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Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition)

Titel: Das Lied der Hoffnung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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tot.
    Er kam um den Schreibtisch herum und packte sie an den Oberarmen.
    » So kann es nicht weitergehen. Ich habe dir allzu viele Freiheiten erlaubt, du durftest machen, was du wolltest. Aber du bist kein Kind mehr. Als ich deine Mutter heiratete, war sie noch keine sechzehn. Aber du wirst noch ein paar Jahre brauchen, um tauglich für die Ehe zu sein, und das haben wir ihr zu verdanken. «
    » Ich will aber nicht schon in wenigen Jahren heiraten « , sagte Antonina.
    » Was du willst oder nicht willst, tut jetzt nichts zur Sache. Das Problem ist, dass du dich nicht wie eine junge Dame zu benehmen weißt. Ich will nicht, dass du dich mit einem von unseren Leibeigenen abgibst. « Er hielt noch immer ihre Oberarme umklammert.
    » Warum nicht? «
    » Warum? Weil sie im Gegensatz zu uns keinen Verstand besitzen, Antonina. Sie fühlen nicht wie wir. Sie können es einfach nicht; seit Jahrhunderten heiraten immer die gleichen Familien untereinander. Sie sind schlecht erzogen und ungebildet. Kurz und gut, sie werden mit einer geringeren Intelligenz geboren und sind nicht im gleichen Maße zu Gefühlen fähig wie unsereiner. «
    Antonina wich ein wenig zurück. Der feste Griff ihres Vaters an ihren Oberarmen schmerzte sie. » Das ist nicht wahr, Papa. Ganz und gar nicht. «
    Ihr Vater starrte sie an. » Warum? Glaubst du, Leibeigene hätten die gleichen Fähigkeiten wie wir? Die gleiche Begabung für Mathematik und Sprachen? Glaubst du, ein Leibeigener könnte ein Gut führen? Ein Land regieren? «
    » Das habe ich nicht gesagt. «
    » Aber du sagst, dass sie auf einer Ebene mit dem Adel stehen? Mit Blutsverwandten des Zaren? «
    » Ich … Ich wollte nur sagen … «
    Vom Hof draußen war das Bellen der Elsässischen Wolfshunde zu hören, dann ertönte Hufgetrappel auf dem festgestampften Schnee. Antonina sah kurz zum Fenster, hoffte, dass ihr Vater sie endlich loslassen würde, um nachzusehen, wer da angekommen war.
    Aber er beachtete die Geräusche draußen nicht, sondern schüttelte sie erneut leicht, um sie zu zwingen, ihn wieder anzusehen. » Nun? Was wolltest du sagen, Tochter? «
    Antonina dachte an Lilja, ihr kluges Gesicht, ihr unvermitteltes Lächeln. Sie rief sich ihre Worte ins Gedächtnis: die natürliche Ordnung der Dinge, wie Gott sie verfügt hat. Sie dachte an die Traurigkeit in Liljas goldbraunen Augen, als sie Abschied voneinander genommen hatten, wie sie sie mit ihren dünnen Armen an sich gedrückt hatte.
    » Du bist das Leben der Tochter eines Großadeligen gewohnt, Antonina. Du musst lernen, den gleichen Lebensstil in deinem eigenen Heim mit deinem zukünftigen Mann und deinen Kindern zu pflegen. « Der Zug um seinen Mund verhärtete sich. » Deine Pflicht wird es sein, deinen Mann zu unterstützen. Du musst lernen, mit den Dienstboten fertigzuwerden. Du kannst dich nicht mit ihnen anfreunden. Und, am allerwichtigsten, du darfst deine Gefühle nicht an einen Liebhaber aus der Unterschicht vergeuden und deinem Mann auf diese Weise Hörner aufsetzen. Wer ist es, Antonina? Wer ist dieser Mann? «
    » Ein Mann? Was meinst du damit, Papa? «
    » Halte mich nicht für dumm. « Er hatte die Stimme erhoben. » Glaubst du, ich wüsste nicht, wie Frauen sind? Sogar meine eigene Tochter? Alle Frauen sind Opfer ihrer romantischen Vorstellungen. «
    » Nein, Papa. Ich … « Die Röte war ihr ins Gesicht gestiegen. Wie konnte ihr Vater so etwas von ihr denken?
    » Schweig, Antonina Leonidowna. Schweig! « , rief er, dann ließ er unvermittelt die Hände sinken.
    Der Schmerz pochte noch immer in ihren Oberarmen; sie wusste, dass sich dort, wo seine Hände sie umklammert hatten, bald lila Blutergüsse abzeichnen würden.
    Prinz Olonow ließ sich wieder schwer auf seinen Sessel hinter dem Schreibtisch sinken. In gleichem Maße, wie Antonina auf seine Anschuldigung hin vor Verlegenheit errötet war, war er blass geworden. Er sah geflissentlich auf das Buch vor ihm und fuhr mit einem Finger über dessen Einband.
    » Ich bin nicht Mama « , sagte Antonina flüsternd.
    Der Finger ihres Vaters hielt inne.
    » Ich bin nicht wie sie, Papa « , sagte sie, etwas lauter. » Ich würde mich niemals wie sie benehmen. Niemals. «
    Prinz Olonow schloss die Augen und bedeckte sie mit der Hand. » Ich würde dir gern glauben, Antonina. Aber du hast schon zu oft gelogen und unbedacht gehandelt. Auch wenn ich gewisse Aspekte deiner Erziehung in der Vergangenheit vernachlässigt habe, so ist immer noch genug Zeit, das Versäumte

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