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Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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zu sich hochhob, wie selbstsicher er sie beim Liebesspiel führte, um es mit der gleichen Selbstverständlichkeit zuzulassen, dass sie die Führung übernahm.
    Grischa. Wenn er nicht wäre, empfände sie jetzt nicht dieses unerwartete und verstörende Verlangen, Haut auf Haut zu spüren, dieses ungemein sinnliche Gefühl des Gewichts eines Mannes auf ihrem Körper erneut zu erleben, diese plötzliche drängende Begierde.
    Sie sinkt auf die Knie und betet, um die ungebetenen Bilder aus ihrem Bewusstsein zu verbannen.
    Am Ende seines zweiten Besuchs fragte Walentin, ob er sie regelmäßig besuchen könne. » Dieses Hin und Her von Besuchskarten zwischen den beiden Gütern ist so müßig, finden Sie nicht auch? « , fragte er. » Ich unterrichte nur morgens « , fuhr er fort. » Am Nachmittag kann ich tun und lassen, was mir beliebt. Und Sie, Gräfin, haben Sie ebenfalls Stunden, die ganz Ihnen gehören? Ich kann mir vorstellen, wie viel Energie es kostet, ein Gut von der Größe Angelkows zu führen. «
    Sie nickte unsicher. Sie weiß nicht, ob sie das wirklich will, andererseits brächte sie es nicht über sich, Walentin eine Absage zu erteilen. Er ist so lebendig, und schon nach zwei Besuchen ist ihr bewusst geworden, dass er Farbe und Musik in ihren grauen Alltag bringt. Sie staunt darüber, wie es ihm gelingt, sie flüchtig den Gedanken zu entreißen, die sie martern: den Selbstvorwürfen über das, was mit Grischa vorgefallen ist, während ihr Sohn fern seines Zuhauses leiden muss, und den Sorgen, ob sie das Gut halten kann.
    Schließlich lässt Antonina aus Pskow einen Klavierstimmer kommen, dem sie als Lohn eine schwere silberne Schnupftabakdose von Konstantin anbietet. Das Silber ist angelaufen; es ist schon eine Weile her, dass das Silber auf Angelkow glänzte. Der Mann dreht und wendet das Stück in den Händen, und Antonina weiß, dass er es putzen und dann für einen viel höheren Preis verkaufen wird, als er für seine Dienste hätte verlangen können.
    Wenn Walentin sie besucht, versäumt er es nie, seine Violine mitzubringen. Um sie während des Ritts vom Gut der Bakanews nach Angelkow vor Beschädigung zu schützen, schlägt er sie in Wollstoff und ein Schaffell ein. Wenn er ankommt, bringt Pawel ihn, ohne ihn zuvor anzumelden, in den Musiksalon, wo Walentin die Violine auswickelt und aus dem Geigenkasten nimmt. Er legt sie auf die Ottomane in der Nähe eines der Öfen, die in jeder Ecke stehen, ehe er sie stimmt und den Bogen mit Kolophonium, einem speziellen Harz, behandelt.
    Während er darauf wartet, dass das Instrument Zimmertemperatur annimmt, unterhalten sie sich. Ihre Gespräche sind jetzt viel angeregter, mit jedem seiner Besuche öffnet sie sich ihm etwas mehr.
    Antonina tut es gut, wieder im Musiksalon zu sein. Wenn Walentin seinen Bogen über die Saiten streicht und ihnen Töne entlockt, denen er eine ganz eigene Form und Farbe verleiht, geht ihr das Herz auf und füllt sich ihre Brust mit einem tiefen Gefühl der Dankbarkeit für das Glück, das sie einst mit ihrem Sohn in diesem Raum erleben durfte. Die Erinnerung an so viele wunderbare Stunden während dieser vergangenen Jahre kommt zurück, in denen Michail am Klavier saß und mit so viel Hingabe und Ausdruck spielte. Wie er sich auf der gepolsterten Bank zu ihr umdrehte, sie mit strahlenden Augen ansah und fragte: » Wie habe ich diesen letzten Satz gespielt, Mama? Findest du, dass die Triller ein bisschen zu lang waren? Was soll ich jetzt spielen? «
    Mischa. Sie blickt zu den regennassen Fenstern. Das Wetter ändert sich endgültig, der Winter steht vor der Tür. Ob er es warm hat?
    Lange bevor es dämmert, kommt Lilja herein und entzündet die Kerzen und Lampen, eine unterschwellige Aufforderung an Kropotkin, allmählich aufzubrechen, wenn er nicht im Dunkeln zurückreiten möchte. Sie lässt sich viel Zeit bei diesen einfachen Verrichtungen, hält sich lange mit jeder Kerze und jeder Lampe auf, während sie dem Geiger unverhohlen verdrießliche Blicke zuwirft.
    Antonina fragt sich, was in die Frau gefahren ist. Woher rühren ihre Launen? Ganz offensichtlich mag Lilja nicht, dass Walentin nach Angelkow kommt, aber bestimmt liegt es nicht an der zusätzlichen Aufgabe, ihnen den Tee zu servieren.
    Erst beim dritten oder vierten Mal, als Lilja überhaupt nicht mit dem Anzünden der Lampen und Kerzen fertig wird, beschleicht Antonina eine Vermutung: Könnte es sein, dass Lilja eifersüchtig ist?
    Aber sogleich verwirft sie diesen

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