Gemeinde wohnen Menschen, deren Verwandte in den Freien Städten leben. Sie kamen mit irgendeinem Kurier hierher, und in manchen Fällen sind seitdem schon zwei Generationen vergangen. Diese Leute werden nie mehr in ihr altes Zuhause oder in die Heimat ihrer Vorfahren zurückkehren. Die einzige Verbindung zu ihren Familien stellen die Briefe dar. Nur so erfahren die Daheimgebliebenen, wie es den Auswanderern ergangen ist, und die Hiesigen erhalten Kenntnis davon, wie es dem Rest der Familie geht.«

    »Ich stimme dir aus vollem Herzen zu, gute Frau«, pflichtete Ragen ihr bei, »aber die Entscheidung über die Entsendung von Kurieren liegt nicht bei mir. Der Herzog …«
    »Aber nach deiner Rückkehr wirst du doch mit dem Herzog sprechen, oder?«, schnitt Selia ihm das Wort ab.
    »Ja, das werde ich«, bekräftigte er.
    »Soll ich dir eine schriftliche Botschaft mitgeben?«, wollte Selia wissen.
    Ragen lächelte. »Ich denke, ich kann auch so behalten, was du mir gerade gesagt hast.« »Das möchte ich dir auch geraten haben.«
    Ragen verbeugte sich abermals, dieses Mal noch tiefer. »Ich bitte um Vergebung, weil ich an einem so düsteren Tag gekommen bin«, wechselte

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