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Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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nicht. Das Einzige, was zählt, ist, dass Antonina ihren Sohn zurückbekommt. Nie wieder will er so an sie denken müssen, in dem Zustand, in dem sie jetzt ist. Er will sie lachend, zusammen mit ihrem Sohn am Klavier sitzend in Erinnerung behalten.
    » Antonina, bitte, hör mir zu. Als Michail entführt wurde, war ich … «
    Sie legt ihm beide Hände auf den Arm und sieht ihn an. » Bitte, Grischa. Verdirb diesen Augenblick nicht. Sprich jetzt nicht von diesem schrecklichen Tag. Ich habe ein so wunderbares Gefühl in diesem Moment. Verdirb es bitte nicht « , sagt sie abermals. » Bitte, Grischa. «
    » Aber ich muss dir sagen, dass ich … «
    » Du kannst es mir ein anderes Mal, irgendwann später sagen, wenn ich meinen Sohn zurückhabe. Dann kannst du mir sagen, was du mir sagen musst. Verstehst du? «
    Was will sie ihm damit sagen? Ist das eine Art Bekenntnis? Will sie andeuten, dass sie ahnt oder weiß, welche Rolle er bei der Entführung spielte?
    Sie schlingt die Arme um seinen Hals. Das Laken löst sich von ihrem Körper und gleitet zu Boden. Er sieht das Pochen ihres Pulses am Hals. Sieht, wie ihre Brust sich beim Ein- und Ausatmen hebt und senkt. Er weiß, wie es ist, ihre Brustwarzen in seinem Mund zu spüren. Er weiß, wie sich ihre Haut anfühlt, kennt den Duft ihrer Haut.
    Grischa löst ihre Arme von seinem Hals und steht abrupt auf. » Fühlst du dich in der Lage, noch heute, vor Einbruch der Dunkelheit, nach Angelkow zurückzureiten? Du solltest heute Nacht in deinem eigenen Bett, in einem beheizten Zimmer schlafen. «
    Er sieht zu ihr hinab. Sie erwidert offen seinen Blick: Ihr Vertrauen in ihn scheint ungetrübt. Er wird sich erst frei fühlen, sie zu lieben und ihre Liebe zu empfangen, wenn sie die Wahrheit über ihn kennt und ihn dennoch akzeptiert.

ACHTUNDDREISSIG
    A ntonina sitzt vor Grischa auf dem Pferd, während sie langsam durch den Schnee nach Angelkow zurückreiten, der im schwindenden Tageslicht bläulich wirkt. Sie lehnt sich an ihn, genießt es, sich von seinen Armen, die die Zügel halten, umfangen und trösten zu lassen. Die Luft ist klar und frisch; mit jedem weiteren tiefen Atemzug lässt der Schmerz in ihrem Kopf ein wenig nach.
    Als schließlich am Ende der langen Auffahrt das Gutshaus in Sicht kommt, sagt Antonina: » Ich glaube, ich sollte Lilja nicht länger in meinen Diensten behalten. Ich denke schon seit Längerem darüber nach, ob es nicht besser wäre – sowohl für sie als auch für mich –, wenn sie nicht mehr auf dem Gut wohnen würde. Sie hat sich sehr verändert, und sie … « Sie unterbricht sich. Sie hätte beinahe gesagt, sie macht mir fast Angst, aber das trifft nicht genau zu. Lilja macht ihr nicht Angst, aber sie hat etwas Anmaßendes an sich, mit dem sie sich nicht länger abfinden kann. Beinahe etwas Besitzergreifendes. » Das Leben hat sie verändert. Das Leben hat uns alle verändert « , sagt sie abschließend. » Nuscha kann ihre Stellung übernehmen, sie ist ein lernwilliges Mädchen. «
    » Ja « , sagt Grischa. » Ich glaube auch, das wäre das Beste. Lilja sollte ihr eigenes Leben beginnen, weit weg von dir. «
    » Ich würde ihr dabei helfen. « Antonina lässt den Blick über die Fenster des großen Gutshauses schweifen, in denen sich das spätnachmittägliche Licht spiegelt. » Ich besitze noch immer einige wertvolle Schmuckstücke. Sie könnte sie verkaufen und vielleicht in Pskow oder einer anderen größeren Stadt ein bescheidenes Geschäft eröffnen. Sie kann hervorragend nähen und ist äußerst geschickt in der Herstellung von Schiffchenspitze. Ich will sie nicht völlig mittellos wegschicken. Sie hat ein gutes Leben verdient. Nur eben nicht mehr in meiner Nähe. «
    » Ich stimme dir völlig zu, wie gesagt. Aber sprich noch nicht mit ihr darüber. Nicht bevor … « Er lässt den Satz unbeendet.
    » Nicht bevor was, Grischa? «
    Nicht bevor sie mich zu Soso geführt hat, denkt Grischa bei sich. Er will nicht, dass es zwischen Antonina und Lilja Unstimmigkeiten gibt, bevor sich Mischa wieder in der Obhut seiner Mutter befindet. Sobald der Junge sicher nach Angelkow zurückgekehrt ist, kann Lilja gehen. Und dann wird er Antonina alles beichten.
    » Rede bitte noch nicht mit ihr « , sagt er nur.
    Sie sieht ihn über die Schulter an. » Warum? «
    » Vertrau mir einfach, bitte. «
    Sie sieht ihn noch einen Moment forschend an. » Gut « , sagt sie dann und dreht das Gesicht wieder nach vorn. » Auf ein paar Tage hin oder her kommt es

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